Kriminelle Mitarbeiter: Wann es sich lohnt, eine Detektei zu beauftragen

Arbeitsrecht

Manchmal liegt der Feind nicht im eigenen Bett, sondern steht sogar auf der eigenen Payroll. Die Rede ist von kriminellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich nicht nur „irgendwie falsch“ verhalten, sondern schwerwiegende Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis begehen. Haben Unternehmen einen entsprechenden Verdacht, stehen sie vor der Herausforderung, den Beschäftigten das Fehlhalten nachzuweisen. Denn selbst für die sogenannte Verdachtskündigung verlangen Arbeitsgerichte von Arbeitgebern die Vorlage dringender Verdachtsmomente. Bei der Überführung krimineller Arbeitnehmer und dem Sammeln gerichtsfester Beweise können sich Unternehmen von Detekteien unterstützen lassen. Im Idealfall kann das Unternehmen anschließend nicht nur wirksam kündigen, sondern stellt dem Arbeitnehmer auch die Detektivkosten in Rechnung. Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 15. Februar 2025 (7 Sa 635/23) stärkt Unternehmen hierbei den Rücken.

Die Herausforderung

Arbeitsverhältnisse sind von gegenseitigem Vertrauen geprägt – und dies nicht erst, seit „New Work“ in aller Munde ist. Führungskräfte pflegen heute einen wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitern. Das „Wir“ steht im Mittelpunkt. Andernfalls wäre es kaum möglich, gut Arbeitnehmer zu finden und an die Unternehmen zu binden. Die Überwachung oder gar Bespitzelung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist mit dieser Kultur schwer vereinbar.

Auf der anderen Seite entstehen Unternehmen jährlich Milliardenschäden durch kriminelles Fehlverhalten ihrer Angestellten. Dabei handelt es sich oftmals um Fälle von

  • Arbeitszeitbetrug (der „Klassiker“),
  • vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit,
  • unerlaubte Nebentätigkeit,
  • Diebstahl von Waren,
  • Untreue,
  • Mauscheleien bei Provisionen im Vertrieb.

Arbeitgeber stehen dabei regelmäßig vor der Herausforderung, dem Täter das Fehlverhalten nachzuweisen. Denn sowohl im Kündigungsschutzverfahren als auch in einem Schadensersatzprozess trifft das Unternehmen die sogenannte Darlegungs- und Beweislast. Das heißt: Arbeitgeber müssen bei Gericht Tatsachen für das kriminelle Verhalten der Arbeitnehmer vorlegen. Dies gilt übrigens auch bei der sogenannten Verdachtskündigung. Bei dieser Fallgruppe lässt sich dem Mitarbeiter ein Fehlverhalten nicht zweifelsfrei nachweisen. Die Arbeitsgerichte fordern jedoch auch hier vom Arbeitgeber die Vorlage sogenannter Verdachtstatsachen, die einen dringenden Verdacht gegen den Arbeitnehmer begründen.

Oftmals scheitern Unternehmen an dieser Hürde. Den Arbeitgebern fehlen die Beweismittel. In der Folge scheitert die Kündigung und eine Trennung erfolgt allenfalls gegen Zahlung einer hohen Abfindung. Um diesem Dilemma zu entkommen, bietet sich bei der Aufklärung von gravierenden Pflichtverletzungen die Zusammenarbeit mit professionellen Detekteien an.

(Datenschutz-)Rechtlicher Rahmen für den Einsatz von Detektiven

Der Einsatz von Detektiven und die von Detekteien eingeleiteten Maßnahmen (zum Beispiel Observation, Einsatz von Peilsendern) greift regelmäßig in grundrechtlich und datenschutzrechtliche geschützte Positionen des Arbeitnehmers ein. Diese Eingriffe sind jedoch zulässig, wenn:

  • tatsächliche Anhaltspunkte (zum Beispiel Aussage eines Zeugen) den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat bzw. weiterhin begeht,
  • die Verdachtsmomente vom Arbeitgeber dokumentiert werden (z.B. durch Protokolle der Zeugenaussagen),
  • die eingesetzten Mittel zur Aufdeckung erforderlich (d.h. keine milderen, gleich wirksamen Mittel gegeben) sind und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Datenverarbeitung nicht überwiegt. Insbesondere Art und Ausmaß des Einsatzes der Detektei dürfen im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sein.

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Im eingangs zitierten aktuellen Fall des LAG Köln sahen die Richter diese Voraussetzungen als erfüllt an. Im Mittelpunkt des Falles stand ein Fahrkartenkontrolleur mit festen Arbeitszeiten. Dessen Kollegen äußerten den Verdacht, dass der Arbeitnehmer Pausen nicht korrekt in der Zeiterfassungsapp eintrug. Das ÖPNV-Unternehmen beauftragte eine Detektei. Jene beobachte und fotografierte den Mitarbeiter. Außerdem brachte die Detektei einen GPS-Sender an dem während der Schichtzeiten genutzten Dienstfahrzeug an. Das Ergebnis der Ermittlungen: der Fahrkartenkontrolleur verbrachte teilweise mehrere Stunden am Tag in einer Bäckerei oder beim Besuch seiner Freundin, ohne diese Zeiten als Pause und Unterbrechung der Arbeitszeit zu kennzeichnen.

Die Rechnung des Detektivs zahlt der Arbeitnehmer

Das LAG hat im vorliegenden Fall nicht nur die außerordentliche fristlose Kündigung als wirksam angesehen, sondern den gekündigten Arbeitnehmer auch zur Erstattung der Kosten des Detektivs (über 20.000 Euro) verurteilt. Damit folgte das LAG den bereits bisher geltenden Grundsätzen in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung. Demnach hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.

Mein Fazit

Unternehmen sollten den Einsatz seriöser und spezialisierter Detekteien bei der Aufklärung schwerwiegender Compliance-Verstöße prüfen. Datenschutz und Grundrechte sind keine Argumente, die einen Detektiv-Einsatz von vornherein ausschlössen. Aber: bitte mit Augenmaß. Denn die Stundensätze und Tagespauschalen für Detektive sind hoch. Die Kosten der Detektei bekommen Arbeitgeber nur ersetzt, wenn deren Beauftragung erforderlich war. Hier gilt als Faustformel: je schwerer das Fehlverhalten (zum Beispiel Straftaten) und je dringender die bereits bestehenden Anfangsverdachtsmomente (zum Beispiel Aussagen von Kolleginnen und Kollegen), umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitnehmer am Ende auch den Detektiv zahlen muss.

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Michael Riedel

Michael Riedel ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei ADVANT Beiten in Berlin. Er berät auf Arbeitgeberseite umfassend im Individual- und Kollektivarbeitsrecht mit besonderem Augenmerk auf Einrichtungen des Gesundheitswesens.

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