Änderungen bei Massenentlassungsanzeigen

Arbeitsrecht

Nahezu unbemerkt hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) neue Formulare für die Massenentlassungsanzeige nach § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) veröffentlicht. Die Änderungen bedeuten insbesondere für größere Betriebe einen deutlichen Mehraufwand beim Ausfüllen der Formulare.

Plant ein Arbeitgeber, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen eine bestimmte Anzahl an Kündigungen auszusprechen oder Aufhebungsverträge anzubieten (beispielsweise im Rahmen eines Freiwilligenprogramms), so ist er zur Abgabe einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der örtlichen Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, § 17 KSchG. Abhängig von der Personalstärke des Betriebes gelten dabei folgende Schwellenwerte:

Mitarbeiter im Betrieb
Es sollen entlassen werden

21 bis 59
mindestens sechs Mitarbeiter

60 bis 499
mindestens zehn Prozent oder mindestens 26 Mitarbeiter

500 und mehr
mindestens 30 Arbeitnehmer/-innen

Für Betriebe mit 20 oder weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besteht keine Anzeigepflicht; ebenso in Saison- oder Kampagnen-Betrieben bei Entlassungen am Ende der Saison/Kampagne, § 22 KSchG.

Die Massenentlassungsanzeige muss gem. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG gewisse Mindestangaben enthalten, u.a. auch die „Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer“ und die „Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer“. Im Normalfall ist der Arbeitgeber gut beraten, dass von der BA zur Verfügung gestellte Formular zur Erstattung der Anzeige zu verwenden; da so Fehler vermieden und die Bearbeitung durch die BA beschleunigt werden kann.

Dieses Anzeigeformular wurde nun von der BA überarbeitet und bringt insbesondere für die Auflistung der „Berufsgruppen“ wichtige Änderungen mit sich: Im Formular müssen nun alle im Betrieb regelmäßig beschäftigten Mitarbeiter in sogenannte „Berufsklassen“ eingeteilt werden. Aus einer auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit abrufbaren Excel-Tabelle mit mehr als 27.000 Berufs- und Funktionsbeschreibungen und insgesamt mehr als 2.000 „Berufsklassen“ müssen nun für jeden Mitarbeiter im Betrieb die passenden Kennziffern herausgesucht und für die Anzeige vorbereitet werden. Im besten Fall lässt sich dies über die Personalverwaltungssoftware des Unternehmens filtern; im Normalfall dürften Software und Liste jedoch nicht 1:1 deckungsgleiche Angaben enthalten, was eine erhebliche (manuelle) Nacharbeit seitens der Personalabteilung erfordern wird.

Ob die Änderungen überhaupt im Einklang mit dem Kündigungsschutzgesetz stehen, ist angesichts der Tatsache, dass das Gesetz in § 17 KSchG selbst nach wie vor von „Berufsgruppen“ spricht, zweifelhaft. Ignorieren sollte man die Änderungen gleichwohl nicht: Eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit von daraufhin ausgesprochenen Kündigungen und abgeschlossenen Aufhebungsverträgen.

Für ein wenig Amüsement beim Ausfüllen der Formulare ist derweil gesorgt: Weihnachtsmänner und /-frauen kündigen Sie mit der Berufsklasse Nr. 94383; die Entlassung der Bundeskanzlerin wird mit der Nr. 71214 angezeigt.

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Pauline Moritz

Rechtsanwältin
Allen & Overy

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