­Verwaltungs- und Compliance­aufgaben nehmen in 2025 zu

Arbeitsrecht

Die Anforderungen an HR wachsen. Unter dem Label „People & Culture“ soll es mittlerweile die Unternehmenskultur prägen. Als strategischer Partner soll HR dem operativen Management zur Seite stehen. Für die modern gewordenen agilen Arbeitsformen soll HR stets die richtigen Kräfte in der richtigen Zusammensetzung liefern. Und in Zeiten des Fachkräftemangels und der digitalen Transformation soll HR am besten bereits heute die Qualifikationen von morgen antizipieren und sie den Beschäftigten vermitteln – dies alles natürlich mit überschaubarem Budget.

Zugleich muss HR eine stetig wachsende Zahl regulatorischer Vorgaben einhalten. Die Beachtung und Durchsetzung von Arbeitsschutz, Arbeitszeitvorgaben, Beschäftigten-Datenschutz und vielem mehr bindet bereits heute viele Ressourcen, die für die strategischen Aufgaben fehlen. Das Jahr 2025 verspricht keine Verbesserung, sondern eher eine Ausweitung der Regulatorik.

Geringfügige Entlastung in der Nachweispflicht

Eine gute Nachricht vorweg soll nicht zu kurz kommen: Der Gesetzgeber ist noch zu bürokratischen Entlastungen in der Lage. Nach einem – leider viel zu langen – politischen Tauziehen tritt zum 1. Januar 2025 das Bürokratieentlastungsgesetz IV in Kraft. Es beendet die in der Praxis viel kritisierte strenge Nachweispflicht, die eine Information der Beschäftigten über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen in schriftlicher Form vorschrieb. Unternehmen, die solche Nachweise nicht auf Papier ausgedruckt und mit Original-Unterschrift verteilten, riskierten Bußgelder.

Doch es findet keine umfassende Erleichterung statt. Die Nachweispflicht bleibt (auch wenn die elektronische Fassung künftig ausreicht) und die Schriftform im Arbeitsverhältnis wird nicht vollends abgeschafft. Befristete Verträge sind weiterhin mit „wet ink“ abzuschließen. Gleiches gilt für nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Kündigungsschreiben. Außerdem gilt der Nachweis in Schriftform weiter uneingeschränkt für die Branchen, die im Geltungsbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes arbeiten. Dazu gehören insbesondere die Gastronomie und Hotellerie, das Baugewerbe, die Logistikunternehmen, die Fleischwirtschaft und die Wach- und Sicherheitsbranche. Im Ergebnis muss HR weiterhin Checklisten vorhalten, um die einschlägigen Schriftformerfordernisse zu prüfen und – sofern einschlägig – deren Einhaltung sicherzustellen. Bei aller Freude über viele Tonnen gespartes Papier – echte Entlastung sähe anders aus.

Strengerer Beschäftigtendatenschutz geplant

Datenschutz ist spätestens seit dem Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung im Jahr 2018 eine wesentliche Aufgabe des HR-Bereichs geworden. 2025 sind einige Neuerungen zu erwarten.

Mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2024/1689, auch als KI-Verordnung oder EU AI Act bezeichnet, im vergangenen Jahr werden in 2025 bereits einige Pflichten beim Einsatz von KI aktiviert. Die Regulierung der sogenannten Hochrisiko-Systeme – in diese Kategorie werden die meisten im HR eingesetzten Systeme fallen – wird zwar erst im Jahr 2027 vollständig greifen. Doch bereits im kommenden Jahr gilt zum Beispiel das Verbot ausgewählter KI-Systeme. Vor jedem Einsatz wird HR also zumindest überprüfen müssen, in welche Kategorie ein KI-System fällt.

Erst kürzlich verbreitete sich zudem der Entwurf eines neuen Beschäftigten-Datenschutzgesetzes. Mit dem Scheitern der Ampelkoalition dürfte dieser Entwurf es bis zu den nun erwarteten Neuwahlen nicht mehr zur Umsetzung schaffen. Doch das Thema wird uns in der nächsten Legislaturperiode weiter beschäftigen. Gewiss ist ein sorgfältiger Schutz der personenbezogenen Daten der Beschäftigten von hoher Bedeutung. Doch dieses Gesetzesvorhaben verdeutlicht sehr gut die für HR schwer zu managende Komplexität aus dem Zusammenspiel zwischen EU- und nationalem Recht:
Aus dem europäischen Recht folgt – insoweit ist sich die Fachwelt wohl einig – bereits ein im internationalen Vergleich strenger Schutz der personenbezogenen Daten im Arbeitsverhältnis. Der nationale Gesetzgeber möchte nun die Vorgaben mit dem neuen Entwurf präzisieren.

Im Ergebnis würde ein deutsches Gesetz entstehen, das die schon vorhandenen europarechtlichen Pflichten zum Teil wiedergibt, zum Teil vielleicht erweitert (eine Erleichterung wäre wegen des Vorrangs europäischen Rechts nicht zulässig). Deutsche Gerichte müssten dann bei der Auslegung des Gesetzes die Vorgaben der EU und insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) berücksichtigen. Die vermeintliche rechtliche Klarheit, die das nationale Gesetz bringen soll, wird gewiss zahlreiche Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH mit sich bringen. Und bei der Anwendung des neuen Datenschutzgesetzes müsste HR stets die europäische Dimension mitdenken. Spätestens wenn sich auf der Ebene der EU die Regelungen ändern, aber der deutsche Gesetzgeber nicht rechtzeitig nachsteuert, entstünde ein kaum zu durchblickendes Konstrukt datenschutzrechtlicher Vorgaben.

Entgelttransparenz

Equal Pay hat mittlerweile – völlig zu Recht – in vielen Unternehmen einen hohen Stellenwert in der Personalpolitik erlangt. Erst für 2026 steht die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie an. Doch eine Gesetzesinitiative ist bereits für 2025 denkbar. Die nun gescheiterte Ampelkoalition hatte bereits einen baldigen Referentenentwurf angekündigt. Eine neue Regierung wird das Thema nicht ignorieren können und dürfte die Umsetzung der EU-Richtlinie zeitnah auf die politische Agenda setzen.

Mit dem erwarteten Umsetzungsgesetz kommen weitere Transparenzpflichten auf Unternehmen zu. Das schon bestehende System der Auskunftsrechte nach dem Entgelttransparenzgesetz dürfte erweitert werden. Unternehmen werden ihre Gehaltssysteme transparent kommunizieren müssen, zum Beispiel in Stellenausschreibungen. Selbst wenn die gesetzlichen Pflichten erst 2026 greifen sollten – um den Transparenzpflichten genügen zu können und keine Überraschungen zu erleben –, werden weitsichtig handelnde Unternehmen bereits 2025 anfangen, ihre Gehaltssysteme kritisch zu hinterfragen (siehe auch Seite 58). Dies gilt umso mehr, als die EU-Richtlinie nicht nur bloße Transparenzvorschriften enthält. Sobald ein nicht nur geringfügiger Gender-Pay-Gap festgestellt wird, müssen Unternehmen mit ihren Mitarbeitervertretungen über Maßnahmen zur Abhilfe verhandeln. Das Vorhaben der Entgelttransparenzrichtlinie ist zwar aller Ehren wert und wird nicht infrage gestellt. Ob die regulatorischen Vorgaben der Richtlinie dem Ziel einer gerechten Vergütung dienen, wird sich zeigen. Und die Ressourcen, die die neuen Regelungen binden werden, sind beachtlich. Wer bereits in Entgelttransparenzprojekten involviert war oder rechtliche Streitigkeiten über Auskunftsansprüche aus dem Entgelttransparenzgesetz geführt hat, wird dies bestätigen können.

Nachhaltige Beschäftigungsbedingungen im Fokus

Eine Vielzahl von Unternehmen wird in naher Zukunft Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen müssen oder muss dies bereits heute. Die Vorgaben folgen aus der Corporate Social Responsibility Directive (CSRD), einer seit einiger Zeit existierenden EU-Richtlinie. Das deutsche Gesetz zur Umsetzung sollte 2024 verabschiedet werden, doch aktuell ist ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht abzusehen. Der Personalbereich hat insoweit eine wichtige Funktion als Zulieferer von Daten. Gegenstand der Berichtspflicht sind unter anderem nachhaltige Beschäftigungsbedingungen, wozu Aspekte wie Equal Pay und Arbeitsschutz zählen. Der resultierende Aufwand für HR ist enorm und wird weiter wachsen.

Die wesentliche Herausforderung wird 2025 darin liegen, die noch unklaren detaillierten Vorgaben zu den Inhalten der Nachhaltigkeitsberichte zu managen. Exemplarisch lässt sich die Berichtspflicht nach dem Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erwähnen. Die dort vorgesehenen Berichte – unter anderem zur Einhaltung von Beschäftigungsstandards in der gesamten Lieferkette – sollten ab 2023 erstellt werden. Zuletzt zeichnete sich eine Verschiebung der Einreichungsfrist auf den 31.12.2025 ab. Nun allerdings gelangten Äußerungen des Bundeskanzlers Olaf Scholz auf einem Treffen mit Arbeitgeberverbänden in die Medien, wonach das LkSG gänzlich abgeschafft werden solle.

Schon bevor die Ampelkoalition zerbrach, war es sehr fraglich, ob der Gesetzgeber diesen Worten Taten hätte folgen lassen. Der Vorgang verdeutlicht aber, wie die ohnehin schwer zu stemmenden regulatorischen Anforderungen immer wieder zum politischen Spielball werden. Dieses Hin und Her macht es einem vorausschauend planenden Personalbereich umso schwerer, sich auf die komplexen Compliance-Pflichten einzustellen. Auf diese Weise wird letztlich das legitime Ziel einer gesetzlichen Regelung in Mitleidenschaft gezogen. Niemand wird ernsthaft Einwände gegen faire Beschäftigungsbedingungen in der ­Lieferkette haben – erst recht nicht die Personalbereiche der betroffenen Unternehmen. Doch die „Blackbox“ der Berichtspflichten lässt das Thema als schwer beherrschbares und darum lästiges To-do erscheinen.

Dauerbrenner Arbeitszeiterfassung weiter unklar

Der rechtliche Dauerbrenner Arbeitszeiterfassung wird uns 2025 weiter beschäftigen. Die meisten Personalbereiche sind bereits mit der EuGH- und BAG-Rechtsprechung in Kontakt gekommen, die eine umfassende Erfassung der Arbeitszeit (Anfang, Ende und Dauer der täglichen Arbeit) für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich hält – auch wenn sich diese Pflicht aus keinem deutschen Gesetz ausdrücklich ergibt. Wie Unternehmen dieser Pflicht ordnungsgemäß nachkommen können, wenn sie für ihre Belegschaft Vertrauensarbeitszeit eingeführt haben, kann bisher niemand sicher beantworten. Die Ankündigung des Gesetzgebers, zügig eine gesetzliche Regelung zu schaffen, ist mittlerweile über zwei Jahre her. Mehr als ein sehr knapper Gesetzesentwurf – der in den letzten Wochen vor den erwarteten Neuwahlen gewiss nicht mehr verabschiedet wird – kam nicht zustande.

Die Personalbereiche werden sich daher in 2025 weiterhin die Frage stellen müssen, ob sie die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ignorieren (Sanktionen drohen in aller Regel nicht) oder ob sie ein System anwenden, das sie mit Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung womöglich anpassen müssen, weil sich die Vorgaben im Detail geändert haben. Die meisten Unternehmen, die bislang keine detaillierte Arbeitszeiterfassung hatten, entscheiden sich bisher – nach Auffassung des Autors nachvollziehbar – für die erste Variante.

Die neue Bundesregierung wird das Thema Arbeitszeiterfassung nicht ignorieren können. Wenn dann eine gesetzliche Regelung kommt, wird HR mit der Umsetzung einigen Aufwand haben. Nach der Umsetzung bleibt die dauerhafte Erfassung und Kontrolle der erfassten Daten als Aufgabe. Der Aufwand wird gewiss erheblich sein. Zumindest aber wüssten die Unternehmen dann endlich, woran sie sind.

2025 wird für HR ein herausforderndes Jahr. Auch wenn das Bürokratieentlastungsgesetz IV manche Vereinfachungen mit sich bringt, steigen die Verwaltungs- und Complianceaufgaben für HR. Die neue Bundesregierung sollte mit weiteren derartigen Projekten zurückhaltend sein. Vor allem aber sollte sie einmal angegangene Projekte gründlich planen und dann zügig und entschlossen umsetzen. Ein weiteres Hin und Her wie in den letzten Jahren kostet den HR-Bereich viele Ressourcen, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Exzellenz. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Christoph Seidler

Osborne Clarke
Christoph Seidler ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke in Hamburg. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in betriebsverfassungs-rechtlichen Fragen, insbesondere im Kontext von New Work und Arbeitsrecht 4.0.

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