Häufig wird bei der Suche nach dem richtigen Vertriebsmitarbeiter nach einem bestimmten Verkaufstyp gesucht. Doch diese Sicht ist überholt. Viel eher kommt es auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale an. Vier Handlungsempfehlungen
Jedes Unternehmen – unabhängig von Größe oder Branche – kennt die Bedeutung guter Vertriebsmitarbeiter für den wirtschaftlichen Erfolg. Hier kommt es noch mehr als in anderen Bereichen darauf an, die richtigen Personen einzustellen. Fehlentscheidungen können sehr weitreichende Folgen für die Produktivität haben, Kosten für eine Stellenneubesetzung verursachen, Kundenbeziehungen beeinträchtigen und negative Auswirkungen auf das Klima im Team haben.
Was macht einen erfolgreichen Vertriebsmitarbeiter aus?
Häufig wird in der Praxis zwischen verschiedenen Verkäufertypen unterschieden und analysiert, ob ein bestimmter Verkäufertyp unter bestimmten Rahmenbedingungen mehr Erfolg hat als ein anderer. So sucht man zum Beispiel nach „Farmern“ im Account-Management und nach „Huntern“ im Business Development.
Die psychologische Forschung hat aber gezeigt, dass weniger das Einteilen in verschiedene Verkaufstypen, sondern vielmehr die intensive Auseinandersetzung mit den Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen von Bewerbern zum Erfolg führt. Oft sind diejenigen Vertriebsmitarbeiter erfolgreicher, die ein stark ausgeprägtes Erfolgsbedürfnis, ein schnelles Arbeitstempo und ein großes Bedürfnis nach der Steuerung anderer zum Ausdruck bringen. Außerdem hat sich gezeigt, dass ein starkes Kontaktbedürfnis, emotionale Stabilität, ein gutes Durchhaltevermögen und eine hohe Frustrationstoleranz zentrale Erfolgsfaktoren im Vertrieb sind. Im Arbeitsalltag eines Vertrieblers kommt es häufig darauf an, sich nach fruchtlosen Akquisebemühungen wieder neu zu motivieren und sich durch erfolglose Bemühungen im alltäglichen Kundenkontakt nicht frustrieren zu lassen. Die zentrale Frage ist hierbei: Wie können diese Erkenntnisse in der Praxis genutzt werden, wenn es um unterschiedliche Zielpositionen und Organisationen geht?
1. Nehmen Sie sich genug Zeit: Finden Sie heraus, worauf es wirklich ankommt
Den „einen idealen Verkäufertyp“ gibt es nicht, ebenso wenig „das eine, perfekte Kompetenzprofil“ für Vertriebler. Wie bei jedem anderen Einstellungsprozess ist es entscheidend, vorab das Jobprofil zu beleuchten und sich mit den konkreten Anforderungen zu beschäftigen. Im Bereich Business Development sind andere Kompetenzen ausschlaggebend als im Account Management.
Eine professionelle Anforderungsanalyse zahlt sich aus, auch wenn sie Zeit erfordert. Generische Profile erscheinen häufig attraktiv, bilden spezifische Erfolgsfaktoren aber oft zu wenig ab. Ein alternativer Ansatz kann so aussehen, dass Sie ein standardisiertes Modell als Basis heranziehen und dann die spezifischen Anforderungen der Position herausarbeiten, etwa orientiert an den Phasen des Verkaufsprozesses. Für ein Startup zum Beispiel kommt es dann besonders auf Pre-Sales an, also darauf neue Kontakte aufzubauen, im Erstkontakt überzeugend aufzutreten und eine angenehme Atmosphäre für die zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen.
2. Machen Sie es nicht zu kompliziert: Verbinden Sie Qualität und Pragmatismus
Neben den recht aufwändigen Assessment Centern liefern auch ökonomischere Persönlichkeitsfragebögen wertvolle Erkenntnisse – und erlauben einen schlankeren Prozess. Während ihr Einsatz international schon länger beliebt ist, erkennen auch immer mehr deutsche Unternehmen deren Potenzial. Die psychometrische Qualität von Persönlichkeitsinstrumenten ist dabei eine Grundvoraussetzung für den Erfolg – wichtig ist aber darüber hinaus auch ihre differenzierte Aussagekraft. Verfahren, die verschiedene Dimensionen betrachten, sind Typologien dabei meist überlegen: Die detaillierteren Auswertungen ermöglichen einen fokussierten Austausch im persönlichen Gespräch.
Für den Vertrieb bietet es sich an, im Persönlichkeitsfragebogen die persönlichen Verhaltenspräferenzen und Bedürfnisse im Arbeitskontext mit einem Verkaufsmodell verknüpfen, das in drei Abschnitte unterteilt ist: Vor dem Verkauf, während des Verkaufs und nach dem Verkauf. Jeder Abschnitt besteht aus spezifischen Phasen, mit denen man den Verkaufsprozess beschreiben kann. Und jede Phase des Verkaufsprozesses ist dann im Auswertungsbericht rot, gelb oder grün eingefärbt, je nachdem wie die Auswertung für den Teilnehmer im Vergleich zur Normgruppe ausgefallen ist und ob eine Phase zu den potenziellen Stärken oder Lernfeldern zählt.
3. Führen Sie strukturierte, objektive und aussagekräftige Interviews
Eine strukturierte Vorgehensweise und ein klarer Anforderungsbezug sind die wichtigsten Schlüsselelemente, wenn es um aussagekräftige Interviews geht. Führen mehrere Leute unabhängig voneinander Interviews mit verschiedenen Bewerbern, ist ein einheitlicher Prozess auch die Grundlage für Objektivität und einen gemeinsamen Standard.
Werden Persönlichkeitsfragebögen eingesetzt, dann lassen sich die Ergebnisse im Interview mit konkreten Beispielen und den Erfahrungen des Teilnehmers validieren. Bei Vertrieblern sollten insbesondere vergangene Erfolge thematisiert werden sowie Erfahrungen mit Blick auf Neukundengewinnung, Strategien zur Marktdurchdringung und das eigene Verständnis von Kundenorientierung. So entsteht ein klares Bild der Eignung des Bewerbers – und seiner Passung ins Team.
4. Denken Sie daran, dass die Bewerber von heute die Kunden von morgen sein können
Für einen effektiven und effizienten Auswahlprozess ist es das Ziel, möglichst wenig Zeit mit ungeeigneten Bewerbern zu verbringen und so viel Zeit wie möglich mit den besten Kandidaten. Bezogen auf einen Vertriebsjob heißt das beispielsweise, dass wenn sich ein Bewerber nach dem Erstkontakt als sehr introvertiert und kontaktscheu herausstellt, es wenig Sinn macht, viel Zeit mit diesem zu verbringen. Denn vermutlich werden andere, eher extrovertierte und kontaktfreudige Bewerber den Erwartungen besser gerecht werden. Der Prozess an sich sollte aber von allen Bewerbern positiv bewertet werden. Schließlich kann der Bewerber von heute der Kunde von morgen sein.
Nach den Auswahlverfahren sollte jeder Teilnehmer eine Rückmeldung erhalten. So wird der Prozess eine wertvolle Lernerfahrung, die vielleicht sogar neue Einsichten vermittelt und die Weiterentwicklung unterstützt. Da dieses persönliche Feedback zum einen anforderungsbezogen ist, zum anderen nicht direkt mit einer Zu- oder Absage verknüpft sein muss, sind rechtliche Bedenken aus AGG Perspektive hier nicht relevant. Wichtiger ist, dass ein Bewerber unabhängig von der Besetzungsentscheidung Ihr Unternehmen in positiver Erinnerung behält.