„Technologie ist immer sehr dynamisch“

HR Excellence Awards

Frau Wegmann, Herr Leuschner, die Freude war sichtlich groß: Sie haben den HR Excellence Award in der Kategorie KI in HR gewonnen. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Johannes P. Leuschner: Wir arbeiten bereits seit 18 Monaten an diesem Projekt und viele engagierte Menschen waren daran beteiligt. Daher ist diese Auszeichnung eine wunderbare Anerkennung für unsere gemeinsame Arbeit. Und es zeigt mir persönlich auch, dass wir mit unseren KI-Bestrebungen den Nerv der Zeit treffen.

Wie ist die Idee zum KI-Labor entstanden?
Leuschner: Nachdem wir uns bereits zuvor mit KI-Sprachmodellen beschäftigt hatten, erhielten wir in der ChatGPT-Welle ein Vorstandsmandat, um ein interdisziplinäres Team zu bilden, das sich umfassend den Möglichkeiten von generativer KI und deren rechtskonformem Einsatz in unserer Organisation widmet. Der Name KI-Labor und alle weiteren Inhalte sind durch Teamarbeit entstanden und gemeinsam weiterentwickelt worden.

Wie funktioniert die App genau?
Marie-Charlotte Wegmann: Die KI-Labor-App ist unsere Prototyping-Umgebung. In dieser App können wir Use-Cases ausprobieren und vor allem schnelles Nutzer-Feedback darauf bekommen. Aus technischer Sicht ist das gar nicht so kompliziert. Diese App ist mit verschiedenen Sprachmodellen und anderen KI-Services verknüpft.

Leuschner: Der eigentliche Mehrwert liegt in der benutzerfreundlichen Oberfläche, auf der wir aufgabenspezifische KI-Module anbieten. Ohne zusätzliche Prompting-Kenntnisse gibt es beispielsweise Unterstützung bei der Erstellung einer Stellenbeschreibung. Inzwischen bieten wir mehrere KI-Technologien (LLMs) an. Außerdem haben wir ein Credit-System eingeführt, um die Nutzung und damit die Kosten besser im Blick zu behalten.

Sie werden von KI-Pioneers aus dem Unternehmen unterstützt. Welche Rolle haben diese?

Wegmann: Unsere 75 KI-Pioneers repräsentieren alle unsere Organisationseinheiten. Sie begleiten uns seit dem ersten Tag unserer KI-Reise. Sie haben gemeinsam mit uns erste Prototypen-Module getestet, regelmäßig Feedback gegeben und wertvolle Impulse für weitere KI-Anwendungsfälle geliefert. Außerdem fungieren sie als Multiplikatoren, die unsere Themen in die Organisation tragen.

Wie haben sich Prozesse in Ihrem Unternehmen durch das KI-Labor verbessert?

Leuschner: Das ist je nach Organisationsbereich sehr unterschiedlich. Recruitingprozesse sind von Natur aus sehr textlastig: Anschreiben, Lebensläufe und die gesamte E-Mail-Korrespondenz. Hier können KI-Sprachmodelle eine wirkliche Bereicherung sein. Ebenso die Vorbereitung auf Termine und Bewerbungsgespräche funktioniert schon recht gut. Gute Ergebnisse sehen wir auch bei Supportfragen durch Chatbots, die mittlerweile auch mit generativer KI arbeiten.

Welche messbaren Erfolge gibt es seit der Einführung des KI-Labors?
Leuschner: Neben der Beschleunigung von Prozesszeiten und der Entlastung von Support-Teams konnten wir eine direkte Verbesserung der Qualität von Stellenbeschreibungen feststellen, bei denen unsere Anwendung zum Einsatz kam.

Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung des Projekts?
Leuschner: Es gab sicherlich einige Herausforderungen. Zum einen ist die Technologie noch immer sehr dynamisch und es verging kaum eine Woche, ohne dass Schnittstellenänderungen oder andere Anpassungen erforderlich waren. Dadurch mussten auch unsere Dokumentation und Schulungsunterlagen ständig aktualisiert werden.

Wegmann: Und neben der KI-Labor-App spielt auch der Kompetenzaufbau innerhalb der Organisation eine wesentliche Rolle. Ein KI-Sprachmodell verhält sich anders als eine klassische Suchmaschine – das zu vermitteln erfordert gezielte Initiativen und kontinuierliche Weiterbildung. Entscheidend ist, dass Mitarbeitende die Funktionsweise und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines KI-Sprachmodells verstehen, um es effektiv nutzen zu können – und das idealerweise mit direktem Praxisbezug.

Welche Erfahrungen können Sie an andere Unternehmen weitergeben, die den Start mit KI in Prozessen erleichtern?
Wegmann: Klein anfangen! Wir empfehlen beispielsweise mit spezifischen Anwendungsfällen zu beginnen. In unseren Trainings haben wir uns zunächst auf sehr konkrete Szenarien konzentriert, um den Mitarbeitenden sofortigen und greifbaren Mehrwert für ihre tägliche Arbeit zu bieten.

Leuschner: Für den organisatorischen Aufbau haben wir gute Erfahrungen mit einem gemischten Team aus IT-Experten, Fachbereichsvertretenden, Juristen und Learning- und Innovationsspezialisten, gemacht. Dieses Team wurde durch unsere KI-Jury ergänzt, die aus Personen bestand, die das Management vertreten haben. So können vielfältige Perspektiven berücksichtigt werden. In Verbindung mit einem iterativen Vorgehen und viel Nutzer-Feedback konnten wir uns schnell verbessern und die Lösungen optimal an die Bedürfnisse der Organisation anpassen.

Was begeistert Sie persönlich an den neuen Technologien?
Wegmann: Es ist die Art und Weise, wie sie unser tägliches Leben und unsere Arbeitsweise verändern. Als Kind der 1990er-Jahre, das mit dem Internet und Smartphones aufgewachsen ist, habe ich bereits viele technologische Fortschritte miterlebt. Doch KI bringt eine völlig neue Dynamik mit sich. Besonders faszinierend finde ich die Fähigkeit der KI, aus riesigen Datenmengen zu lernen und Muster zu erkennen, die für Menschen oft verborgen bleiben. Diese Technologien sind nicht nur Werkzeuge, sondern zukünftig Partner, die uns unterstützen, unsere Ziele zu erreichen und unsere Kreativität zu steigern. Insgesamt sehe ich in ihnen eine spannende Chance, die Zukunft aktiv mitzugestalten und die Grenzen des Möglichen zu erweitern.

Und wie geht es im KI-Labor weiter?
Leuschner: Wir haben noch eine ganze Menge vor! Mit dem Vorstand haben wir kürzlich den Fahrplan für das nächste Jahr beschlossen. Sicherlich wird uns der EU KI Act noch mehr beschäftigen. Außerdem testen wir bereits die KI-gestützte Video-Erstellung und Chatbots, welche generative KI nutzen. In den letzten Monaten sind zudem einige neue Technologien entstanden, die auch für uns spannende Möglichkeiten eröffnen – beispielsweise virtuelle Avatare und Agents.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Exzellenz. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Charleen Rethmeyer

Charleen Rethmeyer

Charleen Rethmeyer ist Redakteurin beim Magazin Human Resources Manager. Dort absolvierte sie zuvor ebenfalls ihr Volontariat. Die Berlinerin hat einen Bachelorabschluss in Deutsche Literatur sowie Kunst- und Bildgeschichte und arbeitete mehrere Jahre freiberuflich für mehrere Berliner Verlage. Sie schreibt mit Vorliebe Features und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Zukunft der Arbeitswelt.

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