Wir sind umgeben von einer merkwürdigen Gleichzeitigkeit des rasenden Stillstands. Einerseits überschlagen sich die Ereignisse: Technologische Durchbrüche bei der künstlichen Intelligenz oder im Quantencomputing, die Zunahme kriegerischer Auseinandersetzungen, Verschiebungen hergebrachter sozialer Machtstrukturen und damit einhergehende Konflikte, die fortschreitende Klimakatastrophe. Andererseits erleben wir, insbesondere in Europa und Deutschland, ein Gefühl von Lähmung und “Stuckness“: Fundamentale Reformen sind nicht in Sicht, die politischen Lager blockieren sich gegenseitig, die kritischen Infrastrukturen drohen zu verfallen.
Dass wir in unsicheren und disruptiven Zeiten leben, ist keine Neuigkeit mehr. Fast schon wehmütig denken wir an die VUCA-Zeit zurück, als es noch um Akronyme ging für Volatilität (Volatility), Unsicherheit (Uncertainty), Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity). Mittlerweile sind wir in der Ära der gleichzeitigen Krisen angekommen. Von Polykrise oder Metakrise ist die Rede, um den heutigen Zustand der Welt zu beschreiben. Wir spüren mittlerweile unmittelbar, wie sich Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit auf unser Zusammenleben und unseren Alltag auswirken. Nicht nur in Organisationen und Unternehmen. Sondern in der gesamten Gesellschaft und auf dem gesamten Planeten.
Immer klarer tritt zutage, wie stark Organisationen mit ihren Umgebungssystemen verbunden sind und wie abhängig ihre Entwicklung von diesen Umgebungssystemen ist. Es wird immer deutlicher, dass der Erfolg eines Unternehmens nicht nur von seinen Stakeholdern abhängt, sondern dass wirtschaftliches Handeln eingebettet ist in einen größeren gesellschaftlichen und planetaren Kontext. In einer vulnerablen Gesellschaft mit erschöpften Menschen lassen sich eben nicht so gut Geschäfte machen. Und auf einem zerstörten Planeten schon gar nicht.
Die Spielregeln ändern, während wir das Spiel spielen
Der Wirtschaft und den Unternehmen kommt in dieser Situation eine Doppelrolle zu: Unternehmen sind derzeit vielfach noch Problemverschärfer, denn unser heutiges Wirtschaftsmodell belohnt in großen Teilen lineares, extraktives und nicht-nachhaltiges Handeln. Auch wenn sich auf regulatorischer Ebene einiges getan hat und immer noch tut: Von einer Wirtschaftsordnung, die sich konsequent an den planetaren Grenzen und einem gerechten sozialen Fundament orientiert, sind wir noch weit entfernt – erst recht in globaler Hinsicht.
Gleichzeitig ist die Wirtschaft einer der wichtigsten Problemlöser, die wir derzeit haben, denn die globale Politik ist nur eingeschränkt in der Lage, den ordnungspolitischen Rahmen schnell genug zu verändern. Beispiel Energiewende: Wind- und Solarenergie sind in den vergangenen Jahren weltweit schneller gewachsen als irgendein anderer Energieträger jemals zuvor. Warum? Weil sie effizienter und billiger sind. Der Markt schafft, was die Politik nicht umfassend umgesetzt bekommt, weil sie sich an der Fossil-Lobby die Zähne ausbeißt.
Auf Unternehmen kommt eine neue Aufgabe zu: Es geht nicht mehr nur darum, in dem, was wir bereits kennen, innovativer, besser oder effizienter zu werden, sondern es wird darum gehen, mit der Kraft des eigenen wirtschaftlichen Handelns das ganze Spielfeld so umzubauen, dass zukünftiges stabiles Zusammenleben weiterhin möglich ist – nicht nur mit Blick auf die ökonomische Grundlage, sondern auch in sozialer und ökologischer Hinsicht.
Von zukunftsfähig zu zukunftsgestaltend
Wie können Unternehmen in diesen Zeiten navigieren? Welche Fähigkeiten brauchen Individuen und Organisationen, um diesen Wandel zu gestalten? Es ist viel die Rede von „zukunftsfähigen Organisationen“, aber bei Lichte betrachtet greift das zu kurz. Denn im Begriff „zukunftsfähig” steckt die Annahme, dass die Zukunft mehr oder weniger feststeht. Gerade in den Zeiten, die wir heute erleben, brauchen wir gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure, die nicht nur fit für eine wie auch immer geartete Zukunft sind, sondern die daran mitwirken, die Erzählungen über die Zukunft zu gestalten. Also zukunftsgestaltende Unternehmen, statt zukunftsfähige Unternehmen.
Zukunftsgestaltende Unternehmen sind positive Changemaker. Sie sind bereit, bestehende Dynamiken zu hinterfragen und neue Geschichten zu schreiben. Selbst der CEO der Dubai Future Foundation hat auf dem Dubai Future Forum im November 2024 die Vorhersage gewagt, dass wir im Jahr 2025 eine Welt sehen werden, die sich „beyond GDP“ (Bruttoinlandsprodukt) bewegen wird. Egal, wohin wir schauen: Viele Menschen auf der ganzen Welt haben das Gefühl, dass die alten Rezepte so langsam an ihr Ende kommen (auch wenn sie derzeit noch mit Macht um sich schlagen, um ihr Überleben zu sichern). Dass manche der älteren Paradigmen in Würde verabschiedet werden dürfen. Und dass gleichzeitig die neuen Rezepte und Paradigmen noch nicht feststehen, denn diese gilt es gemeinsam zu erfinden.
Das führt zu der Frage: Welche Kompetenzen brauchen zukunftsgestaltende Organisationen? Merkmale einer VUCAplus Organisation könnten sein:
Merkmale einer VUCAplus-Organisation
- Positive Changemaker: Sie erkennt ihre eigene Agency in der Welt und nutzt ihren Gestaltungsspielraum (“Business as a Force for Good”).
- Imagination und Narrative: Sie weiß, dass die Zukunft gestaltbar ist und findet Worte und Bilder, die deutlich machen, warum (und wie genau) sie Teil der Lösung ist oder sein wird.
- Geschäftsmodell: Sie löst mit ihrem Geschäftsmodell echte Probleme, d.h. sie bleibt nicht bei den Nutzerbedürfnissen stehen, sondern denkt den sozialen und ökologischen Kontext aktiv mit. Planetare Gesundheit und gesellschaftliches Wohlergehen sind kein Add-on, sondern stehen im Fokus der Geschäftsmodelle zukunftsgestaltender Organisationen.
- Beyond human-centered: Sie stellt zwar den Menschen in den Mittelpunkt ihres wirtschaftlichen Handelns, ist sich aber klar darüber, dass es weitere überlebenswichtige Umgebungssysteme gibt, deren Bedürfnisse ebenfalls Berücksichtigung finden müssen.
- Rhythmus und Zeitvielfalt: Sie bringt kurzfristige Interessen und eine langfristige Perspektive in Balance. Das Denken in längeren Zeiträumen hilft dabei, Business Cases und Wettbewerbsvorteile zu sehen, die erst in einem Transformationshorizont von fünf, zehn oder 15 Jahren entstehen, die aber heute bereits vorbereitet werden müssen.
- Resilienz und Adaptionsfähigkeit: Sie optimiert sich nicht nach Sicherheit, sondern nach Unsicherheit. Sie weiß, dass die Zukunft zwar gestaltbar ist, aber zu einem großen Teil unvorhersehbar bleibt.
- Systems Thinking: Sie denkt in Systemen und systemischen Beziehungen statt in zweidimensionalen Ursache-Wirkungsbeziehungen.
Innovation und Experimentierfreude: Sie schafft Freiraum zum Experimentieren in begrenzten, risikoarmen Umfeldern, denn das Neue hat es häufig schwer, sich im Korsett des Alten zu entwickeln.
System und Individuum: Transformation auf zwei Ebenen
Egal ob wir auf Teams, Organisationen oder gleich die ganze Wirtschaft blicken: Es geht um die schrittweise Veränderung sozialer Systeme. Und die lassen sich bekanntlich nicht so gerne verändern. Genau daran scheitern in schöner Regelmäßigkeit Veränderungsprozesse, die ausschließlich auf Strategiepapiere, KPIs oder intrinsische Motivation setzen. Für die Veränderung von Systemen brauchen wir eine Gleichzeitigkeit von Personenqualifikation und Systemqualifikation. Auf der Personenebene (Individuum) liegt der Schlüssel in der Veränderung von gelebtem Verhalten. Auf der Systemebene (Organisation) geht es um die Veränderung von Strukturen und Prozessen, so dass die gewünschte Entwicklung wahrscheinlicher wird.
Human Resources steht im Zentrum dieser Transformation. Es geht nicht mehr nur darum, klassische Skills zu fördern oder Talente zu binden. HR muss Kompetenzen entwickeln, die das Zusammenspiel von wirtschaftlichen, sozialen und planetaren Faktoren berücksichtigen. Wenn das gelingen soll, brauchen Organisationen und Mitarbeitende mehr denn je zwei Basiskompetenzen, die die Grundlage für eine Reihe weiterer Nachbarfähigkeiten darstellen. Wir nennen diese beiden übergreifenden VUCAplus-Skills Komplexitätskompetenz und Interdependenzkompetenz.
Die Komplexitätskompetenz kennen wir schon ein bisschen länger. Durch die exponentiell voranschreitende Vernetzung, getrieben vor allem durch Globalisierung und Digitalisierung, ist auf methodischer Ebene ein großer Fundus neuer Ansätze entstanden, vor allem im Kontext des agilen Arbeitens. Die Übersetzung dieser Anpassungsfähigkeit und Veränderungsfähigkeit in die Strukturen, Prozesse und Governance der Organisationen fällt in der Praxis jedoch deutlich schwerer. Während sich die Umwelt, in der wir leben, auf fast allen Ebenen rasant verändert, befinden sich viele Organisationsmodelle noch auf dem Stand von vor 70 Jahren und mehr.
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Durch die Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz wird der Druck auf Organisationen in dieser Hinsicht weiter steigen. Wir befinden uns auf dem Weg zu „Smart Connected Universes“, in denen künstliche und menschliche Intelligenzen dezentral und in einem hohen Maße selbstorganisiert miteinander arbeiten werden. Wenn Organisationen in einem solchen Szenario immer stärker zu lernenden, anpassungsfähigen und sich selbstregulierenden Organismen werden, wird sich die Frage noch lauter stellen, wie die mit der Komplexitätskompetenz verbundenen Fähigkeiten individuell-persönlich, aber auch organisational-strukturell aufgebaut und gefördert werden können.
Die Interdependenzkompetenz ist eine Weiterführung des Komplexitätsgedankens: In lebendigen, komplexen Systemen sind die Einzelteile zwar voneinander abgegrenzt beschreibbar, sie leben aber in Beziehung zueinander und sind voneinander abhängig. Das gilt nicht nur für menschliche Systeme, sondern auch für nicht-menschliche Lebewesen, wie wir in der Klimakrise gerade schmerzhaft erfahren müssen. Vereinfacht gesprochen: keine Pflanzen, kein Sauerstoff, keine Menschen. Oder auch: kein Planet, keine Menschen, keine Wirtschaft. In dieser Reihenfolge.
Die Interdependenzkompetenz ist die Schlüsselkompetenz für ein aktives Risikomanagement, für die Resilienz und für die nachhaltige Innovationsfähigkeit von Organisationen in den kommenden Jahrzehnten. Organisationen, die sich der Eingebettetheit in ihre Ökosysteme und ihrer Abhängigkeiten bewusst sind, werden Lösungen anbieten, die nicht nur heute funktionieren, sondern ein Überleben im Morgen überhaupt erst ermöglichen.
Komplexitäts- und Interdependenzkompetenz in der Praxis: Gelebte VUCAplus-Fähigkeiten
Für Individuen heißt das…
- Systems Thinking als Grundausstattung: Denken in Gleichzeitigkeiten und mehrdimensionalen Beziehungsnetzen fördern.
- Kollaborative Intelligenz und Perspektivwechsel: Diverse Perspektiven zulassen, um komplexe Probleme durch gemeinsames Handeln zu lösen.
- Bewusster Umgang mit Macht und Ohnmacht: Unterscheidungsfähigkeit stärken zwischen dem, was unmittelbar beeinflusst werden kann, und dem, was in seiner Entwicklung nur begleitet werden kann.
- “Response-ability”: Die Fähigkeit erhöhen, in komplexen Umfeldern Antworten zu geben, aber auch Nicht-Wissen zuzulassen.
- Unsicherheitskompetenz: Dilemma- und Ambiguitätskompetenz aufbauen, um Zielkonflikte bearbeitbar zu machen.
- Selbststeuerung und Selbstreflexion: Resilienz und Regeneration bewusst steuern, um handlungsfähig zu bleiben.
Für Organisationen heißt das…
…zunächst einmal, Strukturen zu schaffen, in deren Rahmen sich die oben genannten individuellen Kompetenzen entwickeln dürfen. Darüber hinaus sollten die folgenden strukturellen Handlungsfelder in den Blick genommen werden:
- Entwicklungsorientierung als Grundausstattung: Prozesse und Strukturen zur Verfügung stellen, die Lernen und Veränderungsfähigkeit bei gleichzeitiger Wirksamkeit ermöglichen.
- Veränderungsbedarf “in Scheiben schneiden”: Lieber regelmäßig in kleinen Portionen an der Organisation arbeiten, als alle drei Jahre einen organisationsweiten Veränderungsprozess initiieren.
- Mut und Imaginationsfähigkeit: Kollektive Narrative für wünschenswerte Zukünfte entwerfen und sich schrittweise darauf zubewegen.
- Innovationskraft: Möglichkeitsräume schaffen und schützen, in denen die Entwicklung und Erprobung neuer Ansätze stattfinden kann.
Eingebettetheit: In Ökosystemen denken, sich sowohl zu menschlichen als auch zu nicht-menschlichen Stakeholder in Beziehung setzen. Bei der (Neu-)Entwicklung von Geschäftsmodellen, Produkten, und Services nicht an der Grenze des eigenen Marktes Halt machen, sondern die Auswirkungen und Gestaltungsmöglichkeiten des größeren Kontexts (Gesellschaft, Planet) mitdenken.
All Hands on Deck!
Der erfolgreiche Aufbau von VUCAplus-Kompetenzen synchronisiert Maßnahmen auf Personen- und auf Organisationsebene. Auf der Personenebene geht es darum, neue Verhaltensmuster wahrscheinlicher zu machen. Auf Organisationsebene werden Strukturen und Prozesse geschaffen, die dieses Verhalten autorisieren und ermöglichen.
Führungskräften kommt in solchen Prozessen üblicherweise ein besonderer Stellenwert zu. Erstens wird auf dem Weg zur zukunftsgestaltenden Organisation regelmäßig ein klares Mandat des Topmanagements benötigt. Zweitens spielt die Führung eine Schlüsselrolle, wenn es beispielsweise um die Entwicklung organisationsübergreifender Narrative geht: Warum wollen wir uns entwickeln? Und in welche Richtung? Drittens sind Führungskräfte Vorbilder, die viel dafür tun können, eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit auf dem gemeinsamen Weg zu fördern.
Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Transformation in Richtung einer zukunftsgestaltenden Organisation:
- Mit konkreten Praktiken arbeiten. (Oder auch: “Behavior Change before Mindset Change”)
Organisationen sind systemerhaltende Stabilisierungsprogramme. Appelle an die Kultur, die Haltung oder die intrinsische Motivation verhallen oftmals ungehört, wenn die umgebenden Strukturen und/oder die genutzten Methoden die gleichen bleiben. Organisationen beginnen dann, sich zu verändern, wenn sich gelebtes Verhalten ändert. Daher empfiehlt es sich, mit konkreten Praktiken zu arbeiten. Praktiken bieten neues Handwerkszeug (Toolset) und befähigen die Mitarbeiter*innen, diese Methoden kompetent zu nutzen (Skillset). Daraus entstehen neue Gewohnheiten, die schließlich dazu führen, dass sich auch die zugrunde liegende Haltung (Mindset) verändern darf.
- Die Kraft der gesamten Organisation nutzen.
Die heutigen Probleme sind zu komplex und zu vernetzt, als dass sie eine einzelne Abteilung oder gar ein*e einzeln*e Mitarbeiter*in lösen könnte. Vielfach dominiert aber genau diese Logik in unseren arbeitsteilig organisierten Unternehmen (“Nachhaltigkeit? Das macht bei uns die Nachhaltigkeitsabteilung.”). Um die Problemlösungsfähigkeit der gesamten Organisation zu nutzen, ist es ratsam, neue Kompetenzen flächendeckend und kontextbasiert in der Organisation aufzubauen. Entwicklung on-the-job statt Training on-top. Angenehmer Nebeneffekt: Dadurch entsteht team- und abteilungsübergreifend eine neue Sprache in der Organisation, die es leichter macht, sich über notwendige Veränderungen auszutauschen.
- Schrittweise vorgehen.
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, und so ist auch der Weg in Richtung einer zukunftsgestaltenden Organisation eine Langstreckenreise mit Etappenzielen. Wenn wir die Lösung (noch) nicht kennen, bleibt uns nichts anderes übrig, als die ungefähre Richtung festzulegen und uns schrittweise auf den Weg zu machen. Die iterative Logik, die wir aus agilen Prozessen kennen, sollte auch auf den hier beschriebenen Veränderungsprozess selbst Anwendung finden. Denn schließlich führen auch viele kleine Schritte irgendwann zum großen Ziel.
- Mit dem eigenen Circle-of-Influence starten.
Wir können uns lange an dem abarbeiten, was wir ohnehin nicht selbst verändern können. Wir empfehlen – egal ob auf Team- oder auf Organisationsebene – immer dort zu starten, wo auch wirklich ein Unterschied gemacht werden kann. Das Marketingteam wird alleine nicht die Welt retten, genauso wenig wie das Produktionsteam. Aber jedes Team hat ein eigenes Spielfeld, das es gestalten kann. Das stärkt die Selbstwirksamkeit, vermeidet Ohnmachts-Paralyse und – ähnlich wie beim iterativen Vorgehen: Viele Teams, die einen kleinen Unterschied in ihrem jeweiligen Einflussbereich machen, tragen in Summe zu einem großen Unterschied bei.
- Zielkonflikte transparent machen.
Systemveränderung geht immer mit Zielkonflikten einher. Zielkonflikte sind der Treibstoff systemischer Veränderungen. Das Schlimmste, was man in Veränderungssituationen tun kann, ist, diese potenziellen Zielkonflikte unter den Teppich zu kehren. Denn dort sind sie nicht mehr bearbeitbar. Es geht nicht darum, sofort alle neuen Antworten zu haben. Es geht aber sehr wohl darum, neue Fragen zu stellen. Denn erst, wenn wir neue Fragen stellen, geben wir uns die Chance, dass im weiteren Prozess auch neue Antworten entstehen können. Teams und Organisationen sollten daher unter allen Umständen eine Kompetenz aufbauen, mit Zielkonflikten transparent und bewusst umzugehen, um auf dieser Grundlage informierte Entscheidungen treffen zu können.
Wir leben in einer Zeit voller Widersprüchlichkeiten. Wir brauchen „all hands on deck“, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Wir brauchen Unternehmen und Organisationen, die nicht länger Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sind. Zukunftsgestaltende Organisationen erkennen ihre Verantwortung und nutzen ihre Gestaltungsmacht, um langfristig einen positiven Beitrag zu leisten. Dafür brauchen wir in den Unternehmen Menschen mit Fähigkeiten und Haltungen, die es ihnen ermöglichen, in einer dynamischen Welt Verantwortung zu übernehmen und Handlungsspielräume zu nutzen. Und wir brauchen Strukturen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter autorisieren und in die Lage versetzen, selbstverantwortlich zu agieren. HR ist ein wichtiger Schlüssel, um VUCAplus-Kompetenzen in der Organisation zu verankern. Durch den Aufbau dieser Kompetenzen wird HR zum Treiber eines Paradigmenwechsels, der Organisationen dabei hilft, nicht nur auf die Zukunft zu reagieren, sondern sie aktiv mitzugestalten – für den langfristigen Erfolg der Organisation selbst, aber auch für die Mitarbeitenden, für die Gesellschaft und für unseren Planeten.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Performance. Das Heft können Sie hier bestellen.