Streiks sind legitime Mittel im Arbeitskampf. Für Arbeitgeber bedeuten sie aber oft, dass das operative Geschäft lahmt und die Produktion stillsteht. Solche Folgen lassen sich minimieren – mit der richtigen Vorbereitung.
Die Lokführer tun es, die Piloten tun es, Versandmitarbeiter bei Amazon tun es: streiken. Doch wie reagiert man als Arbeitgeber richtig auf einen angekündigten Arbeitskampf? Wie verhindert man, dass das operative Geschäft lahmgelegt, Kunden vergrault und erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen?
Das Wichtigste ist: Die passende Vorbereitung. Idealerweise haben Arbeitgeber bereits im Vorfeld einen Leitfaden oder Notfallplan entwickelt, um entsprechend reagieren zu können. Ein solcher „Streikplan“ sollte folgende zentrale Vorkehrungen treffen:
- Festlegung eines Streikteams: Notwendige Aufgaben sollten zentral koordiniert und für deren rechtzeitige und kompetente Ausführung gesorgt werden. Mündet die Streikankündigung tatsächlich in einen Arbeitskampf, sollte das Streikteam in der Lage sein zu klären, welche Arbeitnehmer streiken und welche arbeitswillig sind oder welche krankheits- oder urlaubsbedingt abwesend sind. Eine geeignete Person aus dem Management sollte zum „Streikmanager“ ernannt werden, wobei möglichst darauf zu achten ist, dass diese nicht an der gegebenenfalls streikverursachenden Verhandlung auf Arbeitgeberseite mitwirkt.
- Übertragung von Aufgaben an das Streikteam: Da die Streikankündigungen zusehends kurzfristiger von der Gewerkschaft kommuniziert werden, ist es wichtig, vor Beginn der ersten Streikmaßnahmen klar definierte Zuständigkeiten an die Mitglieder der Streikteams zu übertragen.
- Kommunikation gegenüber den Medien: Eine Schlüsselaufgabe ist die Kommunikation gegenüber den Medien. Für den Erfolg der Strategie ist es zum einen ratsam, gegenüber den Medien partnerschaftlich aufzutreten. Zum anderen sollte darauf geachtet werden, dass das Unternehmen nach außen hin geschlossen „mit einer Stimme“ auftritt. Dazu bietet es sich an, eine kompetente Person als Pressesprecher beziehungsweise Medienkontaktperson auszuwählen. Zusätzlich ist es empfehlenswert, dass die Geschäftsführung oder der Vorstand proaktiv auf ausgewählte Medienvertreter zugeht. Es kann mitgeteilt werden, dass auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerseite hingewirkt wird und dass der Dialog von beiden Seiten gesucht wird, um möglichst zeitnah eine Lösung für diese Situation zu finden.
- Kommunikation gegenüber der Belegschaft: Auch die Kommunikation gegenüber den eigenen Arbeitnehmern ist von besonderer Bedeutung. Eine schriftliche Mitteilung an die Belegschaft, über ein von der Gewerkschaft ausgeschlagenes finales Angebot der Arbeitgeberseite beugt innerbetrieblichen Missverständnissen vor. Damit auch keine weiteren Gerüchte entstehen können, sollte die Mitteilung auch die Eckpunkte dieses Angebots darstellen – und zwar mit einem Hinweis darauf, welche Bedingungen von der anderen Partei nicht akzeptiert wurden. Sollten diesbezüglich weitere Fragen aufkommen, kann es für das Unternehmen hilfreich sein, eine Telefonhotline einzurichten, bei der sich die Arbeitnehmer mit weiteren Informationen versorgen können. Denn eins sollten man auch in dieser unerfreulichen Situation nicht vergessen: Auch die streikenden Mitarbeiter sind nach dem Arbeitskampf wieder ein ganz normaler Teil der gesamten Belegschaft.
- Erstellen eines Notfallpersonalplans: Intern gilt es einige Aufgaben und Arbeiten unverzüglich durchzuführen, um die Auswirkungen auf den Betrieb möglichst gering halten zu können. Wichtig dafür ist die Abstimmung mit den einzelnen Abteilungen, um festzustellen, welchen Einfluss eine Streikmaßnahme auf das operative Geschäft haben wird. Um die Abstimmung zu ermöglichen, sollte ein Notfall-Personalplan erstellt werden, der genau aufführt, mit welcher Minimalbesetzung die Aufrechterhaltung des Betriebes noch möglich ist. Hierfür kann es auch notwendig sein, nicht streikende Arbeitnehmer kurzzeitig in andere Abteilungen zu versetzen. Der Verteilungsplan ist dementsprechend anhand der Kenntnisse und Fähigkeiten der Arbeitnehmer zu erstellen.
- Zeitarbeitsunternehmen auf möglichen Personalbedarf vorbereiten: Reicht nach der Einschätzung des Streikteams die Anzahl der arbeitswilligen Arbeitnehmer nicht aus, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, sollte der (zusätzlich) erforderliche Personalbedarf mit einem Zeitarbeitsunternehmen abgestimmt werden, insbesondere auch im Hinblick auf zu organisierende Trainings oder Einarbeitungsphasen für die Zeitarbeitnehmer.
- Notfallszenarien ausarbeiten: Ist der Betrieb oder die Produktion unter Einsatz von nicht streikenden Arbeitnehmern und Zeitarbeitnehmern nicht aufrecht zu erhalten, sollten Notfallszenarien ausgearbeitet sein, um die Produktion umzuorganisieren oder betroffene Betriebsteile schließen zu können.
- Information von Kunden und Geschäftspartnern: Steht der Arbeitskampf kurz bevor, sollten auch die betroffenen Kunden und Geschäftspartner entsprechend informiert werden, damit diese sich ihrerseits auf die Streikauswirkungen einstellen können. Hierbei ist es jedoch wichtig, den richtigen Zeitpunkt für die Information zu wählen. Um unnötige Verärgerung zu vermeiden, sollte eine umfangreiche Unterrichtung erst erfolgen, sobald der Streik nicht mehr abgewendet werden kann. Dieses Zeitfenster ist häufig nicht besonders groß. Für genau diese Situationen sollte zuvor die richtige Kommunikationsstrategie gewählt und entwickelt werden.
Der Streik ist als legitimes Kampfmittel im Tarifstreit oftmals nicht zu verhindern. Eine gut durchdachte Vorbereitung kann diesen „harten Schlag“ jedoch bereits vor Beginn des Arbeitskampfs in seinen Auswirkungen abmildern.