Grenzüberschreitend arbeiten: So geht der Arbeitsvertrag

Arbeitsrecht

Wie muss ein Arbeitsvertrag bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten aussehen? Unsere Rechtskolumne klärt auf, was Arbeitgeber beachten müssen.

In Arbeitsverträgen mit internationalem Bezug wird sich immer die Frage stellen, welchem objektiven Recht der Vertrag unterliegt und inwieweit hiervon durch eine Rechtswahlklausel abgewichen werden kann. Maßgeblich ist hierfür zunächst, an welchem Ort der Mitarbeiter für gewöhnlich tätig sein wird.

Feststellung der objektiv einschlägigen Rechtsordnung

Primär unterliegen Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse zunächst dem Recht des Staates, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung seines Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (Artikel 8 Abs. 2 Rom-I-Verordnung). Bei der Bestimmung des Arbeitsortes in diesem Sinne können sich in der Praxis jedoch einige Probleme ergeben.

Gewöhnlicher Arbeitsort ist grundsätzlich derjenige, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, die diese Tätigkeit kennzeichnen, seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt.

Das ist der gewöhnliche Tätigkeits- oder Einsatzort, da hierzu die engste Verbindung besteht beziehungsweise hier der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt. Bei der Eingliederung in einen Betrieb gilt in der Regel der Betriebsort als Arbeitsort. Liegt eine solche Eingliederung nicht vor, so bestimmt der zeitliche und inhaltliche Schwerpunkt der Tätigkeit den maßgeblichen Ort. Dabei kommt es entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Ist ein Arbeitnehmer einer bestimmten Niederlassung zugeteilt, so gilt diese nicht automatisch als Arbeitsort. Das Gesetz knüpft gerade nicht an eine organisatorische Zuordnung an, sondern an den tatsächlichen Arbeitsmittelpunkt. Sofern ein Arbeitnehmer in mehreren Staaten tätig ist, gilt derjenige Staat als Arbeitsort, von dem aus der Arbeitnehmer seine Tätigkeit organisiert und in den er nach Auslandsreisen zurückkehrt.

Wird die Tätigkeit in Heimarbeit verrichtet, so kommt es auf den Ort der tatsächlichen Arbeitsleistung an. Selbiges gilt für Telearbeit, die mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel für eine Betriebsstätte des Arbeitgebers erfolgt, die sich in einem anderen Staat befindet. Folglich wird dabei überwiegend auf den Standort der Kommunikationseinrichtung abgestellt, von der aus gearbeitet wird.

Ist nach diesen Kriterien kein Mittelpunkt der Tätigkeit festzustellen, gilt der Ort als Arbeitsort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeit verrichtet.

Praxistipp

In der Regel ist es empfehlenswert, eine Rechtswahl zu vereinbaren, die mit der objektiv einschlägigen Rechtsordnung übereinstimmt. Der Arbeitsvertrag eines Mitarbeiters, der in Deutschland eingesetzt wird, sollte daher auch deutschem Recht unterliegen und den Anforderungen des deutschen Arbeitsrechts entsprechen. Dies gilt unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit der Mitarbeiter hat oder welchem nationalen Gesellschaftsrecht der Arbeitgeber zuzuordnen ist.

Vorgehen im Streitfall – Durchführung des Günstigkeitsvergleichs

Kommt es zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter zum Streit über das anwendbare Recht, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob durch Rechtswahl von dem nach objektiver Anknüpfung einschlägigen Recht abgewichen wurde. Ist das der Fall, gilt es in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob davon zwingende Bestimmungen des objektiv angeknüpften Rechts betroffen sind und ob diese für den Arbeitnehmer günstiger sind als das gewählte Recht.

Liegt durch die Nichtanwendung des objektiv einschlägigen Rechts eine Absenkung des Schutzniveaus für den Arbeitnehmer vor, werden die abweichenden Regelungen vom objektiv anknüpfenden Recht überlagert. Durch die Rechtswahl darf also kein für den Arbeitnehmer ungünstigeres Ergebnis erreicht werden als nach dieser Rechtsordnung.

Bedingen sich Vor- und Nachteile einer Rechtsordnung gegenseitig, so darf sich der Arbeitnehmer nicht nur auf die jeweiligen Einzelvorzüge berufen. Ein „Rosinenpicken“ ist somit ausgeschlossen.

Hinweis

Der Vergleich hat sich an der anstehenden Sachfrage zu orientieren. Arbeitgeber müssen diejenigen Normen vergleichen, die in einem inneren sachlichen Zusammenhang zu einem Teilkomplex stehen. Sie müssen also einen sogenannten Sachgruppenvergleich durchführen – zum Beispiel in Bezug auf das Einhalten einer Mindestkündigungsfrist.

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Anja Schubert ist als Rechtsanwältin im Employment & Benefits-Team des Frankfurter Büros der Allen & Overy LLP tätig. Sie

Anja Schubert

Anja Schubert ist als Rechtsanwältin im Employment & Benefits-Team des Frankfurter Büros der Allen & Overy LLP tätig. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und besitzt besondere Erfahrung im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der Beratung zu Vergütungssystemen in regulierten Sektoren wie dem Bank- und Finanzbereich.

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