Betriebsratswahlen in Zeiten von Corona

Arbeitsrecht

1. Keine Verschiebung der Betriebsratswahlen

Die Betriebsratswahlen sind grundsätzlich nicht verschiebbar. Dies gilt auch in Zeiten der Pandemie, in denen die Wahlen wie geplant im Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2022 stattfinden.

2. Bestellung des Wahlvorstandes

Der Wahlvorstand besteht aus drei Personen. Zwar kann die Zahl der Mitglieder erhöht werden, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Hiervon sollte aber zum Zwecke der Minimierung von Infektionsrisiken abgesehen werden.

In Betrieben, in den bereits ein Betriebsrat besteht, wird der Wahlvorstand durch einen Beschluss des amtierenden Betriebsrats bestellt. Dieser kann – dank einer gesetzlichen Neuregelung – nun in einer Video- oder Telefonkonferenz gefasst werden. Erforderlich ist, dass die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung des Betriebsrats festgelegt sind und nicht mindestens ein Viertel der Betriebsratsmitglieder innerhalb einer vom Betriebsratsvorsitzenden festgelegten Frist widerspricht. Zudem muss sichergestellt werden, dass Dritte keine Kenntnis vom Inhalt der Sitzung nehmen können.

Schwieriger wird es in betriebsratslosen Betrieben. Hier kann die Bestellung zwar durch den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat erfolgen. Sind solche aber auch nicht vorhanden oder bleiben sie untätig, muss der Wahlvorstand in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Mitarbeitenden gewählt werden. Die Möglichkeit einer virtuellen Betriebsversammlung besteht bei der Wahl des Wahlvorstandes nicht. Dies vor allem deshalb, weil praktisch nicht kontrolliert werden kann, ob betriebsfremde Dritte zuhören. Es gibt jedoch eine Alternative in den Fällen, in denen eine Wahlversammlung aus Infektionsschutzgründen nicht stattfinden kann: Auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft kann der Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht bestellt werden.

3. Sitzungen des Wahlvorstandes

Wenn der Wahlvorstand einen entsprechenden Beschluss fasst, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen. Auch einzelnen Mitgliedern kann die Teilnahme per Video oder Telefon gestattet werden. Ausnahmen bestehen zum Beispiel für die Sitzungen zur Prüfung der eingereichten Wahlvorschlagslisten oder bei der Durchführung des Losverfahrens, mit dem die Reihenfolge der Listen auf den Stimmzetteln ermittelt wird.

4. Wählerliste und Wahlausschreiben

Grundsätzlich müssen sowohl die Wählerliste als auch das Wahlausschreiben bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb ausgehangen werden. Zusätzlich kann und sollten die Wählerliste und das Wahlausschreiben auch elektronisch bekannt gemacht werden, also zum Beispiel durch Veröffentlichung im Intranet oder via E-Mail. So können auch Arbeitskräfte, die pandemiebedingt im Homeoffice arbeiten, erreicht werden.

5. Wahlvorschläge

Auch in Zeiten der Pandemie sind Wahlvorschläge inklusive der erforderlichen Stützunterschriften schriftlich einzureichen; die elektronische Form (zum Beispiel Scan) genügt nicht. Nicht erforderlich ist allerdings, dass alle Mitarbeitenden, die den Wahlvorschlag unterstützen, auf demselben Blatt Papier unterzeichnen. Vielmehr können sich die Unterschriften auf mehreren Blättern befinden, solange diese körperlich fest verbunden sind, etwa durch eine Heftklammer, und damit eine einheitliche Urkunde bilden.

6. Briefwahl oder Wahllokal?

Die persönliche Stimmabgabe bleibt der Regelfall, die Briefwahl die Ausnahme. Sofern Wahlberechtigte es nicht vom Wahlvorstand verlangen, kann dieser von Amts wegen nur solchen Beschäftigten eine Briefwahl ermöglichen, die im Zeitpunkt der Wahl wegen der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses (zum Beispiel Personen im Außendienst) voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden. Aufgrund einer kürzlich erfolgten Klarstellung des Gesetzgebers besteht diese Möglichkeit nun auch für Beschäftigte, die vom Tag des Erlasses des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl aus anderen Gründen (zum Beispiel Elternzeit oder Arbeitsunfähigkeit) nicht im Betrieb anwesend sein werden. Eine Übersendung der Briefwahlunterlagen sollte dementsprechend zumindest an solche diejenigen erfolgen können, die pandemiebedingt dauerhaft im Homeoffice arbeiten.

Für wen die Ausnahme der Briefwahl nicht greift, wählt weiterhin im Wahllokal. Für dieses ist ein Hygienekonzept zu erstellen, um Infektionsrisiken zu minimieren (zum Beispiel Mindestabstände, regelmäßiges Lüften, Bereitstellen von Desinfektionsmittel).

7. Stimmauszählung

Auch die Stimmauszählung hat (weiterhin) öffentlich zu erfolgen. Sofern die Räumlichkeiten nur eine bestimmte Personenzahl erlauben, darf Personen der Zutritt verweigert werden, ohne dass der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt wird. Dies hatte das Bundesarbeitsgericht allerdings schon im Jahr 2000 – also weit vor der Pandemie – entschieden.

8. Konstituierende Sitzung des Betriebsrats

Auch die konstituierende Sitzung des Betriebsrats kann nach neuer Rechtslage unter den bereits genannten Voraussetzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz stattfinden.

Weitere Beiträge aus unserer Artikelserie zu den Betriebsratswahlen 2022:

Betriebsratswahlen 2022: Pflichten, Rechte, Anfechtbarkeit

Betriebsratswahlen: Die 10 größten Fehler für Arbeitgeber

Betriebsratswahl 2022: Diese Neuregelungen gibt es

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren
Dr. Anja Naumann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.

Anja Naumann

Dr. Anja Naumann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.
Dr. Maximilian Koschker ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.

Maximilian Koschker

Dr. Maximilian Koschker ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Er berät Unternehmen in allen individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragestellungen, insbesondere im Zusammenhang mit den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt und der zunehmenden Digitalisierung (Arbeitswelt 4.0).

Weitere Artikel