Kündigen, aber mit Gefühl

Personalmanagement

HR gestaltet Arbeitsbeziehungen, in guten wie in schlechten Zeiten. Wie sollten Personalverantwortliche am besten vorgehen, wenn Kündigungen ausgesprochen werden müssen? Und wie führt man eigentlich ein Trennungsgespräch im Homeoffice?

Kündigungen lösen starke Emotionen bei Menschen aus: Führungskräfte können sehr enttäuscht sein, weil sie sich ein anderes Verhalten oder eine andere Leistung von ihrem Teammitglied erhofft haben. Mitunter haben sie zu kündigende Beschäftigte vor dem Kollegium verteidigt, sie besonders gefördert, ihnen ein höheres Gehalt eingeräumt, viel persönliche Zeit investiert oder hohe Erwartungen an die Zusammenarbeit gestellt. Vielleicht war auch das Homeoffice der Auslöser, weil die Begegnungen und die Zusammenarbeit fehlten und man sich auseinanderentwickelt hat. Die Kündigung eines Teammitglieds nehmen Führungskräfte und ihr Umfeld oftmals als Misserfolg oder Scheitern wahr. Dabei müssen Führungskräfte in der Lage sein, die Person von der Sache zu trennen, um transparent und authentisch zu kommunizieren.

Natürlich werden auch bei Beschäftigten Emotionen ausgelöst: Die Bandbreite reicht von Erleichterung über Betroffenheit bis hin zu Verbitterung über den Verlust der Arbeitsstelle. Betroffene haben womöglich große Hoffnungen und Erwartungen gehegt, vielleicht im Vorfeld eine andere Stelle gekündigt. Sie haben viel Zeit und Energie eingesetzt und sind ein Stück des Weges mit dem Team und dem Unternehmen gegangen. Bei vielen löst eine Kündigung existenzielle Sorgen aus. Was passiert mit der Familie oder dem Darlehen fürs Haus? Wie ist mit dem eventuellen Gesichtsverlust im Freundeskreis umzugehen?

Vorgeschichte einer Kündigung

Nicht ausgesprochene Kündigungen sind schlecht für das Team und das Unternehmen. Denn dann wird Arbeitsleistung meist nur teilweise oder gar fehlerhaft erbracht. Das führt zu Mehrarbeit, Frust und Demotivation im Team. Professionelle Kündigungen bringen beiden Seiten etwas: zum einen dem Unternehmen, weil es die Position besser besetzen kann; zum anderen der betroffenen Person, weil es für niemanden gut ist, im falschen Job zu arbeiten und wenn Leistungen nicht anerkannt werden.

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber kann betriebliche, verhaltens- oder personenbedingte Gründe haben. In allen Fällen sollte sie gut begründet sein. Stehen persönliche Gründe dahinter, sollte die Führungskraft der jeweiligen Person ein zielgerichtetes, konstruktives und klares Feedback über ihre Stärken, aber auch über ihre Schwächen und Defizite geben. Es muss ganz klar an- und ausgesprochen werden, dass das gezeigte Verhalten oder die erbrachte Leistung deutlich von den Erwartungen an die Stelle abweicht und nicht ausreichend ist, um das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Das muss über einen gewissen Zeitraum hinweg geschehen, damit der oder die Angestellte die Gelegenheit erhält, das erhaltene Feedback auch umzusetzen. Hilfreich ist es, das Gegenüber um eine Selbsteinschätzung auf einer Skala von eins bis zehn zu bitten und das Ergebnis mit der Einschätzung der Führungskraft abzugleichen. Kommt es dennoch zu einem Kündigungsgespräch, kann die Führungskraft im Dialog Folgendes anbieten: rasch ein Zwischenzeugnis ausstellen, ein Bewerbungscoaching anbieten sowie eine zügige und komfortable Freistellung ermöglichen.

In jungen Unternehmen oder auch bei neuen Beschäftigten grassiert oft eine in der Regel unbegründete Angst, man könne willkürlich und aus heiterem Himmel gekündigt werden. Was auch immer die Ursachen für solche Ängste, die in der Folge negative Energie hervorrufen, sein mögen: Unternehmen können diese aktiv mit der Implementierung eines offiziellen Kündigungsprozesses unterbinden. Dabei ist der Prozess dokumentiert, der einer Kündigung vorauszugehen hat. Dieser regelt zum Beispiel Anzahl, Formate und Beteiligte in den vorgelagerten Gesprächsrunden.

Denn nur wenn Angestellte sich tatsächlich sicher fühlen, werden sie ihr Leistungspotenzial abrufen können. Ein offen kommunizierter, offizieller Kündigungsprozess im Unternehmen schafft Sicherheit für die Menschen in den Unternehmen, aber auch für die Führungsetage.

Niemals freitags kündigen

Wie sieht die Kündigung in Zeiten von Homeoffice aus? Sollten Arbeitgeber trotz Pandemie darauf bestehen, dass Betroffene ins Büro fahren, um das Kündigungsschreiben fristgerecht ausgehändigt zu bekommen und den Empfang zu quittieren? Oder doch lieber die Kündigung per Brief aussprechen, vielleicht sogar per Mail, Telefon oder Videocall? Welcher Weg auch immer gewählt wird: Rechtlich wirksam ist eine Kündigung nur, wenn sie nachweislich zugestellt wird und die Kündigungsfristen gewahrt sind.

Ein Beispiel: Die erste Kündigung, die ich gemeinsam mit dem Geschäftsführer eines Unternehmens virtuell ausgesprochen habe, war während des ersten Lockdowns imApril 2020. Kündigungsgespräche erfordern immer eine hohe Sensibilität. Das gilt besonders für eine Kündigung unter den Bedingungen der Pandemie. Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken zur Termineinladung gemacht. Beschäftigte sollten im Vorfeld wissen, dass es bei diesen Gesprächen um eine Betrachtung der erbrachten Leistung, gegenseitigen Erwartungsabgleich, Unterstützungsbedarf und auch um einen Entwicklungsausblick gehen wird. Diesem Kündigungsgespräch war bereits ein Personalgespräch vorausgegangen, in dem Leistungsdefizite benannt und Erwartungen ausgesprochen worden waren. Wichtig ist sicherzustellen, dass Betroffene nach einem Kündigungsgespräch aktiv werden können. Niemand soll zu Hause in ein tiefes Loch fallen. Deswegen haben wir darauf geachtet, dass der Termin nicht am Ende der Woche stattfindet und wir genügend Puffer für die Kündigungsfrist hatten. Gut war, dass sich der Mitarbeiter bei bisherigen Videocalls stets in einem ruhigen Umfeld befand und dabei auch über ein stabiles Internet sowie gute Audio- und Videoqualität verfügte. Wir haben auch darauf gebaut, dass er aufgrund der vorangegangenen Feedbackgespräche gedanklich auf eine Kündigung vorbereitet sein könnte.

„Wir haben leider schlechte Nachrichten“, war unser Intro. Anschließend haben wir nachgefragt, ob er sich das vielleicht schon gedacht habe. Wir haben die letzten Gespräche zusammengefasst, dabei die Fortschritte erwähnt, aber auch unsere Prognose offengelegt: Das werde nicht reichen, um die Erfordernisse der Stelle zu erfüllen. Mehrfach haben wir betont, dass wir den Mitarbeiter als Person sehr schätzen, dass die Tätigkeit aber nicht zu seinen Stärken passe. Wir haben erklärt, dass wir ihm eine Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln für die Kündigung nicht haben zumuten wollen und betont, wie schwer es uns falle, die Kündigung virtuell auszusprechen.

Im virtuellen Gespräch habe ich gefragt, wie die Person mit der Nachricht zurechtkomme, wie sie darüber denke. Ich habe eine Pause angeboten, die der betroffene Mitarbeiter auch annahm. Im zweiten Call haben wir die Kameras ausgeschaltet. Obwohl ich schon Dutzende Trennungsgespräche geführt habe, ist mir diese Kündigung besonders schwergefallen. Es fehlte der Raum, die Nachricht sacken zu lassen, Schwingungen aufzunehmen oder ein Taschentuch rüberzureichen.

Betroffene auffangen

Versierte Führungskräfte wissen: Eine Kündigung kann Auswirkungen auf das Team und die Kundschaft haben. Daher ist es ratsam, gemeinsam mit Betroffenen die Kommunikation an das Team und die Kundenbetriebe zu besprechen sowie sich über eine gemeinsame Vorgehensweise abzustimmen. Sofern möglich und sinnvoll, kann man auch gemeinsam vor das Team treten und die Trennung verkünden. Damit tragen die Beteiligten den sozialen Komponenten einer Kündigung Rechnung. Ein gutes Betriebsklima wird gewahrt, wenn auch in diesen Situationen Empathie und Authentizität gelebt werden: Es gehört dazu, dass sich die Führungskraft für die gemeinsame Zusammenarbeit bedankt, einen Ausblick gibt, die Übergabe bespricht und gute Wünsche mit auf den weiteren Weg gibt.

All dies gestaltet sich im Homeoffice ebenfalls komplexer und funktioniert dann gut, wenn es bereits etablierte Praktiken der virtuellen Kommunikation gibt, zum Beispiel ein wöchentliches oder tägliches Meeting. Es ist auch sinnvoll, den Austritt einer Person in Einzelgesprächen mit anderen anzusprechen, allerdings ohne dabei über Betroffene zu reden oder diese zu kritisieren. Am Ende geht es darum, dass sich zukünftig alle Beteiligten auf Augenhöhe begegnen können. Wenn man sich nach einiger Zeit wieder begegnet, aufeinander zugeht und ehemalige Beschäftigte erzählen, was sich in der Zwischenzeit bei ihnen ereignet hat, dann wurden alle Chancen einer respektvoll vollzogenen Kündigung genutzt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Ideale. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Martha Giannakoudi, HR-Beraterin und Geschäftsführerin bei Synnous Consulting

Martha Giannakoudi

Martha Giannakoudi ist HR-Beraterin und Geschäftsführerin bei Synnous Consulting. Zudem ist sie im Gründerzentrum Startplatz als HR Director im Einsatz. Sie studierte Germanistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und hat einen Master in Business Administration.

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