Online-Meetings sind fester Bestandteil unserer Arbeitswelt – und, wenn sie gut gemacht sind, auch eine absolute Bereicherung. So bieten Meetings in der virtuellen Welt schnellen Informationsaustausch, sparen Reisekosten und Zeitaufwand. Trotz der schlagkräftigen Argumente für Treffen im digitalen Raum haben vermutlich viele Beschäftigte zahlreiche Negativbeispiele im Kopf oder erleben sie noch täglich in der beruflichen Praxis: stundenlange Meetings, bei denen die erste Pause zur Mittagszeit erfolgt, betreutes Vorlesen von Powerpoint-Folien im geteiltem Bildschirmmodus – die Abschlussfrage, ob alles verstanden wurde, ist dabei oft die spannendste Interaktion. Kein Wunder, dass bei vielen Teilnehmenden das Gefühl zurückbleibt, dass Online-Meetings anstrengend und nicht zielführend sind. Damit Ihr nächstes Meeting in der digitalen Welt nicht zur Frustfalle wird, sollten Sie folgende Fails auf dem Schirm haben:
Fail eins: Online funktioniert wie offline
Es ist ein Trugschluss, dass bisherige Präsenzmeetings eins zu eins in die virtuelle Welt übertragen werden können. Und dennoch bleiben viele an den bekannten Strukturen haften, alles getreu dem Motto Stick to the winning team. Jedoch spielt dieses Winning Team digital nicht gut, und genau dieses Gefühl teilen viele, die in den vergangenen zwei Jahren in das Feld der Online-Meetings eingewechselt wurden. Das sture Abarbeiten von einzelnen Agendapunkten und stundenlange Präsentationen sind die perfekte Einladung zum Abschalten. Um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden aufrechtzuerhalten, brauchen Online-Meetings eine andere Dramaturgie: kürzere Präsentationsformate (maximal 15 bis 20 Minuten), eine aktive und direkte Ansprache, mehr Beteiligung und interaktives Arbeiten.
Fail zwei: Wer braucht schon Vorbereitung?
Das erste Meeting von 9:00 Uhr bis 10:00 Uhr, dann von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr, 11:00 Uhr bis 12:00 Uhr – und so geht es munter weiter, bis Sie abends erschöpft den Rechner herunterfahren. Online-Meetings im Stundentakt scheinen Standard zu sein, schließlich ist es einfach, sich schnell in den nächsten Termin einzuklicken. Kein Wunder also, dass die Vorbereitung im durchgetakteten Alltag oft auf der Strecke bleibt. Es wäre jedoch leichtsinnig zu glauben, dass ein Meeting ohne Vorbereitung gelingt – ganz gleich ob es offline oder online stattfindet.
In der Vorbereitung von Online-Meetings steckt allerdings meist doppelt so viel Aufwand wie in Zusammenkünften in Präsenz, da Sie sich im Vorfeld Gedanken machen sollten über die Struktur, den Ablauf und über die Methoden, die im Meeting eingesetzt werden. Denn in der virtuellen Welt können Sie weniger flexibel reagieren, als Sie es im realen Besprechungsraum gewohnt sind. Dort zaubern Sie schnell ein paar Moderationskarten hervor, um die Teilnehmenden nach ihren Ideen zum Thema zu befragen. Haben Sie diese Möglichkeit im digitalen Raum nicht vorbereitet und bietet das Videokonferenzprogramm hierzu keine Funktion an, entfällt dieser vielleicht entscheidende Schritt. Erfolgreiche Online-Meetings sind also weder Glückssache noch Schicksal, sondern das Ergebnis einer guten Vorbereitung.Fünf Punkte der Meetingvorbereitung:
- Prüfen Sie, ob das Online-Meeting überhaupt notwendig ist oder ob sich die Themen im direkten Gespräch am Telefon oder im Büro klären lassen. Falls ein Meeting unabdingbar ist, stellen Sie sich die Frage, welches Zeitfenster es dafür bedarf. Häufig dauern Meetings eine Stunde, da dieses Zeitfenster standardmäßig von den Videokonferenzprogrammen vorgegeben wird. Wäre es aber nicht für die eigene Vorbereitung oder zum kurzen Luftholen hilfreicher, das Meeting für 45 Minuten anzusetzen und dann 15 Minuten Freiraum bis zum nächsten Termin zu haben?
- Prüfen Sie, wer wirklich beim Meeting anwesend sein muss. Je größer eine Runde, umso ineffektiver ist diese. Schauen Sie, ob Personen nur zu den für sie relevanten Themenpunkten ins Meeting geholt werden können, das spart allen wertvolle Zeit.
- Machen Sie sich bewusst, was das Ziel des Meetings ist, und kommunizieren Sie dies vorab auch klar an Ihre Teilnehmenden.
- Kein Meeting ohne Agenda. Idealerweise versenden Sie diese schon mit der Einladung zum Termin.
- Planen Sie Zeit für die Ergebnissicherung in Ihrem Meeting ein. Unterbrechen Sie notfalls auch laufende Diskussionen, um am Ende mit einem klaren Ergebnis und nächsten Schritten aus Ihrem Meeting zu gehen.
Fail drei: Das Schweigen im Walde
Was im realen Leben durchaus zutreffen mag, ist für die meisten im Online-Meeting der blanke Horror, vor allem für die Person, die moderiert. Stummgeschaltete Mikrofone und ausgeschaltete Kameras sind leider der Standard. Sich der schweigenden, schwarzen Kachelwand kampflos zu ergeben, ist jedoch nicht der richtige Ansatz. Sorgen Sie durch Ihr Agieren vor der Kamera für Lebendigkeit, sprechen Sie aktiv einzelne Personen an, um Resonanz zu erhalten, gestalten Sie Ihr Meeting interaktiv. Dabei sind der Einsatz unterschiedlicher Medien (wie Flipchart oder Moderationskarten), der Wechsel der Gruppengröße (Diskussionen im Plenum, in Kleingruppen oder in Zweiergesprächen) und interaktive Moderationsmethoden notwendige Elemente.
Fail vier: Inhalt vor Wirkung
Viele scheinen immer noch der Auffassung zu sein, es zähle nur der Inhalt. Das Homeoffice hat diesen Aspekt anscheinend weiter verstärkt. Auch wenn das Homeoffice viele Konventionen über Bord geworfen zu haben scheint, gilt nach wie vor: You never get a second chance for your first impression. Natürlich sind Inhalte und Aussagen wichtig, nur ob das Gegenüber diesen auch Glauben schenkt, darüber entscheidet, wie Sie vor der Kamera agieren, wie Sie Ihre Stimme, Sprache sowie Körpersprache einsetzen und mit welcher äußeren Erscheinung Sie sich im Online-Meeting präsentieren. Denn wie wollen Sie die Teilnehmenden begeistern, wenn Sie mit monotoner Stimme Powerpoint-Folien vorlesen oder ein wichtiger Teil Ihrer Kommunikation, nämlich Ihre Hände, nicht im Kamerabild zu sehen sind? Wie wollen Sie Aufmerksamkeit erzeugen, wenn Sie an der Kameralinse vorbeischauen? Wie wollen Sie Präsenz erzeugen, wenn Ihre Mimik schlecht zu sehen ist und Sie permanent vom virtuellen Hintergrund verschluckt werden? Homeoffice ist keine Interimslösung mehr und Ihr Agieren vor der Webkamera ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Ihre Meetings.
Fail fünf: Alle können moderieren
Wer der Auffassung ist, dass die Moderation eines Meetings – also einfach mal kurz die Teilnehmenden zu begrüßen und die Wortbeiträge zu erteilen – doch kein Hexenwerk ist, wird spätestens im virtuellen Raum merken, wie diese Rolle in der Praxis unterschätzt wird. Denn wie steuern Sie ein Meeting, wenn sich alle hinter der ausgeschalteten Kamera und dem stummgeschalteten Mikrofon verstecken, und wie sorgen Sie dafür, dass Sie auch bei anspruchsvollen Themen ein gemeinsames Ergebnis erzielen, wenn alle vom heimischen Büro aus teilnehmen? Spätestens jetzt sollte klar werden, dass eine gelungene Moderation bestimmte Fähigkeiten und Kompetenzen benötigt. Wer online überzeugen möchte, muss für die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden mehr tun als in einem Präsenzmeeting. Denn schnell lassen sich Ihre Teilnehmenden zum Multitasking verleiten oder fühlen sich weniger eingebunden und beachtet. Dazu kommt, dass technische Kompetenz und der sichere Umgang mit den digitalen Medien mittlerweile von einer Moderation erwartet wird. Auch wenn viele Faktoren für den Erfolg oder Misserfolg eines Online-Meetings eine Rolle spielen, die Moderation ist hier sicherlich der wichtigste Faktor.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Grenzen. Das Heft können Sie hier bestellen.