Die Kultur der Innovation

Personalmanagement

Jahrelang wurde immer wieder beklagt, dass deutsche Unternehmen beim Aufbau ihrer digitalen Infrastruktur im Bereich HR im internationalen Vergleich hinterherhinken. Doch eine neue Studie zeigt, dass sich etwas getan hat. Durch Deutschland ist endlich ein Ruck gegangen, wie es so schön heißt. Folgte auf den digitalen Wandel aber auch ein Wandel der Unternehmenskultur?

Die vierte industrielle Revolution, wie die Digitalisierung auch häufig genannt wird, erfordert, dass Mitarbeiter permanent ihre Skills neu definieren und „updaten“ müssen, um den Anforderungen an den Arbeitsplatz der Zukunft erfüllen zu können. Es handelt sich dabei jedoch nicht nur um Fachkompetenzen und Schlüsselfertigkeiten, sondern auch die Einstellungen und Soft-Skills von Managern und Mitarbeitern vor dem Hintergrund eines neu heranbrechenden Zeitalters.

IDC und Cornerstone OnDemand haben diese Entwicklung zum Anlass genommen, europaweit über 1.900 HR und IT-Entscheider sowie Führungskräfte in einer repräsentativen Studie namens Future Culture: Building a Culture of Innovation in the Age of Digital Transformation zu befragen, wie Innovation und Innovationskultur in den jeweiligen Unternehmen genau aussieht. Verglichen wurden dabei die Ergebnisse auch mit den Erhebungen aus den Jahren zuvor, die der DACH-Region ein äußerst nüchternes Zeugnis ausstellten. 2017 gaben noch knapp 20 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie sich noch in keiner Weise mit der Digitalisierung beschäftigt hätten – 2018 sind es nur noch 7 Prozent. Auch der Mangel an kompatiblen Technologien und Tools ist von knapp 25 Prozent auf unter 15 Prozent gesunken. Ein Grund dürfte die bald in Kraft tretende Datenschutzgrundverordnung sein. Doch die europäische Norm aus Brüssel kann diesen Wertewandel alleine nicht erklären. So stellte man beispielsweise noch 2017 fest, dass zwei der drei größten Hindernisse für die digitale Transformation die Menschen betreffen: 43 Prozent gaben damals einen kulturellen Widerstand an und 28 Prozent sagten aus, dass es ihnen schwerfällt die nötigen Talente und Fachkräfte im Unternehmen zu binden.

Interessant sind hier nicht nur die Unterschiede im Vergleich zu den Vorjahren, sondern auch zwischen den Ländern. So tun sich nicht nur zwischen der DACH-Region und den anderen europäischen Nationen teilweise große Unterschiede auf, sondern auch zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz. In der aktuellen Studie nannten noch über 30 Prozent der Befragten in Deutschland kulturelle Widerstände als Bremsstein des digitalen Wandels – in der Schweiz lag dieser Wert bei nur 24 Prozent vor, in Österreich hingegen bei fast 40 Prozent. Am offensten standen die Skandinavier der Digitalisierung gegenüber, in Schweden und Norwegen sind die Werte mit 26 und 23 Prozent deutlich niedriger.

Vertrauen ist keine Einbahnstraße

Natürlich bedeutet ein Wandel auch immer ein Umdenken – und das macht vielen Angst und erzeugt mentale Barrieren. Deswegen müssen Führungskräfte zuerst lernen, die Skill-Economy zu verstehen und sie entsprechend zu steuern. Wer am Arbeitsplatz von Morgen teilhaben und sich in die moderne Informationsgesellschaft einbringen will, der muss heute mit der Kultur der Neugierde und des Lernens beginnen, die sogenannte Culture of Innovation.

Und mit Neugierde und Lernen ist das ja auch immer so eine Sache; beides dreht sich ums Entdecken und bekannte Sachverhalte neu zu denken. Genau dieses neue Denken, ob groß oder klein, stört aus Sicht vieler Entscheider jedoch den Status quo. Um Innovation zu fördern, muss eine Organisation natürlich auch immer ein wenig Transparenz zulassen. So sehr ein Mitarbeiter seinem Arbeitgeber vertrauen sollte, sollte der Chef auch seinen Mitarbeitern vertrauen. Wir alle haben schließlich schon die Zeit des Micro-Managements erlebt und wissen, dass diese Art von „Over-Management“ destruktiv und erstickend sein kann. Ein gewisses Maß an Freiheit, autonom zu arbeiten und mit Kollegen zusammenzuarbeiten, hat nämlich nicht nur Vorteile für Unternehmen, sondern baut auch die kulturellen Barrieren für den digitalen Wandel in den Köpfen der Menschen ab.

In vielen dieser Punkten bewegen sich die DACH-Länder immerhin mittlerweile im europäischen Durchschnitt – was nicht immer der Fall gewesen ist. So gaben immerhin 74 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass im eigenen Unternehmen intern Transparenz herrscht. 47 Prozent bewerteten ihren Arbeitgeber sogar positiv und würden ihn weiterempfehlen. Geld ist also nicht die primäre Einschränkung in der Personalförderung, sondern der Faktor Zeit. Den Mitarbeitern Zeit zu geben, sich zu entwickeln und neue Dinge zu lernen, ist eine der wirkungsvollsten Entscheidungen, die eine Organisation treffen kann. Zu definieren, wie viel Zeit jedoch jeder Mitarbeiter für sein eigenes Lernen und seine Entwicklung hat, hängt eben von der jeweiligen Unternehmenskultur und den Bedürfnissen der Organisation ab.

Wichtig ist, dass Manager den langfristigen Nutzen der Culture of Innovation erkennen. Um eine Kultur der Innovation aufzubauen, müssen Unternehmen also erst einmal ihre wichtigsten Anforderungen und Kernkompetenzen festlegen. Einige konzentrieren sich beispielsweise stark auf Produkt- oder Dienstleistungsinnovationen. Sie suchen häufig nach Möglichkeiten, ihre bestehenden Lösungen durch Erweiterungen von digitalen Schnittstellen, dem IIoT oder Machine Learning zu erweitern. Andere Organisationen können auf einem stabilen Markt agieren, aber einen hohen Grad an Personen- und Prozessveränderungen feststellen, was operative Innovation erfordert. Keine dieser Vorgehensweisen ist richtig oder falsch, aber alle Organisationen sollten ihren Ansatz auf Menschen und Prozesse ausrichten, um ihr Potenzial zu maximieren. Die IDC-Studie Future Culture unterscheidet Organisationen dabei weniger nach dem Status als vielmehr nach der Anwendung und Art der Prozesse.

Neue Ökonomie der Aufmerksamkeit

HR und Führungskräfte müssen sich demnach in Verbindung mit dem digitalen Wandel der sogenannten Ökonomie der Aufmerksamkeit bewusst werden, die im Wesentlichen die Aufmerksamkeit der Menschen als Mangelware definiert. Der Fachbegriff wird gegenwärtig noch im Zusammenhang mit Social-Media-Sites wie Facebook, Twitter oder Instagram verwendet, die Wege finden müssen, um bei den Usern eine möglichst hohe Aufmerksamkeit zu erzielen. Denn jede Sekunde ihrer Aufmerksamkeit ist bares Geld. Mit der zunehmenden Vernetzung und den neuen Medien sinken schließlich die Kosten für Information und Unterhaltung immer weiter. Begrenzt ist nicht mehr der Zugang, sondern nur noch die Aufmerksamkeit der Menschen. Wenn Marken und soziale Websites auf diese Weise um ihre Aufmerksamkeit wetteifern, ist es keine Überraschung, dass sich die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen verkürzt und sie erwarten, dass sie „unterhalten“ werden.

Auch wenn es wichtig ist, Zeit für das Lernen einzuplanen, sollten die Mitarbeiter jederzeit und überall Zugang zu Lerninhalten haben, damit sie das richtige Wissen dann erhalten können, wenn es für sie am besten ist. Darüber hinaus können einige Lerninhalte in ihrem Format und ihrer Bereitstellung überarbeitet werden. Organisationen beginnen, von einer Lernbibliothek zu Lerninhaltsabonnements überzugehen. Hier setzt der digitale Wandel bei den Mitarbeitern an. So hat Maersk vor kurzem eine neue Lernstrategie eingeführt, die es seinen Mitarbeitern ermöglicht, wichtige Schulungskurse und Trainingsseminare zu absolvieren und sich dort mit ihren Kollegen zu vernetzen, unabhängig von ihrem Standort – also egal ob im Büro oder von einer Bohrinsel. Der einfache Zugang und die Fülle an Inhalten haben der Organisation geholfen, eine Kultur zu fördern, in der die Mitarbeiter nicht nur ihre zugewiesene Ausbildung rechtzeitig absolvieren, sondern auch aktiv nach relevanten Lernkursen und Materialien suchen, um ihre eigene Karriere voranzutreiben. Und das ist der kulturelle Wandel, der Hand in Hand mit der Digitalisierung einhergehen muss. Die DACH-Region ist jedoch mittlerweile auf einem guten Weg. Die Kernbotschaft muss lauten: Die Digitalisierung ist für den Menschen da – nicht umgekehrt.

Autor Sascha Grosskopf von Cornerstone OnDemand referiert zu dem Thema auch in einer Expert Session auf dem diesjährigen Personalmanagementkongress – Dienstag, 26. Juni, 14:15 bis 15:15 Uhr.

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Sascha Grosskopf, Foto: Cornerstone

Sascha Grosskopf

Head of Fieldmarketing EMEA
Cornerstone
Sascha Grosskopf leitet seit April 2014 das Field-Marketing und Demand Generation Team in EMEA bei Cornerstone OnDemand und arbeitet vom Düsseldorfer Büro aus. Grosskopf verfügt über umfassende Branchenkenntnis und detailliertes Wissen in den Bereichen Talent Management, Change Management und Unternehmensentwicklung. Vor seinem Eintritt bei Cornerstone arbeitete Grosskopf für IT Unternehmen, Unternehmensberatung und Agenturen.

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