Bundesagentur für Arbeit überprüft Beschäftigung im Ausland

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Am 15. Oktober hat die für die Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zuständige Aufsichtsbehörde, die Bundesagentur für Arbeit (BA), ihre aktualisierten fachlichen Weisungen veröffentlicht.

Darin hat die BA insbesondere den territorialen Geltungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ausgeweitet.

In den fachlichen Weisungen heißt es nunmehr in Ziffer 1.1.1. Absatz 3:

„Um den Schutz des Teilarbeitsmarkts Arbeitnehmerüberlassung zu wahren, kann bei Arbeitsleistungen, die ortsunabhängig ausschließlich im Homeoffice bzw. als ausschließliche Telearbeit erbracht werden, nicht allein darauf abgestellt werden, wo sich der Leiharbeitnehmer rein körperlich befindet. Erlaubnisrechtlich ist es entscheidend, ob die Überlassung Inlandsbezug aufweist. Das ist bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen regelmäßig der Fall, wenn der Leiharbeitnehmer virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird.“

Bisher herrschte die Auffassung, dass sich der Anwendungsbereich des AÜG nur auf das deutsche Hoheitsgebiet erstreckt (Territorialitätsprinzip). Erforderlich war daher stets ein Inlandsbezug. Es waren bisher alle Überlassungen innerhalb Deutschlands erfasst, aber auch grenzüberschreitende nach Deutschland hinein und aus Deutschland hinaus.

Bedeutung für die Praxis

Die BA geht in den neuen fachlichen Weisungen einen Schritt weiter und sieht einen Inlandsbezug auch dann, wenn der Verleiher im Ausland sitzt und der Mitarbeitende ausschließlich im Ausland für ein Kundenunternehmen in Deutschland tätig wird. Damit kommen nun auch solche Auslandssachverhalte in den Fokus der BA, die bislang – aus Sicht des AÜG – mangels räumlichen Geltungsbereichs des AÜG als rechtlich unkritisch eingestuft wurden.

Es scheint, die BA hat bei der Neubearbeitung der fachlichen Weisungen ihre Rechtsauffassung zum räumlichen Geltungsbereich vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Beliebtheit von sogenannten Employer-of-Record-Modellen angepasst.

Beim sogenannten Employer of Record handelt es sich um ein Personalmodell, das aus dem angloamerikanischen Raum stammt. Eine Agentur, der Employer of Record, stellt den Arbeitnehmenden am Einsatzort auf Grundlage eines Arbeitsvertrags nach dem einschlägigen lokalen Recht ein und überträgt das arbeitgeberseitige Weisungsrecht auf das Kundenunternehmen. Der Arbeitnehmende erbringt die Arbeitsleistung dann vollständig oder teilweise in dem jeweiligen Einsatzland unter Weisung des Kundenunternehmens. Nach deutschem Recht handelt es sich bei dem Employer-of-Record-Modell regelmäßig um eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG. Denn der Arbeitnehmende wird in die Arbeitsorganisation des Kundenunternehmens eingegliedert und unterliegt dessen fachlichen Weisungen. Bisher war in solchen Modellen das deutsche AÜG jedenfalls dann anwendbar, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmenden auch Geschäftsreisen nach Deutschland oder mobile Tätigkeiten in Deutschland umfasst.

Solche Konstellationen, bei denen eine ausländische Gesellschaft für ein in Deutschland ansässiges Kundenunternehmen einen Mitarbeitenden anstellt, der seine Arbeitsleistung sodann ausschließlich aus dem Ausland für das Kundenunternehmen erbringt, wären früher nicht vom AÜG erfasst worden. Gerade im IT-Bereich kommt es aber immer häufiger vor, dass zum Beispiel ein ausländischer Dienstleister mit IT-Mitarbeitenden von einem in Deutschland ansässigen Kundenunternehmen beauftragt wird und die ausschließlich im Ausland ansässigen Mitarbeitenden sodann virtuell mit den in Deutschland tätigen Mitarbeitenden in gemischten Teams virtuell zusammenarbeiten.

Es scheint, dass die BA gerade solche Fallkonstellationen unter die Lupe nehmen will, weil das ausländische Verleihunternehmen in der Regel nicht über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt. Handelt es sich also um eine verdeckte (illegale) Arbeitnehmerüberlassung, droht zukünftig der Sanktionskatalog des AÜG. Dies sind insbesondere Bußgelder – in der Regel sowohl für den Kunden als auch für den Dienstleister – sowie die Fiktion von Arbeitsverhältnissen mit dem Kundenunternehmen.

Fazit

Die Auffassung der BA dürfte in rechtlicher Hinsicht nicht haltbar sein. Bis zur gerichtlichen Klärung müssen sich Kundenunternehmen und Verleiher aber trotzdem auf die neue Prüfpraxis einstellen. Entsprechende Konstellationen sollten daher zeitnah überprüft und gegebenenfalls vorerst abgestellt werden, sollten diese die rechtlichen Anforderungen nach dem AÜG nicht erfüllen.

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Johannes Simon

Johannes Simon, LL.M. (Durham) ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Taylor Wessing Düsseldorf.

Anne Förster

Dr. Anne Förster ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Salary Partnerin bei Taylor Wessing Düsseldorf.

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