Haftung von Unternehmen bei arbeitsrechtlichen Risiken

Arbeitsrecht

Eine Vielzahl von arbeitsrechtlichen Vorschriften und häufige Gesetzesänderungen bergen für Unternehmen zahlreiche Stolperfallen. Es drohen Geldbußen und strafrechtliche Sanktionen bis hin zu Haftstrafen für Unternehmen und handelnde Personen.

Durch Compliance-Management-Systeme können arbeitsrechtliche Risiken reduziert, frühzeitig entdeckt und vermieden beziehungsweise behoben werden. Die persönliche Haftung von Geschäftsführern und anderen Organen wird dadurch begrenzt. Umso erstaunlicher ist, dass Compliance-Management-Systeme – sofern überhaupt vorhanden – oftmals arbeitsrechtliche Risiken nicht oder nur unzureichend abdecken.

1. Typische arbeitsrechtliche Stolperfallen mit Strafbarkeitsrisiko

Compliance-Management-Systeme sind nicht nur im Hinblick auf Korruptions- und Kartellrechtsfälle von hoher Bedeutung, auch das Arbeitsrecht enthält eine Vielzahl von Normen, die im alltäglichen Umgang enormes Risikopotenzial für Unternehmen in sich bergen. Die typischen und in der Praxis relevanten Fälle sind dabei unter anderem:

  • Fremdpersonaleinsatz: Unternehmen sind sich häufig nicht bewusst, dass es bei dem Rückgriff auf Leiharbeitnehmer, Werk- und Dienstverträgen sowie freien Mitarbeitern neben dem Vertragsinhalt vordergründig auf die praktische Durchführung ankommt. Folge hiervon kann beispielsweise die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer sein, die zu einer Nacherhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge führen kann. Im Falle der Scheinselbstständigkeit droht eine Strafbarkeit wegen Sozialversicherungsbetrugs.
  • Datenschutz: Ohne ausgefeiltes Datenschutzkonzept besteht, insbesondere nach der Reformierung des Datenschutzrechts, ein erhöhtes Risiko von Verstößen gegen die DSGVO bzw. das BDSG.
  • Arbeitssicherheit und Mutterschutz: Die Notwendigkeit von richtig, vollständig und rechtzeitig dokumentierten Gefährdungsbeurteilungen wird vielmals verkannt.

Die vorgenannten Verstöße können im schlimmsten Fall Geldbußen von EUR 5.000,00 (beispielsweise bei Nichteinhaltung der Arbeitssicherheit) bis zu EUR 20 Mio. (bei Verstößen gegen den Datenschutz) nach sich ziehen. Zudem sind strafrechtliche Konsequenzen wie sogar Freiheitsstrafen nicht ausgeschlossen.

2. Persönliche Haftungsfolgen für Geschäftsführer, Vorstands- und sonstige Organmitglieder

Das Haftungsrisiko für Verstöße trifft neben dem Unternehmen als juristische Person auch die Organmitglieder. Leitungspersonen können z.B. für entstandene Steuerschäden persönlich haften und sich Schadensersatzansprüchen des Unternehmens ausgesetzt sehen. Daneben sind Geld- und Freiheitsstrafen zu befürchten.

3. Compliance-Management-Systeme als Lösung

Um die Risiken strafrechtlicher Konsequenzen zu minimieren und rechtzeitig Verstöße zu verhindern bzw. auf diese reagieren zu können, sollten Unternehmen ein Compliance-Management-System implementieren. Sofern bereits ein System eingeführt worden ist, sollte dieses auf die Kompatibilität mit arbeitsrechtlichen Risiken hin überprüft werden. Besteht Anpassungsbedarf, lassen sich die Strukturen in der Regel ohne allzu großen Aufwand nachjustieren und auf die arbeitsrechtlichen Risiken des Unternehmens ausdehnen.

4. Jetzt vorteilhaft – bald unerlässlich

Die Vorteile von Compliance-Systemen liegen auf der Hand: Nach neuester Rechtsprechung des BGH können sie sich positiv auf die Bemessung von Sanktionen wie Bußgeldern auswirken. Zudem werden Mitarbeiter für etwaige Verstöße sensibilisiert und Unternehmen können ihre Reputation u.a. bei Kreditgeber und Geschäftspartnern stärken, was in Zeiten der wachsenden Bedeutung von der sog. Corporate Social Responsibility eine nicht zu verachtende Motivation sein sollte.

Angesichts der zukünftigen Gesetzesvorhaben scheint ein solches System jedoch nicht nur besonders vorteilhaft, sondern bald auch geboten. So sieht die geplante EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern die Implementierung eines internen Meldesystems vor und auch der Koalitionsvertrag der Großen Koalition enthält eine Reihe von Verschärfungen im Hinblick auf Unternehmenssanktionierungen, die ein Compliance-Management-System mitsamt einem Whistleblower-System für viele Unternehmen unumgänglich machen werden.

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(c) Osborne Clarke

Mattis Aszmons

Mattis Aszmons berät nationale und internationale Mandanten im Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Sein Schwerpunkt ist die Beratung von M&A-Transaktionen und der von Unternehmen im Umgang mit Compliance-Verstößen und Personalabbaumaßnahmen sowie das Betriebsverfassungsrecht. Er vertritt Mandanten vor Arbeits- und Landesarbeitsgerichten. Mattis Aszmons studierte Rechtswissenschaften in Köln und schloss sein Studium 2012 ab. Während seines Referendariats arbeitete er in Arbeitsrechtsteams anderer internationaler Anwaltskanzleien. Mattis Aszmons arbeitete drei Jahre als Anwalt bei einer anderen großen Kanzlei, bevor er sich Osborne Clarke anschloss.
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Nils-Frederik Wiehmann

Rechtsanwalt
Osborne Clarke
Nils-Frederik Wiehmann berät nationale und internationale Unternehmen zu individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragen. Er ist spezialisiert auf die Beratung von Personalabteilungen, insbesondere zu betriebsverfassungsrechtlichen Themen. Nils-Frederik Wiehmann studierte Jura in Würzburg und Athen. Er spezialisierte sich bereits während des Referendariats auf das Arbeitsrecht. Nach dem Referendariat begann er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Arbeitsrecht für eine große deutsche Kanzlei, bevor er zu Osborne Clarke wechselte.
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Dr. David Rieks

Dr. David Rieks, LL.M. ist Rechtsanwalt der Kanzlei ROXIN Rechtsanwälte LLP. Er berät und verteidigt nationale und internationale Unternehmen sowie deren Leitungspersonen in sämtlichen Bereichen des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die strafrechtliche Unternehmensvertretung sowie die strategische Beratung für Unternehmen, insbesondere zu internationalen Sachverhalten. David Rieks studierte Rechtswissenschaften in Freiburg, Berlin und Florenz. Zudem absolvierte er einen Master of Laws an der Columbia Law School in New York (USA) und der Universiteit van Amsterdam (Niederlande) im Internationalen Strafrecht. Er wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert.

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