Internationale Handelsunsicherheiten, gestörte Lieferketten, strukturelle Branchenveränderungen – viele Unternehmen stehen derzeit vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Kurzarbeit kann in solchen Situationen ein wirksames Mittel sein, um Arbeitsplätze zu sichern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Bewährtes Instrument mit klaren Spielregeln
Kurzarbeit hat sich bereits in der Finanzkrise 2008/2009 und zuletzt während der Coronapandemie bewährt. Damals wurden die Hürden durch die Bundesregierung deutlich gesenkt. Bereits bei 10 Prozent Arbeitsausfall war Kurzarbeit möglich, und Unternehmen wurden von Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Diese Erleichterungen gibt es aktuell nicht mehr. Dennoch bleibt Kurzarbeit ein relevantes Mittel zur Bewältigung wirtschaftlich schwieriger Situationen.
Worauf Unternehmen bei der Umsetzung achten müssen:
1. Rechtliche Grundlagen für die Einführung von Kurzarbeit schaffen
Die Einführung von Kurzarbeit kann grundsätzlich nicht einseitig durch den Arbeitgeber, sondern nur mit einer arbeitsrechtlichen Grundlage, etwa durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder individuelle Vereinbarung, vorgenommen werden. Gibt es einen Betriebsrat, ist die Einführung von Kurzarbeit mitbestimmungspflichtig. Diskutiert wird darüber hinaus die Möglichkeit einer betriebsbedingten (außerordentlichen) Änderungskündigung; deren Zulässigkeit ist aber höchstrichterlich bisher ungeklärt.
Durch die Einführung von Kurzarbeit können die reguläre Arbeitszeit und das reguläre Entgelt auf mindestens 90 Prozent bis auf maximal 0 Prozent reduziert werden. Entsprechende Vereinbarungen können sehr kurzfristig getroffen werden. Der hierdurch entstehende Arbeitsausfall muss in dem Monat, in dem die Kurzarbeit beginnt, schriftlich oder elektronisch bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt werden. Beispielhaft heißt das: Wenn die Kurzarbeit am 12. Dezember 2025 beginnt, ist eine Anzeige bis zum 31. Dezember 2025 ausreichend.
2. Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld prüfen
Das Kurzarbeitergeld (KUG) wird von der Agentur für Arbeit gezahlt und ersetzt einen Teil des entfallenen Lohns. Die Voraussetzungen sind klar definiert: Mindestens ein Drittel der Belegschaft muss von einem Entgeltausfall von über 10 Prozent betroffen sein. Der Arbeitsausfall muss erheblich, vorübergehend und unvermeidbar sein und auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen.
Entscheidend ist die Begründung gegenüber der Agentur für Arbeit. Es muss nachvollziehbar dargelegt werden, welche Gründe zum Arbeitsausfall führen. Aktuell relevant sind insbesondere wirtschaftliche Gründe wie etwa Absatzrückgänge, Rohstoffmängel, Lieferkettenunterbrechungen oder der Wegfall von Aufträgen durch US-Zölle. Ebenso wichtig ist die Glaubhaftmachung, dass sich die wirtschaftliche Situation voraussichtlich innerhalb der Bezugsdauer erholt und wieder zur regulären Arbeitszeit zurückgekehrt werden kann.
3. Praktische Abwicklung vor Augen führen
Der Ablauf ist klar strukturiert: Der Arbeitgeber zahlt monatlich das (reduzierte) Arbeitsentgelt für geleistete Arbeitsstunden sowie in Vorleistung das Kurzarbeitergeld an die Beschäftigten. Freiwillige Aufstockungsbeträge durch den Arbeitgeber sind möglich und können unter bestimmten Bedingungen sozialversicherungsfrei bleiben.
Spätestens drei Monate nach Ende des Abrechnungsmonats muss der Arbeitgeber die Erstattung des Kurzarbeitergelds bei der Agentur für Arbeit am Sitz der Lohnabrechnungsstelle beantragen. Nach Prüfung erhält er das gezahlte Kurzarbeitergeld zurück. In der Praxis entstehen hierbei häufig Probleme, sofern die Drei-Monats-Frist nicht nachweisbar eingehalten wurde. Dies kann unter Umständen zu sehr hohen finanziellen Nachteilen führen.
Ein weiterer wichtiger Kostenfaktor: Für das durch Kurzarbeit entfallende Arbeitsentgelt zahlt der Arbeitgeber weiterhin Sozialversicherungsbeiträge, wobei er sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil allein trägt. Bemessungsgrundlage sind 80 Prozent des ausfallenden Entgelts.
4. Vorgaben zur Bezugsdauer beachten
Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld beträgt regulär 12 Monate, kann aber durch die Bundesregierung bei Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem gesamten Arbeitsmarkt auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Aktuell gilt für Kurzarbeit, die erst am oder nach dem 1. Januar 2025 angezeigt wurde beziehungsweise wird, nur die normale 12‑Monate‑Dauer.
5. Abschlussprüfung nach Ende der Kurzarbeit einplanen
Das Kurzarbeitergeld wird unter Vorbehalt gezahlt. Nach Ende der Kurzarbeit führt die Agentur für Arbeit eine Abschlussprüfung durch und fordert entsprechende Unterlagen an. Möglicherweise müssen Entgeltabrechnungen nachträglich korrigiert werden, was auch eine Rückforderung des Kurzarbeitergelds durch die Agentur für Arbeit bedeuten kann. Dies kann unter Umständen sogar zur Involvierung der Staatsanwaltschaft führen – ein guter Grund für saubere Dokumentation und rechtssichere Umsetzung von Anfang an.
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Sorgfältige Planung zahlt sich aus
Kurzarbeit ist kein Allheilmittel, aber ein wirksames Instrument zur Beschäftigungssicherung. Für HR-Verantwortliche gilt: die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen, die Umsetzung sorgfältig planen und eng mit der Agentur für Arbeit abstimmen. Eine rechtssichere arbeitsrechtliche Grundlage – bestenfalls die Aufnahme einer einseitigen Einführungsmöglichkeit für Kurzarbeit durch den Arbeitgeber bereits im Arbeitsvertrag – ist dabei ebenso essenziell wie eine transparente Kommunikation mit der Belegschaft. Wer diese Hausaufgaben macht, kann Kurzarbeit als strategisches Instrument nutzen, um das Unternehmen durch schwierige Zeiten zu steuern.

Dr. Kilian Friemel
