Der Fall
Die Klägerin war seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte in einem Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht dazu bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, und nahm die Impfangebote der Beklagten nicht wahr. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes mit Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich fristgemäß zum 31. August 2021. Hiergegen hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben und insbesondere geltend gemacht, dass die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 612a Bürgerliches Gesetzbuch verstoße. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenpersonal sei die Klägerin nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hat nun die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt (Urteil vom 30.03.2023 – 2 AZR 309/22). Die Kündigung verstoße nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a Bürgerliches Gesetzbuch, das besagt, dass „der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligten darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“. Im vorliegend entschiedenen Fall fehle es an der erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmenden und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Das vordergründige Motiv für die Kündigung sei nicht die Weigerung der Klägerin gewesen, sich einer Impfung zu unterziehen, sondern der Schutz der Patienten und der übrigen Mitarbeitenden vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal.
Praxishinweis
Das Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich nicht darüber entschieden, ob eine Kündigung wegen fehlender Coronaimpfung sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetzes ist, da die Kündigung innerhalb der Wartezeit nach § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz ausgesprochen wurde.