Führung im Gleichgewicht

Filmrezension

Was macht einen guten Vorgesetzen aus? Julio Blanco kann darauf mit einer einfach Selbstbeschreibung antworten. Er ist der Chef der Industriewaagenfabrik Básculas Blanco und schielt auf den Preis der Regionalregierung, die exzellente unternehmerische Leistung kürt. Dafür hat er an seiner trophäengeschmückten Wohnzimmerwand bereits ein Spotlight installiert.

In der Sozialsatire Der perfekte Chef spielt der Academy-Award-Preisträger Javier Bardem in sieben Akten den charismatischen Boss Julio Blanco. Er strotzt vor Leidenschaft für sein Produkt, einen einwandfreien Geschäftsablauf und die schönen Dinge im Leben, die man sich als erfolgreicher Unternehmer so leisten kann. Blanco sieht sich dabei gleichermaßen als Firmenoberhaupt und Vaterfigur. Die Tür seines Büros aus Fensterglas steht immer offen, er sieht und ihn betrifft alles – und dabei übertritt er ziemlich verlässlich die Grenze zwischen Chef und Erziehungsberechtigtem: Da wäre Miralles, der Kindheitsfreund und Einkaufsleiter, der den Ehebetrug seiner Frau schultern muss. Da wäre der Sohn des loyalen Arbeiters Román, der sich für die falschen Freunde und gegen einen gesunden Lebensstil entschieden hat. Und da wäre der gerade erst gekündigte José, der vor den Toren der Fabrik lautstark und vulgär protestiert. Nicht zu vergessen sind zudem die hausgemachten Probleme: So gibt sich der Patron des Familienunternehmens der neuen Marketing-Praktikantin hin. Die gemeinsame Nacht ist jedoch nicht das erste Mal, dass er die Tochter eines Familienfreundes in den Armen hält. ¡ay!

Man sieht: Julio löst keines seiner Probleme nachhaltig, dafür poliert er die Oberfläche. Die Waage am Fabrikeingangstor ist ideal justiert, die Berichterstattung in der Lokalzeitung perfekt korrumpiert. Er befördert den neuen Liebhaber von Miralles‘ Frau, um den Einkauf sicherzustellen, und düpiert damit Miralles, seinen Angestellten. Er besorgt Románs gewaltbereiten Sohn eine Anstellung im Laden seiner Frau und hetzt diesen und seine dubiosen Freunde auf José, der immer noch vorm Fabriktor protestiert.

Am Ende verlässt die von der Regierung geschickte Kontrollkommission den Betrieb mit einem Lächeln: Das Geschäft und seine Maschinen laufen wie geschmiert, auf dem Papier ist Blanco der perfekte Chef. In der Realität hinterlässt er nur verbrannte Erde. Schlussendlich findet der Film keine klare Antwort auf die übergeordnete Frage, was eine gute Führungskraft ausmacht. Stattdessen bringt Julio Blanco das Kinopublikum zum Lachen – und anschließend zum Nachdenken: Wie um Himmels Willen kam dieser Mann auf den Chefsessel?

Der Film in Bildern

Die spanische Komödie Der perfekte Chef kam am 28. Juli in die Kinos. Der Hauptdarsteller Javier Bardem ist der Ehemann der spanischen Schauspielerin Penélope Cruz und erhielt für seine Darstellung des intriganten Bosses den spanischen Oscar (Goya) als bester Hauptdarsteller.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Intelligenz. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Jasmin Nimmrich, Volontärin Human Resources Manager

Jasmin Nimmrich

Volontärin
Quadriga Media GmbH
Jasmin Nimmrich war Volontärin beim Magazin Human Resources Manager. Zuvor hat sie einen Bachelor in Politik und Wirtschaft an der Universität Potsdam abgeschlossen.

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