Absage an die Intransparenz

Arbeitsrecht

Allein das Vorhandensein einer Vorrats-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verhindert nicht immer, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzunternehmen entsteht. Das entschied jetzt das LAG Baden-Württemberg mit Bezug auf Werk- und Dienstverträge. Eine Entscheidung des BAG dazu steht aber noch aus.

Die längerfristige Zusammenarbeit von Unternehmen auf Werk- oder Dienstvertragsbasis steht seit Monaten in der öffentlichen Kritik. Der Vorwurf lautet, dass diese Vertragstypen nur gewählt würden, um Arbeitnehmerschutzvorschriften zu umgehen und die Lohnkosten gering zu halten. Mehr und mehr Arbeitnehmer, die auf Werk- oder Dienstvertragsbasis über lange Zeit in einem anderen Unternehmen eingesetzt sind, lassen ihren arbeitsrechtlichen Status gerichtlich überprüfen. Sie behaupten, nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu ihrem Vertragsarbeitgeber zu stehen, sondern zu dem Unternehmen, in dem sie eingesetzt sind. Streitentscheidend ist in diesen Fällen, ob die beiden Unternehmen tatsächlich auf Werk- oder Dienstvertragsbasis zusammenarbeiten oder ob nicht eine sogenannte verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. In letzterem Fall wird ein Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit dem Einsatzunternehmen begründet, wenn der ursprüngliche Vertragsarbeitgeber nicht über die nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) notwendige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt.

Die Abgrenzung, ob tatsächlich ein Werk- beziehungsweise Dienstvertrag oder eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, richtet sich in erster Linie danach, von welchem Unternehmen das arbeitsvertragliche Direktionsrecht in Bezug auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und den Arbeitsinhalt ausgeübt wird. Da die Abgrenzung in der Praxis oftmals jedoch schwierig ist und vom Einzelfall abhängt, sind viele Unternehmen dazu übergegangen, zur Sicherheit eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vorzuhalten, um die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Besteller beziehungsweise Dienstgeber im Falle der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG zu verhindern.

Nicht die erhoffte Sicherheit

Über die Wirksamkeit einer solchen sogenannten Vorrats-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis hat das LAG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 3. Dezember 2014, 4 Sa 41/14 entschieden und sie im Ergebnis verneint. Es steht zu befürchten, dass die Vorrats-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nicht die erhoffte Sicherheit bringt und das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Einsatzunternehmen verhindert. Dem Urteil, zu dem bislang nur eine Pressemitteilung vorliegt, lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger stand seit dem 20. Mai 2011 bei drei verschiedenen Unternehmen in einem Arbeitsverhältnis. Eingesetzt war er in Erfüllung sogenannter Rahmenwerkverträge in dieser Zeit durchgehend bei dem beklagten Unternehmen. Dort war der Kläger auch betrieblich eingegliedert und erhielt unter bewusster Missachtung der vertraglichen Vereinbarung fachliche Weisungen. Dem Kläger, der sich auf eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung und ein Arbeitsverhältnis zum beklagten Unternehmen berief, wurde von diesem entgegengehalten, dass seine drei Vertragsarbeitgeber über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügten. Dass der Einsatz des Klägers bei der Beklagten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können, wurde von den Unternehmen zuvor jedoch nicht offen gelegt.

Das LAG Baden-Württemberg beurteilte das Verhalten der Unternehmen – anders als noch die Vorinstanz – als widersprüchlich. Die Parteien hätten sich während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des AÜG stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Arbeitnehmers zu verhindern versucht. Es sei daher trotz der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen.

Entscheidung des BAG steht noch aus

Da die ausführlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen und insgesamt noch eine Entscheidung des BAG aussteht, besteht noch Hoffnung, dass der Vorrats-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis keine generelle Absage erteilt wird. Nach der Pressemitteilung zu urteilen, war die Intransparenz, dass die beteiligten Unternehmen eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in der “Hinterhand” hatten, der entscheidende Faktor, ihnen die Berufung auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu versagen.

Im Nachgang zu dem genannten Urteil hat eine andere Kammer des LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 18.12.2014, 3 Sa 33/14) die Wirksamkeit einer Vorrats-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in einer anderen Fallkonstellation anerkannt. Da auch zu dieser Entscheidung erst eine Pressemitteilung vorliegt, bleibt insgesamt abzuwarten, wie die Kammern des LAG Baden-Württemberg sich genau positionieren und ob sie eine einheitliche Linie wahren. Aufgrund des Urteils vom 3. Dezember 2014 sollte das Vorhandensein der Erlaubnis vorsorglich jedoch erkennbar gemacht werden. Auf lange Sicht muss nach den angekündigten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zu den Werkverträgen jedoch insgesamt umgedacht werden, da der Praxis der Vorrats-Arbeitnehmerüberlassung ein Riegel vorgeschoben werden soll. Unternehmen, die auf Werk- oder Dienstvertragsbasis externe Mitarbeiter bei sich im Einsatz haben, sollten schon heute die Zeit nutzen und die Vertragslage und die tatsächliche Durchführung kritisch hinterfragen.

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Christina Kamppeter, Beiten Burkhardt

Christina Kamppeter

LL.M., Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Christina Kamppeter ist Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei ADVANT Beiten in München. Sie berät Unternehmen in allen Belangen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

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