Keine Diskriminierung durch Gendersternchen

Arbeitsrecht

Aufgrund des gesetzlichen Diskriminierungsverbots müssen Stellenausschreibungen geschlechtsneutral formuliert sein. Diese Neutralität soll sprachlich unter anderem durch die Verwendung des Gendersternchens (*) vermieden werden. In der vorliegenden Entscheidung musste das Landesarbeitsgereich (LAG) Schleswig-Holstein beurteilen, ob eine solche Schreibweise Menschen mit nicht binärer Geschlechteridentität benachteiligt.

Sachverhalt

Der beklagte Kreis hat am 14. September 2019 eine Stellenausschreibung veranlasst. In dieser hieß es:

„Der Kreis S. sucht zur Verstärkung des Teams in der Abteilung „Teilhabe und Eingliederung“ des Kreissozialamtes zum nächstmöglichen Zeitpunkt mehrere

  • Diplom-Sozialpädagog*innen
  • Diplom-Sozialarbeiter*innen
  • Diplom-Heilpädagog*innen

[…]

Die klagende Partei ist zweigeschlechtlich geboren und durch chirurgische Interventionen schwerbehindert. Sie bewarb sich auf die Stelle und legte im Rahmen ihrer Bewerbung die Schwerbehinderung und die Zweigeschlechtlichkeit offen. Sie verfügt über einen rechtswissenschaftlichen Hochschulabschluss (Master of Law) mit Wahlschwerpunkt Familienrecht. Mit einem Schreiben vom 18. November 2019 erhielt sie eine Absage.

Die klagende Person hat die Ansicht vertreten, es liege eine Diskriminierung als schwerbehinderter Mensch vor, da sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, obwohl sie über eine vergleichbare Qualifikation verfüge. Auch die Beteiligungspflichten von § 164 Abschnitt 1 Satz 4 und Satz 6 SGB IX seien verletzt worden, da die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Außerdem sei sie wegen des Geschlechts diskriminiert worden, da das seitens des beklagten Kreises genutzte Gendersternchen (*) bei der Formulierung „Schwerbehinderte Bewerber*innen“ ihrer Auffassung nach nicht geschlechtsneutral sei. Zudem sei sie auch unter dem Gesichtspunkt der Rasse diskriminiert worden, da zweigeschlechtlich geborene Menschen in der Vergangenheit in verschiedenen Gesellschaften unter diesem Gesichtspunkt verfolgt wurden.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat den beklagten Kreis in erster Instanz zur Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG von 2.000 Euro mit der Begründung verurteilt, er habe die Schwerbehindertenvertretung nicht korrekt im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX beteiligt, da er diese nicht unmittelbar nach Eingang der Bewerbung unterrichtet habe. Einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch habe es wegen offensichtlicher Nichteignung nicht bedurft. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liege nicht vor.

Das LAG hat entschieden, dass kein weitergehender Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus §15 Abschnitt 2 des Allgemeinen Gleichgestellungsgesetzes (AGG) aufgrund einer Benachteiligung wegen des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Rasse oder wegen der Schwerbehinderung bestehe.

Die Stellenausschreibung sei nicht geeignet, die Vermutung im Sinne des § 22 AGG zu begründen, dass die klagende Partei wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ergäbe sich nicht aus der Verwendung des Gendersternchens. Die Stellenausschreibung sei geschlechtsneutral. Das Gendersternchen diene einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache. Es sei auf eine Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung zurückzuführen. Dass geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollte, werde auch durch den sich im Ausschreibungstext befindlichen Zusatz „m/w/d“ deutlich. Die Verwendung des sogenannten „Gendersternchens“ in der Stellenausschreibung diskriminiere zweigeschlechtlich geborene Menschen nicht. Das Gendersternchen sei eine der am weitest verbreiteten Methoden, um gendergerecht zu schreiben und die Vielfalt der Geschlechter deutlich zu machen. Es sollen auch Menschen angesprochen werden, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen. Ebenso Menschen, die sich nicht dauerhaft oder ausschließlich dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Das Ziel sei es, niemanden zu diskriminieren, mithin auch inter-, trans- und zweigeschlechtliche Personen nicht. Das Sternchen solle dabei nicht nur Frauen und Männer in der Sprache gleich sichtbar machen, sondern auch alle anderen Geschlechter symbolisieren und der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter dienen.

Fazit

Mit seiner Entscheidung bestätigt das LAG, dass die Verwendung des Gendersternchens ausreichend ist, um die Vorgaben des AGG zu erfüllen. Dies hatte bereits das Arbeitsgericht Gießen (Urteil vom 19.0 Mai 2020, 9 Ca 8/20) ähnlich entschieden. Gleichzeitig stellt die Verwendung des Gendersternchens für betriebliche Unterlagen derzeit wohl das rechtsicherste Minimum dar.

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Joachim Huber, Foto: Privat

Joachim Huber

Dr. Joachim Huber ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Dr. Huber Dr. Olsen in München.

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