Die neue Regelung zur Brückenteilzeit kann die Personalplanung in ein 1.000-Teile-Puzzle verwandeln. Aber was besagt sie konkret und welche Risiken und Herausforderungen hält sie für Arbeitgeber bereit?
Seit Jahresbeginn ist die Regelung zur Brückenteilzeit in Kraft. Was vorher nur in Ausnahmefällen möglich war, etwa nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz oder dem Pflegezeitgesetz, steht nun als allgemeiner Rechtsanspruch im neuen §9aTeilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Die Regelung sieht für Arbeitnehmer einen allgemeinen Anspruch vor, über einen vorher festgelegten Zeitraum (mindestens ein Jahr und maximal fünf Jahre) die Wochenarbeitszeit zu verringern und anschließend in ihre vorherige Arbeitszeit zurückzukehren. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ist der Arbeitnehmer dabei nicht mehr auf die Kulanz seines Arbeitgebers angewiesen. Durch die Neuerung erhöht sich die reduzierte Arbeitszeit kraft Gesetzes mit Ablauf des vereinbarten Zeitraums automatisch wieder auf die vor der Teilzeit geschuldete Arbeitszeit.
Der Anspruch entsteht erstmals, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Um den Anspruch durchzusetzen muss der Arbeitnehmer die Brückenteilzeit in Textform (keine Schriftform!) mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn beim Arbeitgeber beantragen. Der Antrag muss dabei den begehrten Zeitraum und den gewünschten Umfang der Reduzierung beinhalten. Er soll auch die angestrebte Verteilung der Arbeitszeit benennen. Eine Begründung ist nicht notwendig.
Einschränkend besteht der Anspruch des Arbeitnehmers allerdings nur bei Arbeitgebern, die in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen. In Unternehmen mit in der Regel zwischen 46 und 200 Mitarbeitern kann der Arbeitgeber die Brückenteilzeit unter bestimmten Umständen ablehnen. Es gilt eine Zumutbarkeitsgrenze, so dass pro 15 Beschäftigten nur jeweils einem Antrag auf Brückenteilzeit entsprochen werden muss, wobei „normal“ in Teilzeit Beschäftigte nicht mitzählen. Darüber hinausgehende Anträge kann der Arbeitgeber ablehnen. Tritt die Brückenteilzeit ein, kann der Arbeitnehmer während der vereinbarten Zeitspanne seine Arbeitszeit nicht einseitig weiter verringern oder verlängern. Darüber hinaus besteht eine Sperrfrist von einem Jahr für eine neue Brückenteilzeit, nachdem der Arbeitnehmer aus der Teilzeit zurückgekehrt ist.
Risiken und Herausforderungen für Arbeitgeber
Der Begründung zufolge profitieren von diesem Gesetz sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmen durch größere Flexibilität und Sicherheit.
Die Vorteile für die Beschäftigten sind dabei offensichtlich. Sie haben die Sicherheit, nach einer von ihnen selbst gewählten Zeitspanne in Teilzeit wieder zur vorherigen Arbeitszeit zurückkehren zu können. Die entsprechenden Anträge kann der Arbeitnehmer ohne (größere) Probleme in Textform per Mail oder sogar per SMS einreichen, was den Ablauf für ihn umso reibungsloser macht. Auch für den Arbeitgeber bringt die Regelung zumindest insoweit Vorteile, als er Planungssicherheit hat, dass während einer Brückenteilzeit keine weitere Verringerung oder Verlängerung der Arbeitszeit verlangt werden kann.
Demgegenüber steht aber ein nicht zu unterschätzender Bürokratie- und Planungsaufwand des Arbeitgebers. Arbeitgeber müssen sich zwingend auf die Bearbeitung der Anträge vorbereiten und die hierfür eingesetzten Mitarbeiter schulen. Kommt es nämlich zu keiner Verhandlung über die Brückenteilzeit mit dem Arbeitnehmer oder teilt der Arbeitgeber diesem seine ablehnende Entscheidung nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit schriftlich (Textform reicht nicht aus!) mit, so verringert sich die Arbeitszeit automatisch entsprechend den Wünschen desArbeitnehmers.
Der einzige Ausweg für den Arbeitgeber besteht in dieser Konstellation darin, dass das betriebliche Interesse an der Beibehaltung der Arbeitszeit das Interesse des Arbeitnehmers an der Brückenteilzeit erheblich überwiegt, was aber wie in den bereits bekannten Konstellationen (beispielsweise §8TzBfG) nur äußerst schwierig darzulegen sein dürfte. Diese Möglichkeit birgt Konfliktpotenzial. Für die wirksame Ablehnung muss die beantragte Brückenteilzeit eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation, des Arbeitsablaufs oder der Sicherheit im Betrieb darstellen. Ob eine solche im Einzelfall vorliegt, entscheiden letztlich die Arbeitsgerichte, wobei der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig ist. Geraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer über das Vorliegen eines betrieblichen Grunds in Streit und klagt der Arbeitnehmer, entstehen für beide Seiten Kosten. Entsprechend sollte auf eine einvernehmliche Lösung hingewirkt werden.
Die Regelung der Zumutbarkeitsgrenze bei Unternehmen mit Betriebsgrößen von 46 bis 200 Arbeitnehmern erweist sich auf den zweiten Blick für den Arbeitgeber als eine Meerenge mit Untiefen, die zu durchsteuern nicht unproblematisch ist. So ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung der Beschäftigtenzahl derjenige, an dem die beantragte Brückenteilzeit für den entsprechenden Arbeitnehmer beginnt. Für einen sicheren Überblick hat der Arbeitgeber deshalb die Personalakten genauestens zu führen. Diese Prognoseentscheidung, die ein an den jeweiligen Schwellenwerten der Mitarbeiterzahl operierender Arbeitgeber treffen muss, stellt ihn daher vor organisatorische Herausforderungen.
Die Regelung muss für Unternehmen kein Waterloo sein
Die Fristen sind für den Arbeitgeber ambivalent und haben enorme Auswirkungen auf die Personaleinsatzplanung. So sind Arbeitnehmer nach Rückkehr aus der Teilzeit nur für ein Jahr daran gehindert, erneut eine Brückenteilzeit zu beantragen. Arbeitgeber müssen daher ihre Personalplanung noch vorausschauender ausgestalten als bisher. Bei zurecht aufgrund betrieblicher Gründe abgewiesener Anträge sieht der Paragraf aber für den Arbeitgeber eine Sperrfrist von zwei Jahren vor. Der Arbeitnehmer kann daher erst zwei Jahre nach berechtigter Ablehnung erneut einen Antrag auf Brückenteilzeit stellen.
Für Unternehmen mit zwischen 46 und 200 Arbeitnehmern gilt zusätzlich eine einjährige Sperrfrist für Arbeitnehmer, sofern deren Antrag aufgrund der Zumutbarkeitsregelung abgelehnt wurde. Diese Sperrfristen geben Arbeitgebern jedenfalls ein Mindestmaß an Planungssicherheit, verlangen aber eine genaue Führung der Personalakten. Sämtliche Daten (Antragstellung, Ablehnung et cetera) müssen genau erfasst und die daraus entstehenden unterschiedlichen Fristen streng überwacht werden.
Im Zeitraum von Brückenteilzeiten müssen Arbeitgeber das freigewordene Arbeitsvolumen abfangen. Die vom Arbeitgeber einzustellende Ersatzkraft muss folglich befristet in Teilzeit eingestellt werden, wobei die Brückenteilzeit jedenfalls als Befristungsgrund anzusehen sein dürfte. Bei zwei gleichzeitig gestellten Anträgen muss ein Arbeitgeber mit 46 bis 200 Arbeitnehmern zwischen diesen „nach billigem Ermessen“ entscheiden. Eine fehlerhafte Entscheidung könnte im (für den Arbeitgeber) besten Fall zur Aufhebung der einen und Gewährung der anderen Brückenteilzeit, im schlechtesten Fall zu einem Schadensersatzanspruch des vernachlässigten Arbeitnehmers führen. Um dieses Risiko zu verringern, sollte der Arbeitgeber die Entscheidung ausführlich dokumentieren. Sofern keine völlig unvertretbare Entscheidung getroffen wird, kann so zumindest der Nachweis mangelnden Verschuldens geführt werden.
Die Neuregelung für die seit dem 1. Januar geltende Brückenteilzeit muss für den Arbeitgeber kein Waterloo sein. Sie kann aber bei schlecht organisierten Unternehmen im Bereich der Personaleinsatzplanung zu äußerst unangenehmen Konsequenzen führen. Um nicht ins offene Messer zu laufen, sollten Arbeitgeber daher ihre Organisationsstrukturen an die neuen gesetzlichen Anforderungen anpassen. Dabei ist vor allem Wert auf eine akkurate Führung der Personalakten sowie eine klare Organisation und Aufgabenverteilung zu legen.