Mit Urteil vom 14. Januar 2025 (7 SLa 175/24), hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden, dass zugunsten des Arbeitgebers ein begründeter Schadensersatzanspruch wegen eines bei der Rückgabe beschädigten und verschmutzten Kraftfahrzeugs in voller Höhe besteht.
Der Arbeitnehmer hatte das ihm überlassene Fahrzeug durch Rauchen und starke Verschmutzung des Innenraums beschädigt. Die Besonderheit in diesem Fall war, dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs nicht zur Anwendung kamen. Dem Arbeitnehmer war das Fahrzeug für Fahrten zwischen der eigenen Wohnung und der Betriebsstätte überlassen worden. Dies ist dem privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen. Somit war es ausreichend, dass der Arbeitnehmer die Schäden fahrlässig verursachte, ohne die Regelungen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs (abgestufte Arbeitnehmerhaftung) berücksichtigen zu müssen.
Innerbetrieblicher Schadensausgleich bei Fahrlässigkeit
Regelmäßig werden Dienstwagen jedoch zur dienstlichen Nutzung überlassen. In diesen und anderen Fällen dienstlich verursachter Schäden müssen die strengen Regeln des innerbetrieblichen Schadenausgleichs beachtet werden. Von diesen Regelungen kann auch nicht einzelvertraglich oder durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Die Regelungen sehen folgende Kategorisierung von Fahrlässigkeit vor:
Leichte Fahrlässigkeit: In Fällen leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer überhaupt nicht.
„geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten, die jedem Arbeitnehmer irgendwann passieren können“
Beispiel: verschüttete Kaffeetasse über die Tastatur
Mittlere Fahrlässigkeit: In Fällen mittlerer Fahrlässigkeit kommt es zu einer Quotelung des Schadens.
„Außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“
Beispiel: Schäden beim Einparken
Grobe Fahrlässigkeit: In Fällen grober Fahrlässigkeit ist dem Grunde nach zwar eine volle Haftung des Arbeitnehmers anzunehmen, jedoch begrenzt die Rechtsprechung selbst in diesen Fällen die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers.
„Außer Acht lassen naheliegender Sorgfaltsregeln, die in der gegebenen Situation jeder befolgt hätte“
Beispiele: Überfahren einer roten Ampel; Alkohol am Steuer; Telefonieren ohne Freisprechanlage
Gesamtumstände berücksichtigen
Der Umfang der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie:
- die Schadenshöhe
- ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko
- eine Risikodeckung durch eine Versicherung
- die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann.
Auch die persönlichen Umstände des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten im Betrieb können zu berücksichtigen sein.
Damit können grundsätzlich auch bei einer groben Fahrlässigkeit Haftungserleichterungen im Einzelfall in Betracht kommen. Ob eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit diese zu gehen hat, ist aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, die der Tatrichter nach Feststellung aller hierfür maßgebenden Umstände nach Paragraf 286 der Zivilprozessordnung (ZPO) vornehmen muss. Von Bedeutung kann dabei sein, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15. November 2012 (8 AZR 705/11) zeigt.
Dabei sehen die Gerichte, insbesondere das Bundesarbeitsgericht, zwar keine summenmäßige Haftungsobergrenze vor – die Haftung der Arbeitnehmer wird in jedem Fall jedoch deutlich beschränkt. Eine finanzielle Überforderung des Arbeitnehmers soll vermieden werden.
Was gilt als vorsätzliches Handeln?
Im Arbeitsrecht gilt: Ein Arbeitnehmer haftet nur dann voll, wenn er vorsätzlich handelt. Das bedeutet: Er muss nicht nur absichtlich gegen eine Pflicht verstoßen, sondern auch wissen oder zumindest in Kauf nehmen, dass dadurch ein Schaden entsteht. Doch wie ist ein Vorsatz juristisch definiert? Zunächst gilt es zu wissen, dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung nicht auf das Handeln als solches beziehen, sondern ausschließlich auf die Risikozurechnung des Schadens. Ein Vorsatz wird allgemein als das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung definiert.
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Das bedeutet, dass der Handelnde die Umstände, die den Vorsatz begründen, kennt oder voraussieht und in seinen Willen aufnimmt. Das kann zum Beispiel die Beschädigung von Arbeitgebereigentum aus Wut oder Ärger umfassen, aber auch Datenlöschung mit der Absicht, dem Arbeitgeber Schaden zuzufügen. Der Vorsatz umfasst sowohl ein Wissens- als auch ein Wollenselement. Der Handelnde muss die relevanten Umstände zumindest für möglich halten und den Eintritt des Erfolgs billigend in Kauf nehmen.
Im Kontext von Haftungsfällen im Arbeitsrecht ist für die Verwirklichung vorsätzlichen Handelns außerdem erforderlich, dass der Handelnde sowohl die Pflichtverletzung als auch den möglichen Verletzungserfolg in seinen Willen aufgenommen hat. Der Vorsatz muss sich demzufolge auch auf die Schadenszufügung als solche beziehen, wie ein Urteil des BAG vom 18. April 2002 (NZA 2003, 37) darlegt.
Allein der vorsätzliche Verstoß gegen eine Weisung des Arbeitgebers ist für die Haftung nicht ausreichend. Der Arbeitnehmer muss den Schaden in seiner konkreten Höhe zumindest als möglich voraussehen und ihn für den Fall seines Eintritts billigend in Kauf nehmen.
Handlungsempfehlungen für HR Dokumentation ist entscheidend: Da der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für den Schadensersatzanspruch trägt, ist es zunächst wichtig, dass der konkrete Schaden sorgfältig und nachweisbar dokumentiert wird.
Kosten kalkulieren: Die Höhe des Schadens sollte nachvollziehbar berechnet werden, beispielsweise durch ein Gutachten.
Verjährung und Ausschlussfristen prüfen: Es sollte beachtet werden, dass nicht nur die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist, sondern auch arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussklauseln auf den Schadensersatzanspruch Anwendung finden, soweit die Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz nicht ausgeschlossen ist.
Vorsatz oder Fahrlässigkeit klären: Der genaue Hergang der Schadensverursachung sollte ermittelt und nachweisbar geklärt werden.
