Remote Work im Ausland nur mit klarem Regelwerk

Arbeiten weltweit

Weltweit zu arbeiten, klingt vielversprechend: zufriedene Mitarbeiter, wettbewerbsfähige Unternehmen im Kampf um Talente, eine moderne, dynamische Unternehmenskultur. Immer mehr Arbeitgeber ermöglichen daher das Arbeiten aus dem Ausland und integrieren es als zusätzliche Arbeitsform in den Unternehmensalltag. Dabei stehen Unternehmen vor vielfältigen rechtlichen und praktischen Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind in vielen Fällen keine wirklichen Hindernisse. Man sollte sich deren jedoch bewusst sein, um dem Konzept des weltweiten Arbeitens zum Erfolg zu verhelfen.

Spezifische rechtliche Anforderungen

Im Gegensatz zu Homeoffice beziehungsweise Telearbeit ist die Arbeitsform Remote Work (noch) nicht gesetzlich geregelt. Mit Remote Work ist die Möglichkeit von Beschäftigten, von nahezu jedem Ort aus zu arbeiten, gemeint. Ähnlich wie die Telearbeit (vgl. Paragraf 2 Absatz 7 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)) beruht Remote Work auf einer Verbindung zum Betrieb mittels moderner Informations- und Kommunikationstechnologie. So können Beschäftigte ihre Arbeitsleistung während der Zugfahrt, in einem Café, im Urlaubsort oder bei der Familie im Ausland erbringen.

Die Compliance-Anforderungen bei Remote Work im Ausland und grenzüberschreitendem Homeoffice unterliegen nicht nur den nationalen Anforderungen. Vielmehr ist, wie an vielen Stellen bereits diskutiert, ein Geflecht von Compliance-Anforderungen verschiedener Jurisdiktionen und Rechtsgebiete zu beachten. Zwar bieten die arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen dem Arbeitgeber regelmäßig eine gewisse Flexibilität und einen Gestaltungsspielraum für Tätigkeiten im Ausland an. Mit dem Auslandsaufenthalt gehen jedoch zwingend lokale zu beachtende rechtliche Anforderungen einher, zum Beispiel im Hinblick auf das Aufenthaltsrecht, steuerrechtliche Risiken, sowie das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte oder Probleme bei der korrekten Lohnabrechnung.

Der Umfang der zu beachtenden Compliance-Anforderungen sowie der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers verändert beziehungsweise erweitert sich mit der Dauer der Auslandstätigkeit. An dieser Stelle sind zwei Themen aus der Arbeitsrechtspraxis exemplarisch:

  • Beim kurzfristigen Remote Work im EU-Ausland ist das im Arbeitsvertrag vereinbarte Recht des Heimatstaates nach wie vor anwendbar. Lediglich sind zwingende, für Beschäftigte günstigere Vorschriften des Einsatzlandes, wie beispielsweise Mindestlöhne oder Arbeitszeitregelungen, zu beachten. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO) ist auch im Umgang mit Drittländern aus Sicht der EU anwendbar. Mit zunehmender Dauer des Aufenthaltes im Ausland muss der inländische Arbeitgeber umfassende lokale Rahmen- und Arbeitsbedingungen einhalten. So kann zum Beispiel bei einer längerfristigen Tätigkeit im Ausland der dortige Gerichtsstand als auch ein gewöhnlicher Arbeitsort begründet werden, mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen.
  • Auch bei einem kurzfristigen Arbeitsaufenthalt im Ausland, wie dies im Falle von Remote Work häufig der Fall ist, bleibt der deutsche Betriebsrat für die Beschäftigten zuständig. Der deutsche Betriebsrat ist dagegen bei längerfristigen Aufenthalten nicht einzubeziehen, wenn der Rückkehrzeitpunkt der im Ausland tätigen Beschäftigten nicht feststeht und keine sonstige direkte Berichtslinie mehr zum deutschen Betrieb vorhanden ist.

Neue Herausforderungen im Rahmen von Remote Work

Gemäß Paragraf 106 Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts den Arbeitsort bestimmen. Ein Anspruch auf Gestattung von Remote Work ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung besteht grundsätzlich nicht. Sobald der Arbeitgeber dennoch Homeoffice beziehungsweise Remote Work zulässt, ist die Bestimmung und Kontrolle des Aufenthaltsortes der Beschäftigten manchmal eine Herausforderung, aber für die Einhaltung diverser Compliance-Anforderungen essenziell. Schon vor diesem Hintergrund ist das bloße Dulden dieser Arbeitsform oder Wegschauen keine richtige Lösung für Unternehmen. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht hinreichend vor Risiken geschützt, die sich aus der unerlaubten beziehungsweise geduldeten Tätigkeit aus dem Ausland ergeben können.

Mit zunehmender Internationalisierung der Belegschaft vieler heimischer Unternehmen stellt sich häufig der Nutzen von Remote-Work-Programmen für drittstaatsangehörige Beschäftigte in Frage, welche die Freizügigkeitsrechte von EU-Bürgern nicht genießen. Hier sind HR-Abteilungen gefragt, Alternativen anzubieten, um die Flexibilität der modernen Arbeitswelt für alle Beschäftigten beizubehalten. In Frage kommen Sabbatical-Programme beziehungsweise die Ausschöpfung von Arbeitszeit- und Urlaubskonten sowie die Nutzung von Digital-Nomad-Visa-Optionen.

Eine weitere Frustrationsquelle für Beschäftigte ist der Ausschluss risikobehafteter Länder aufgrund von Compliance-Anforderungen aus Remote-Work-Programmen. Ausschlaggebend sind hier – neben individuellen aufenthaltsrechtlichen Hindernissen – außenwirtschaftliche Sanktionen sowie steuer- oder datenschutzrechtliche Blocker. Es ist Sache des Arbeitgebers, über die geographische Reichweite unternehmenszugelassener Remote-Work-Programme zu entscheiden. Um die Frustration der Beschäftigten jedoch zu reduzieren, sollten Unternehmen eine transparente Kommunikation anstreben und vor allem eine umfassende Compliance-Analyse vor der Einführung der Remote-Work-Option durchführen. Letzteres ist auch aus Kostengründen vorzuziehen. Denn die individuelle Prüfung jedes einzelnen Remote-Work-Antrags ist kostspielig, angesichts der Beliebtheit solcher Programme bei den Beschäftigten auch nicht zielführend und hinsichtlich vieler Compliance-Aspekte durch eine vorherige umfassende Analyse auch vermeidbar.

Handlungsempfehlung für den Arbeitgeber

Evident ist, dass Remote Work nicht in jedem Fall in Frage kommt. Ein klares Regelwerk für Remote Work, etwa in Form einer unternehmensinternen Richtlinie, sorgt für Klarheit, verringert die Unzufriedenheit der Mitarbeiter und ermöglicht die Klärung verschiedener Regelungsbereiche, die gegebenenfalls rechtliches Neuland sind, aber im Falle von Konflikten zu erheblicher Frustration führen können. Zu denken ist an den Diebstahl von IT-Equipment oder Erkrankungen im Ausland. Im Übrigen: Der Betriebsrat hat nach Paragraf 87 Absatz 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwar kein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Beendigung von Remote Work, wohl aber bei der konkreten Ausgestaltung dieser Arbeitsform.

Zu den Must-Haves solcher Richtlinien gehören folgende Themenschwerpunkte:

  • Berechtigung (zum Beispiel Job-Levels, Job-Positionen) und Voraussetzungen (zum Beispiel ab welcher Betriebszugehörigkeit, im Zusammenhang mit Urlaub) zur Teilnahme an solchen Programmen
  • zugelassene Einsatzländer
  • Dauer
  • Kostentragungspflichten betreffend Reisekosten
  • angepasste Vergütungsstruktur im Hinblick auf lokale Anforderungen
  • Rechte und Pflichten bei Erkrankung, bei Abhandenkommen unternehmenseigenen IT-Equipments, zur Arbeitserfassung sowie im Homeoffice
  • Informationspflichten zum Aufenthaltsort
  • Widerrufs- und Änderungsvorbehalt
  • Verfahren zur Genehmigung beziehungsweise bei Nichteinhaltung der Richtlinien

Weitere Arbeitsrechtthemen im Überblick:

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Sachka Stefanova-Behlert

Mit über 15 Jahren Erfahrung ist Sachka Stefanova-Behlert eine versierte Arbeitsrechtlerin, die ihre Inhouse-Erfahrung gekonnt in ihre Beratung einfließen lässt. Sie gilt zudem als ausgewiesene Marktexpertin auf dem Gebiet der globalen Mobilität. Bis zu ihrem Wechsel zu Taylor Wessing war sie bei Delivery Hero als Global Head of Employment Law für alle arbeitsrechtlichen Themen am Hauptsitz der Gesellschaft und weltweit zuständig.

Jakob Louis Schäfer

Jakob Louis Schäfer ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Praxisgruppe Arbeitsrecht bei Taylor Wessing in Berlin. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth.

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