Ad-Hoc Leadership: Keiner ist Teamlead, aber alle führen

Leadership

Die Geschäftsleitung gibt lediglich den Rahmen vor. Alles andere machen die Teams – vom Recruiting bis hin zur Führung. Das funktioniert?

Es gibt keine Titel und keine Überstunden. Nicht die Geschäftsführung, sondern die Teams selbst stellen neue Mitarbeiter ein. Und gibt es kein mittleres Management. Bei dem Telefonieanbieter Sipgate läuft vieles anders als in anderen Unternehmen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in 25 Teams zusammen. Fast alle Teams sind cross-funktional aufgestellt, damit sie mit möglichst wenig externen Abhängigkeiten ihr Ziel erreichen können. Ein typisches Team setzt sich etwa aus Entwicklern, Designern, Marketing-Experten und Kundenbetreuern zusammen. Dazu kommen noch je ein Product Owner, der in klassisch aufgestellten Unternehmen am ehesten einem Produktmanager entspricht, und ein Scrum Master, der das Team coacht.

Welche Rollen genau vertreten sind, hängt von der Aufgabe des Teams ab. Bei einer Produktneuentwicklung braucht man mehr Entwickler und Designer. Steht die Vermarktung eines Produktes im Vordergrund, muss man Verkaufstalente dabei haben.

Alle Mitarbeiter übernehmen Führungsaufgaben

In diesen Teams ist niemand der Chef von jemand anderem. Leute, die das hören, denken oft, sipgate sei führungslos. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Denn es übernehmen alle Mitarbeiter, wenn nötig, Führungsaufgaben.

Die Rollen Product Owner und Scrum Master beinhalten explizit Führungsaufgaben: Product Owner bestimmen, was die Teams für Produkte und Features bauen. Die Scrum Master helfen den Teams, immer besser zu werden. Beide Rollen sind aber nicht weisungsbefugt.

Auch alle anderen Teammitglieder übernehmen je nach Thema die Führung. Denn wenn sie es nicht selbst machen, macht es vielleicht keiner. Und da alle unterschiedliche Dinge wichtig finden, verteilt sich die Verantwortung ziemlich gut.

Die Hälfte der Belegschaft wäre in anderen Unternehmen vermutlich Team-Lead. Sie übernehmen proaktiv Verantwortung und präsentieren souverän Ergebnisse vor einhundert und mehr Leuten. Sie geben konstruktives Feedback, was bei sipgate sehr wichtig ist. Außerdem können sie Gruppengespräche moderieren und sich selbst reflektieren.

Kompetenz-Hierarchien statt Postengeschacher

Fürs Protokoll: Es gibt durchaus Hierarchien. Zum einen die formale Hierarchie mit zwei Ebenen: die Geschäftsleitung und alle anderen. Denn irgendjemand muss im Handelsregister stehen. Außerdem gibt die Geschäftsleitung den Rahmen vor, innerhalb dessen alle anderen relativ autonome Entscheidungen treffen.

Zum anderen gibt es unendlich viele Kompetenz-Hierarchien. Wer mehr Erfahrung und Expertise in einem Themenbereich hat, hat auch mehr Einfluss auf Entscheidungen. sipgate arbeitet daran, dass das für jedes Thema gilt – egal ob es sich um Unternehmensstrategie, Java, Marketing oder um Fachmessen und Events handelt.

Und was ist der Vorteil der flachen Hierarchie? Die Mitarbeiter schöpfen ihr Potenzial voll aus. Alle übernehmen Verantwortung. Entscheidungen gehen schnell und ohne Reibungsverluste für politische Spielchen und Postengeschacher über die Bühne. Stattdessen können alle produktiv arbeiten. Es geht tatsächlich meist um die Sache und das macht Spaß.

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(c) privat

Corinna Baldauf

Corinna Baldauf arbeitet bei Sipgate und beschäftigt sich beruflich wie privat mit agilen Themen. Baldauf hat den „Retromaten“ erfunden, bloggt auf finding-marbles.com und fasst Konzepte auf wall-skills.com auf einer Seite zusammen.

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