In einer Zeit, in der Work-Life-Balance und Mental Health immer mehr an Bedeutung gewinnen, stehen Arbeitgeber vor der Herausforderung, diese Entwicklungen mit ihren unternehmerischen Zielen in Einklang zu bringen. Die Entwicklung hin zu mehr Achtsamkeit und einem gesunden Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben ist gewiss positiv. Gleichzeitig stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Leistungsträger einerseits und Beschäftigte mit unterdurchschnittlicher Leistung erkennen zu können.
In diesem Zusammenhang sorgten zuletzt verschiedene größere Unternehmen für Aufsehen, als bekannt wurde, wie ihre Beschäftigten in internen Tabellen recht
plakativ in Leistungskategorien unterteilt wurden – so zum Beispiel SAP, wo eine Unterteilung in Performer, Achiever und Improver erfolgte. Diesbezüglich stellt sich die Frage, inwieweit Leistung im Arbeitsrecht eine relevante Kategorie ist und ob Unternehmen wie in dem genannten Beispiel eine Kategorisierung vornehmen dürfen.
Leistung als Pflicht im Arbeitsverhältnis
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schulden ihren Arbeitgebern eine nach zeitlichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben zu erbringende Tätigkeit – allerdings keinen
Erfolg im rechtlichen Sinne, also konkret definierte Ergebnisse. So sind Beschäftigte zum Beispiel im Vertrieb nicht verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Kunden oder Umsatz zu generieren. Dennoch ist die Leistung von Beschäftigten – so schwer sie gegebenenfalls objektiv messbar sein mag – ein relevantes Kriterium.
Die Leistungspflicht ist allerdings nicht objektiv und für alle Beschäftigten gleich. Welche Leistung geschuldet ist, richtet sich im Ausgangspunkt nach dem Inhalt
des Arbeitsvertrags. Dort ist die Arbeitsleistung jedoch meistens nicht näher definiert. In diesem Falle greift der allgemeine Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts: „Der
Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.“ Allein ein Zurückfallen hinter die Leistung von Kolleginnen und Kollegen ist darum keine Verletzung
arbeitsvertraglicher Pflichten.
Low Performance als Kündigungsgrund?
In der Folge kann eine Kündigung wegen schlechter Leistungen im Grundsatz zulässig sein. In der Praxis stößt ein Unternehmen allerdings auf kaum überwindbare Hindernisse, wenn es in einem Gerichtsverfahren eine Kündigung wegen mangelhafter Leistungen begründen soll. Zwei Varianten sind dabei denkbar. Für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine auf Pflichtverletzung beruhende Schlechtleistung erforderlich.
Der Arbeitgeber muss darlegen, dass die Arbeitsleistung des betreffenden Arbeitnehmers quantitativ oder qualitativ deutlich hinter der Arbeitsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleibt. Der Arbeitgeber muss hierfür eine nachvollziehbare Leistungsbewertung vornehmen. Wenn der gekündigte Arbeitnehmer dennoch aufzeigen kann, warum er – ungeachtet der objektiven Mängel – seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft hat, liegt keine Pflichtverletzung und damit kein Kündigungsgrund vor.
Dann kommt allenfalls eine personenbedingte Kündigung in Betracht, sofern der Arbeitnehmer die berechtigte Erwartung des Arbeitgebers an ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung deutlich unterschreitet. Diese in der Theorie möglichen Kündigungen halten im Streitfall auch mit ausführlicher Dokumentation und langwieriger Vorbereitung in Form von Performance Improvement Plans und ähnlichen Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung nur selten stand.
Kategorisierung als (Nicht-)Leistungsträger?
Dennoch ist die Frage der Leistungserbringung ein relevantes Kriterium im Arbeitsverhältnis. Aus diesem Grund bestehen keine grundlegenden Bedenken, wenn Unternehmen ihre Beschäftigten in Leistungskategorien einordnen. Ein möglicher Einwand aus Beschäftigtensicht wäre allenfalls der heute universell beliebte Aspekt des Datenschutzes.
Insbesondere die Einordnung als Low Performer könnte als unzulässige Verunglimpfung wahrgenommen werden. Diese Bedenken greifen allerdings nicht durch. Die Bewertung und auch die Kategorisierung der Arbeitsleistung ist datenschutzrechtlich zulässig, weil sie im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.
Die Bewertung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft ist bedeutend für die Personalplanung, für den sachgemäßen Einsatz der Beschäftigten und für ihren beruflichen Werdegang. Aus der Einordnung und insbesondere den Vergleich zu anderen Beschäftigten werden Arbeitgeber nachvollziehbarer Weise Entscheidungen über Beförderungen oder Versetzungen treffen. Bei Minderleistung mag – wie zuvor dargelegt – gelegentlich die Frage der Kündigung im Raum stehen.
Erfahrungsgemäß prüfen Arbeitgeber aber zunächst die Möglichkeit von Schulungen oder Änderungen der Aufgaben. Schließlich hat die Bemessung der Arbeitsleistung Einfluss auf Vergütungsfragen. Eine Differenzierung in diesem Aspekt ist auch angesichts des Gleichbehandlungsgrundsatzes möglich. Denn die
Leistung stellt ein sachliches Kriterium dar, anhand dessen Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt werden dürfen.
Einschränkungen
Der Bewertung und Einordnung der Arbeitsleistung sind allerdings Grenzen gesetzt. Im Hinblick auf den Datenschutz ist die Verarbeitung der Daten zu minimieren. Unternehmen sollten präzise definieren, welche Personen zu welchem Anlass Zugriff auf die Leistungs- bzw. Beurteilungsdaten haben dürfen. Insbesondere wäre es
bedenklich, würden Listen mit Low- oder High-Performern in der Belegscha£ zirkulieren. Hiermit wäre wohl ein zu erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der
Beschäftigten verbunden (insbesondere für die als unterdurchschnittlich kategorisierten Personen), der sich nur schwer durch ein hinreichendes Interesse an der Datenverarbeitung begründen ließe.
Grenzen gibt es auch bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit. Eine Leistungskontrolle durch umfassende automatisierte Überwachung sämtlicher Arbeitsschritte wird
oft mit dem Persönlichkeitsrecht nicht vereinbar sein. Denn die dauerhafte Beobachtung erzeugt einen schwerwiegenden und dauerhaften Anpassungs- und Überwachungsdruck.
Beteiligung des Betriebsrats
Die systematische Einordung der Beschäftigten in Leistungskategorien wird zudem regelmäßig die Mitbestimmung eines im Unternehmen existierenden Betriebsrats auslösen. Der Betriebsrat hat nach § 94 Abs. 2, 2. Halbsatz des Betriebsverfassungsgesetzes bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze mitzubestimmen. Das umfasst hier insbesondere die Frage, welche Kategorien genutzt werden und nach welchen Faktoren die Einordnung erfolgt. Nicht mitbestimmt ist dann allerdings die konkrete individuelle Bewertung der Beschäftigten. Die bloße Bewertung stellt auch keine personelle Maßnahme nach § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes dar, zu der ein Betriebsrat zustimmen müsste.
Der Betriebsrat hat für die Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen kein Initiativrecht, das heißt, dass allein der Arbeitgeber entscheiden darf , ob er seine Beschäftigten nach Leistungskriterien einordnen möchte. Weitere Beteiligungsrechte bestehen allerdings, sobald an Leistungskriterien Entgeltentscheidungen oder personelle Maßnahmen wie Versetzungen, Kündigungen oder Beförderungen geknüpft werden.
Beschwerdemöglichkeit?
Mit einer Einordnung der Leistungsqualität werden viele Beschäftigte nicht einverstanden sein. Das wirft die Frage auf, ob beziehungsweise wie sie sich dagegen wehren können. Solange die Bewertung keine objektiv unrichtigen Tatsachen enthält (wie zum Beispiel die unrichtige Einschätzung, ein Mitarbeiter verfüge über bestimmte Fähigkeiten nicht), wird ein Korrekturanspruch in aller Regel nicht bestehen. Überprüfbar sind allerdings die personellen Folgeentscheidungen. Gewährt ein Unternehmen zum Beispiel Bonuszahlungen auf Basis der Bewertungen, könnte ein Arbeitnehmer die Berechnung des Bonus mit der Argumentation angreifen, seine Leistung sei unzutreffend als unterdurchschnittlich eingeordnet worden. Unabhängig davon erscheint es personalpolitisch sinnvoll, wenn Beschäftigten zugestanden wird, einen Einspruch gegen die Bewertung in der Personalakte festhalten zu lassen.
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Rechtlich sanktioniert wäre schließlich eine unzulässige Verbreitung der Leistungsbeurteilung. Beschäftigte können sich mittels Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zur Wehr setzen, sollte die Beurteilung unter Verletzung des Datenschutzes einer zu großen Zahl an Personen zugänglich gemacht
werden. In diesem Falle könnten Datenschutzbehörden auch Bußgelder verhängen. Dies gilt nicht nur bei mutwilliger Veröffentlichung, sondern auch bei einem Datenleck, das auf unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen beruht.
Führt die Feststellung einer nicht ausreichenden Leistung zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, steht hiergegen natürlich die Kündigungsschutzklage offen.
Trotz aller Schwierigkeiten, Leistung objektiv zu messen und einen angemessenen Umgang mit nicht ausreichender Leistung zu finden, ist die Leistung ein relevantes Kriterium im Arbeitsverhältnis. Arbeitgeber dürfen die Leistung der Arbeitnehmer einschätzen und dokumentieren. Sie dürfen auf dieser Basis auch personelle Entscheidungen treffen.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Performance. Das Heft können Sie hier bestellen.