5 aktuelle Arbeitsrecht-Urteile

Arbeitsrecht

Unzulässige Rechtsausübung des Betriebsrats

Die Betreiberin eines Krankenhauses und der Betriebsrat stritten über dessen Zustimmung zu den jeweiligen Monatsdienstplänen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung, einigen Dienstplänen stimmte er nur in Teilen zu. Die von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Einsetzung einer freiwilligen Einigungsstelle lehnte er mit pauschalen Hinweisen auf tarifvertragliche und gesetzliche Pflichtverstöße ab. Gegen die vom Arbeitsgericht eingesetzte Einigungsstelle legte der Betriebsrat Beschwerde ein, so dass sie ebenfalls ihre Arbeit nicht aufnehmen konnte. Um den Krankenhausbetrieb aufrechterhalten zu können, sah sich die Arbeitgeberin gezwungen, die Dienstpläne ohne Zustimmung des Betriebsrats bekannt zu geben. Teilweise setzte sie Mitarbeiter anders ein, als es in den Dienstplänen vorgesehen war. Der Betriebsrat machte Unterlassung der Bekanntgabe der ohne ihre Zustimmung erstellten Dienstpläne sowie des von diesen abweichenden Einsatzes von Mitarbeitern geltend.

Nachdem das LAG dem Betriebsrat recht gegeben hatte, hatte die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision der Arbeitgeberin Erfolg (BAG, Beschl. v. 12.3.2019, 1 ABR 42/19). Das BAG setzt den Blockadestrategien des Betriebsrats klare Grenzen. Es stellte fest, dass der Betriebsrat zwar formal im Recht sei, weil ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Festlegung der Dienstpläne bestehe. Ferner bestehe ein Unterlassungsanspruch, wenn ein Arbeitgeber mitbestimmungswidrig Maßnahmen umsetze. Dabei sei jedoch das Verhalten des Betriebsrats zu berücksichtigen: Dieser habe ohne einen erkennbaren sachlichen Grund jegliche Einigungsversuche verhindert.

Die Arbeitgeberin habe aber als Krankenhausbetreiberin eine gesetzliche Pflicht zur Behandlung der Patienten. Die Blockadehaltung des Betriebsrats mache es ihr unmöglich, dieser Pflicht adäquat nachzukommen, so dass sich der Betriebsrat rechtsmissbräuchlich verhalte. Zudem könne der Betriebsrat nicht ohne einen sachlichen Grund einerseits die Zustimmung zu Dienstplänen verweigern und zugleich andererseits fordern, dass eine Abweichung von diesen Dienstplänen wiederum von seiner Zustimmung abhängig sei. Dieses Verhalten sei nicht nur treuwidrig, sondern auch widersprüchlich. Verweigert der Betriebsrat seine Mitarbeit bei der Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte rechtsmissbräuchlich, kann er sich später nicht auf die Verletzung eben dieser berufen.

Entgeltfortzahlung bei neuer Erkrankung

Eine Arbeitnehmerin war wegen eines psychischen Leidens arbeitsunfähig und erhielt für die ersten sechs Wochen Entgeltfortzahlung, danach Krankengeld. Unmittelbar nach Ende der letzten attestierten Arbeitsunfähigkeit erfolgte eine Operation, für die sie eine Erstbescheinigung erhielt. Die Arbeitgeberin verweigerte weitere Entgeltfortzahlung, da die psychische Ersterkrankung zum Zeitpunkt der Operation nicht ausgeheilt gewesen sei, so dass eine Einheit des Verhinderungsfalls vorliege. Es bestehe nur ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen, der bereits erfüllt war. Das BAG stellte fest, dass, wenn sich in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu einer Arbeitsunfähigkeit eine weitere Arbeitsunfähigkeit anschließe, der Arbeitnehmer darlegen und beweisen müsse, dass die erste Erkrankung bei Eintritt der nächsten Arbeitsverhinderung ausgeheilt gewesen sei, um erneut Entgeltfortzahlung zu erhalten, was hier nicht gelang (Urt. v. 11.12.2019, 5 AZR 505/18).

Kündigung eines Lehrers mit rechtsextremen Tattoos

Der Personalrat ist vor Ausspruch der Kündigung eines Lehrers mit rechtsextremen Tattoos hinreichend über die Kündigungsgründe zu informieren (Urt. v. 11.12.2019, 15 Sa 1496/19). Die Arbeitgeberin kündigte einem im öffentlichen Dienst angestellten Lehrer wegen rechtsextremer Tattoos und stützte die Kündigung im Prozess auf dessen rechtsextreme Gesinnung und die fehlende Eignung für den Schuldienst. Dem Personalrat teilte sie als Grund aber das öffentliche Zeigen der Tattoos mit. Das habe man zuvor abmahnen müssen. Über die rechte Gesinnung als Kündigungsgrund war der Personalrat nicht unterrichtet worden. Da nur die Gründe verwertet werden können, die der Mitarbeitervertretung auch mitgeteilt wurden, prüfte das LAG dieses Vorbringen nicht.

Vergütung von Überstunden bei Freistellung

In einem gerichtlichen Vergleich zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wird oft die Freistellung des Arbeitnehmers von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung vereinbart. Wenn diese Freistellung auch den Abbau von Überstunden im Arbeitszeitkonto beinhalten soll, muss dies hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Ist lediglich festgehalten, dass eine unwiderrufliche Freistellung erfolgen soll, ist nicht klar erkennbar, dass zugleich der Abbau von Überstunden umfasst ist, so dass diese zusätzlich zu vergüten sind (BAG, Urt. v. 20.11.2019 – 5 AZR 578/18).

Kein Urlaub im gekündigten Arbeitsverhältnis

Arbeitnehmer können im laufenden Kündigungsschutzprozess, dessen Ausgang ungewiss ist, regelmäßig keinen Anspruch auf Urlaub für eine Zeit nach Ende der Kündigungsfrist im einstweiligen Rechtsschutz geltend machen (5 SaGa 6/19). Die Gewährung von Urlaub setzt ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus und kann nur erfüllt werden, wenn eine Arbeitspflicht besteht. Während eines Prozesses ist in der Regel offen, ob das Arbeitsverhältnis nach Ende der Kündigungsfrist weiter besteht. Endet die Kündigungsfrist während des noch andauernden Kündigungsschutzprozesses, besteht keine Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung, so dass keine Freistellung erfolgen kann. Somit war auch die Eilbedürftigkeit zu verneinen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Nachhaltigkeit. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Ines Neumann, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht bei Beiten Burkhardt

Ines Neumann

Ines Neumann ist Rechtsanwältin für Arbeitsrecht bei Beiten Burkhardt in Berlin. Sie berät Mandanten zu allen individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragen, sowohl außergerichtlich als auch im Rahmen von arbeitsgerichtlichen Verfahren.

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