Auf Arbeitnehmerseite bestehen verschiedenste Wünsche hinsichtlich der Dauer und Verteilung der Arbeitszeit. Das hat nicht nur mit einer geänderten Lebensplanung der Generation Z zu tun. Der Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von Elternschaft und Beruf, die Pflege von Familienangehörigen und eine allgemein älter werdende Bevölkerung haben den Bedarf an differenzierten Teilzeitangeboten in unterschiedlichen Lebensphasen wachsen lassen. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren darauf reagiert. Dabei gibt es verschiedene Anspruchsgrundlagen von Arbeitnehmern auf Teilzeitbeschäftigung:
1. Allgemeiner Anspruch auf unbefristete Arbeitszeitverringerung
Die zentrale Anspruchsgrundlage für den Antrag eines Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit befindet sich in Paragraf 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, können demnach eine Verringerung ihrer im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit verlangen.
Hierzu müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein: So besteht der Anspruch nur gegenüber Arbeitgebern, die im gesamten Unternehmen (nicht: im Betrieb) regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen. Bei der Berechnung gilt das sogenannte Kopfprinzip. Demnach zählen Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer gleichermaßen. Auszubildende bleiben bei der Zählung außen vor.
Für den Antrag des Arbeitnehmers bestehen Form- und Fristerfordernisse. So muss der Antrag in Textform (zum Beispiel per E-Mail) gestellt werden. Die Verringerung der Arbeitszeit (einschließlich des Umfangs) muss der Arbeitnehmer zudem spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn geltend machen. Dabei soll der Arbeitnehmer auch die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit angeben. Zudem gilt folgende Sperrfrist: Hatte der Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit einer Verringerung der Arbeitszeit zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt, kann der Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen.
Liegt dem Arbeitgeber ein form- und fristgerechter Antrag vor, hat er mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung (einschließlich der Verteilung) der Arbeitszeit zu erörtern. Will der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch oder auch nur die gewünschte Verteilung ablehnen, muss er dem Arbeitnehmer die Ablehnung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn – wiederum in Textform (also nicht nur mündlich) – mitteilen.
An dieser Stelle ist für Arbeitgeber Vorsicht geboten: Die Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer und – wenn kein Einvernehmen erreicht wird – die Mitteilung der Ablehnung des Verringerungs- und/oder Verteilungswunsches müssen unbedingt, form- und fristgerecht erfolgen. Ansonsten droht der Eintritt der sogenannten Fiktionswirkung: Das heißt, dass sich die Arbeitszeit automatisch im gewünschten Umfang verringert und die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt gilt.
Arbeitgeber können den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ablehnen. Dafür brauchen sie aber „betriebliche Gründe“. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Das Bundesarbeitsgericht prüft das Vorliegen des betrieblichen Grundes nach der „Drei-Stufen-Theorie“.
Auf der ersten Stufe ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung ein betriebliches Organisationskonzept zu Grunde liegt und – wenn das der Fall ist – um welches Konzept es sich handelt. Auf Stufe 2 wird untersucht, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Auf der abschließenden dritten Stufe wird das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe geprüft (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2015 – 9 AZR 735/13).
2. Anspruch auf „Brückenteilzeit“
Seit 1. Januar 2019 können Arbeitnehmer in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 45 Arbeitnehmern zudem eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit verlangen, Paragraf 9a TzBfG. Der Zeitraum muss zwischen einem Jahr und fünf Jahren betragen.
Die Voraussetzungen, das Verfahren und die Rechtsfolgen der „Brückenteilzeit“ sind weitgehend dem allgemeinen Teilzeitanspruch aus Paragraf 8 TzBfG nachgebildet und variieren eher in Nuancen. Der Gesetzgeber sieht für Arbeitgeber mit maximal 200 Arbeitnehmern aber einen wichtigen weiteren Ablehnungsgrund ausdrücklich vor: In solchen Unternehmen kann das Verlangen eines Arbeitnehmers auch abgelehnt werden, wenn zum Zeitpunkt des begehrten Beginns der verringerten Arbeitszeit in Abhängigkeit von der Arbeitnehmerzahl des Unternehmens sich eine im Einzelnen vom Gesetz festgelegte Zahl von Arbeitnehmern bereits in „Brückenteilzeit“ befindet.
3. Anspruch auf Teilzeit schwerbehinderter Menschen
Für Schwerbehinderte und ihnen gemäß Paragraf 2 Absatz 3 SGB XI gleichgestellte Menschen hält Paragraf 164 Absatz 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) IX einen besonders weitgehenden Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bereit. Unabhängig von der Größe des Unternehmens dürfen schwerbehinderte Menschen die Arbeitszeit verringern, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist.
Damit besteht dieser Anspruch auch in Kleinunternehmen mit bis zu 15 Arbeitnehmern, zudem bereits vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses an – nicht erst nach Ablauf von sechs Monaten. Die Herabsetzung der Arbeitszeit darf nach Paragraf 164 Absatz 5 Satz 3 SGB IX zudem zeitlich befristet werden. Außerdem gesteht die Spezialregelung schwerbehinderten Menschen bereits vor Ablauf der 2-Jahres-Frist des Paragrafs 8 Absatz 6 oder der 1-Jahres-Frist des Paragrafs 9a TzBfG eine erneute Arbeitszeitverringerung zu.
Die Anforderungen für Arbeitgeber, das Teilzeitbegehren abzulehnen, sind im Vergleich zu den allgemeinen Regelungen noch einmal höher: „Lediglich“ betriebliche Gründe reichen nicht aus. Die Erfüllung des Teilzeitanspruchs muss dem Arbeitgeber stattdessen unzumutbar sein.
4. Anspruch auf Elternteilzeit
Arbeitnehmer, die Elternzeit verlangen können, haben unter den gesetzlichen Voraussetzungen des Paragraf 15 Absatz 5 bis Absatz 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen Anspruch auf Elternteilzeit. Da der Gesetzgeber diese Arbeitnehmer als besonders schutzwürdig erachtet, sind die Anforderungen der Ablehnung für Arbeitgeber hoch. Zum einen muss eine fristgerechte Ablehnung schriftlich begründet werden. Zudem reichen „betriebliche Gründe“ in diesen Fällen nicht aus. Das Gesetz verlangt des Weiteren, dass die betrieblichen Ablehnungsgründe „dringend“ – das heißt zwingend und unabweisbar – sind.
5. Anspruch auf Pflegezeit und Familienpflegezeit
Für die häusliche Pflege eines pflegedürftigen nahen Angehörigen sehen zudem Paragraf 3 Pflegezeitgesetz und Paragraf 2 Familienpflegezeitgesetz Ansprüche von Arbeitnehmern auf Freistellung beziehungsweise Verringerung der Arbeitszeit zu.
Die Familienpflegezeit ist zeitlich auf maximal 24 Monate begrenzt und umfasst nur eine teilweise Verringerung der Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer muss während der Familienpflegezeit mindestens 15 Stunden pro Woche tätig sein. Währenddessen ist die Pflegezeit grundsätzlich auf eine Höchstdauer von sechs Monaten begrenzt. Im Gegensatz zur Familienpflegezeit ist bei der Pflegezeit jedoch eine vollständige Freistellung möglich.
Die Voraussetzungen und das Antragsverfahren bei Pflegezeit und Familienpflegezeit sind zwar in Teilen den allgemeinen Teilzeitansprüchen in Grundzügen nachgebildet. Jedoch kommt es aufgrund der besonderen Situation zu Abweichungen. Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, sich mit den jeweiligen Details von Pflegezeit und Familienpflegezeit im Einzelnen vertraut zu machen, wenn Arbeitnehmer mit entsprechenden Wünschen und Anträgen auf sie zukommen.
Sonderfall: Arbeit auf Abruf
Eine besondere Form flexibler Arbeitszeitgestaltung ist die Arbeit auf Abruf, Paragraf 12 TzBfG. Bei Arbeit auf Abruf/Abrufarbeit (nicht zu verwechseln mit der vor allem im Klinikbereich verbreiteten Rufbereitschaft) legen die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit fest (zum Beispiel 20 Stunden pro Woche – verteilt auf vier Arbeitstage à fünf Stunden).
Die Festlegung kann als Mindest- oder Höchstarbeitszeit erfolgen. Wird Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Wird eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
Wichtig: Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung besteht nur, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt.
Exkurs: Arbeitszeiterhöhung
Ansprüche von Arbeitnehmern auf Arbeitszeitveränderung können jedoch nicht ausschließlich auf die Verringerung der Arbeitszeit, sondern ebenso auf die Erhöhung der Arbeitszeit gerichtet sein. Gemäß Paragraf 9 TzBfG hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer muss den Wunsch in Textform anzeigen. Zurückgelegte Beschäftigungsdauer und Betriebsgröße spielen keine Rolle.
Anders als bei den oben genannten Ansprüchen auf Arbeitszeitverringerung gibt es keine Fiktion. Insoweit kann für Arbeitgeber und Personalverantwortliche Entwarnung gegeben werden. Wenn Arbeitgeber dem Anliegen des Arbeitnehmers nicht zustimmen, muss der Arbeitnehmer die Arbeitszeitänderung gerichtlich einklagen. Außerhalb und innerhalb eines solchen Verfahrens kann sich der Arbeitgeber auf die im Gesetz benannten Verweigerungsgründe berufen:
- es handelt sich nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt,
- der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ist nicht mindestens gleich geeignet wie ein anderer vom Arbeitgeber bevorzugter Bewerber,
- Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer oder
- entgegenstehende dringende betriebliche Gründe.
Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt Arbeitgebern zugute. Demnach hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber einzurichtende und zu besetzende Arbeitsplätze nach den Arbeitszeitwünschen des Arbeitnehmers schafft, zuschneidet oder ihm die für einen anderen (Teilzeit-)Arbeitsplatz vorgesehene Arbeitszeit ganz oder teilweise zuteilt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2016 – 7 AZR 828/13).
Beteiligung des Betriebsrats
Die Verringerung der Arbeitszeit unterliegt als solche nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt der Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit weder eine Einstellung (quasi als „neuer“ Teilzeitarbeitnehmer) noch eine Versetzung (auf einen „anderen“ Teilzeitarbeitsplatz) dar (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.01.2005 – 1 ABR 59/03).
Wie bei Vollzeitbeschäftigten steht dem Betriebsrat jedoch auch bei Teilzeitbeschäftigten ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu (Paragraf 87 Absatz 1 Nummer 2 Betriebsverfassungsgesetz).
Im gerade beschriebenen Fall der Arbeitszeiterhöhung nach Paragraf 9 TzBfG ist hingegen Vorsicht geboten. Das Bundesarbeitsgericht sieht in einer Arbeitszeiterhöhung im laufenden Arbeitsverhältnis (Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit) eine mitbestimmungspflichtige Einstellung, wenn die Erhöhung der Arbeitszeit mehr als einen Monat andauern soll und mindestens zehn Stunden pro Woche beträgt (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.12.2008 – 1 ABR 74/07).
Darüber hinaus trifft den Arbeitgeber nach Paragraf 7 Abs. 4 TzBfG die Verpflichtung, den Betriebsrat über die Wünsche von Arbeitnehmern nach Veränderung von Dauer und/oder Lage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit sowie über Teilzeitarbeit im Betrieb und Unternehmen zu informieren, insbesondere über vorhandene oder geplante Teilzeitarbeitsplätze und über die Umwandlung von Teilzeitarbeitsplätzen in Vollzeitarbeitsplätze oder umgekehrt.
„Versteckte“ Regelungen im Tarifvertrag
Für Arbeitnehmer mit Teilzeitwünschen stehen unterschiedliche gesetzliche Ansprüche bereit. Wendet ein Arbeitgeber im Betrieb einen Tarifvertrag (kraft Mitgliedschaft im Verband, arbeitsvertraglicher Bezugnahme oder Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags) an, sollte zudem der Tarifvertrag geprüft werden. Auch darin „verstecken“ sich regelmäßig Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung. Für Arbeitgeber ist es bei der Vielzahl an Regelungen, die quer über Gesetze und Tarifverträge verteilt sind, wichtig, den Überblick zu behalten.
Denn die jeweiligen Normen unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Besondere Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite geboten, wenn Arbeitnehmer den allgemeinen Teilzeitanspruch (Paragraf 8 TzBfG) oder Elternteilzeit verlangen. Hier besteht die Gefahr, dass ohne rechtzeitiges Handeln des Arbeitgebers der Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers Realität wird. Diese Fiktionswirkung lässt sich verhindern, indem Arbeitgeber form- und fristgerecht auf den Antrag des Arbeitnehmers reagieren.
Michael Riedel ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei ADVANT Beiten in Berlin. Er berät auf Arbeitgeberseite umfassend im Individual- und Kollektivarbeitsrecht mit besonderem Augenmerk auf Einrichtungen des Gesundheitswesens.
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