Ab wann gilt ein Widerruf der Dienstwagenüberlassung?

Arbeitsrecht

Die Parteien eines Arbeitsvertrags können vereinbaren, dass der Arbeitgeber zum Widerruf der (Privat-)Nutzung eines Dienstwagens berechtigt ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Grundsätze von Widerrufsvorbehalten

Nach der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte kann sich ein Arbeitgeber vorbehalten, bestimmte, dem Mitarbeiter zugesagte Leistungen für die Zukunft zu widerrufen. Ein solcher Widerrufsvorbehalt muss jedoch zum einen transparent formuliert und angemessen sein. Zum anderen muss die konkrete Ausübung des Widerrufsrechts im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen.

Sachverhalt und Hintergrund

Der klagende Mitarbeiter war seit Oktober 2022 für den Arbeitgeber tätig. Der Arbeitgeber überließ dem Mitarbeitenden einen Dienstwagen, den dieser auch zu privaten Zwecken nutzen durfte. Diese private Nutzung wurde in den Entgeltabrechnungen mit einem Prozent des Listenpreises berücksichtigt.

Im Anstellungsvertrag war vereinbart, dass der Arbeitgeber die private Nutzung des Dienstwagens widerrufen konnte, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt und der Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird. Weiter war ausdrücklich klargestellt, dass in diesem Falle auch kein Anspruch des Mitarbeitenden wegen des Entzugs der Privatnutzung bestehen sollte.

Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 8. Mai 2023 ordentlich zum 31. August 2023. Zugleich forderte sie den Mitarbeiter dazu auf, den Dienstwagen zum 24. Mai 2023 herauszugeben.

Der Mitarbeiter kam dieser Aufforderung nach. Er begehrte sodann jedoch Entschädigung für den Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens in Höhe des geldwerten Vorteils für den Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nachdem der Arbeitgeber dieser Forderung nicht nachgekommen war, erhob der Mitarbeiter entsprechende Klage.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Mit Urteil vom 12. Februar 2025 (5 AZR 171/24) gab das Bundesarbeitsgericht der Klage nur für die wenigen restlichen Tage des Mai 2023 statt. Im Übrigen wies das Bundesarbeitsgericht die Klage ab.

Zunächst bestätigte das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung, dass die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts im Arbeitsvertrag zulässig sein kann. Da es sich bei arbeitsvertraglichen Regelungen nahezu immer um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, muss ein solcher Widerrufsvorbehalt allerdings insbesondere den Anforderungen von Paragraf308 Nummer 4 BGB entsprechen.

Widerrufsvorbehalt muss transparent gefasst sein

Dies bedeutet vornehmlich, dass die Vertragsklausel transparent gefasst und klar und verständlich sein muss. Insbesondere muss in der Klausel selbst angegeben sein, aus welchen Gründen sich der Arbeitgeber einen Widerruf der Leistung vorbehält. Dabei lässt es die Rechtsprechung ausreichen, wenn nur die Richtung angegeben wird, aus der der Widerruf möglich sein soll, beispielsweise „wirtschaftliche Gründe“ oder „Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers“.

Diese Voraussetzung war im streitigen Fall gegeben. Im Arbeitsvertrag war ausdrücklich angegeben, dass sich die Arbeitgeberin einen Widerruf im Falle einer berechtigten Freistellung des Mitarbeiters vorbehielt. Für den Mitarbeiter war damit auch eindeutig erkennbar, wie sich ein solcher Widerruf auf seine Vergütung auswirken würde.


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Die tatsächlich erfolgte Freistellung des Mitarbeiters sei im konkreten Fall auch berechtigt erfolgt. Besonders geschützte Belange des Mitarbeiters an seiner Beschäftigung hätten nicht vorgelegen.

Widerrufsvorbehalt muss auch zumutbar sein

Weiter stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass die Widerrufsklausel auch materiell wirksam war. Der Widerruf sollte nicht grundlos erfolgen. Da der Mitarbeiter bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt war, entfielen auch Dienstfahrten mit dem Pkw. Daher verknüpfe die Vertragsklausel die dienstliche und private Nutzung in sachgerechter Weise.

Sie berühre das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auch nicht grundlegend zulasten des Mitarbeitenden, da der geldwerte Vorteil durch die Überlassung des Pkw weniger als 25 Prozent des regelmäßigen Verdienstes des Mitarbeiters ausmachte.

Die Ausübung des Widerrufs im konkreten Fall

Zuletzt prüfte das Bundesarbeitsgericht die Frage, ob der Arbeitgeber bei der Ausübung des Widerrufsrechts im konkreten Fall nach billigem Ermessen im Sinne des Paragraf 315 Absatz 1 BGB gehandelt habe. Bei diesem Prüfungspunkt werden die beiderseitigen Interessen miteinander abgewogen.

Dabei kam das Bundesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass der Widerruf der Dienstwagenüberlassung zum 24. Mai 2023 nicht billigem Ermessen entsprach. Dies begründete das Gericht damit, dass der zu versteuernde geldwerte Vorteil für die Privatnutzung eines Dienstwagens nach Paragraf 6 Absatz 1 Nummer 4 Einkommensteuergesetz für volle Kalendermonate und nicht kalendertäglich angesetzt wird. Im konkreten Fall hatte dies zur Folge, dass der Mitarbeitende das Fahrzeug zwar nur bis zum 24. Mai 2023 nutzen konnte, Steuern für die Nutzung aber bis zum 31. Mai 2023 zahlen musste.

Das Bundesarbeitsgericht führte daher mit klaren Worten aus, dass im Regelfall ein Widerruf der Privatnutzung durch den Arbeitgeber nur zum jeweiligen Kalendermonatsende billigem Ermessen entsprechen kann. Daher habe der klagende Mitarbeiter noch Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die restlichen Tage des Mai 2023, aber nicht mehr für den weiteren Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Praxisfolgen

Arbeitgeber haben in aller Regel ein großes Interesse daran, sich den Widerruf der Überlassung eines Dienstwagens für private Zwecke vorzubehalten. Solche Widerrufsvorbehalte bleiben nach der Rechtsprechung auch ausdrücklich zulässig. Arbeitgeber sollten dabei aber vor allem auf eine transparente Formulierung der Widerrufsgründe achten, damit die Klausel nicht bereits an formalen Hürden scheitert.

Der konkrete Widerruf der Überlassung wird dann in aller Regel nur zum Kalendermonatsende zulässig sein. Diese Auslauffrist muss jedoch nicht in die Klausel selbst aufgenommen werden. Sie muss nur bei der Ausübung des Widerrufs beachtet werden.

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Dr. Jan T. Hartmann, Rechtsanwalt

Dr. Jan T. Hartmann

Dr. Jan T. Hartmann ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei GvW Graf von Westphalen.

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