Wie sich die Arbeitsmethode Scrum arbeitsrechtlich auswirkt

Arbeitsrecht

Im Zusammenhang mit der Flexibilisierung von Entwicklungsprojekten stellen viele Unternehmen ihre internen Arbeitsprozesse bereits auf agile Arbeitsmethoden um. Die beliebteste Projektmethode ist dabei „Scrum“. Was ist Scrum und wie wirkt sich die agile Transformation auf die betrieblichen Hierarchieebenen aus?

Scrum als agile Arbeitsmethode

Scrum zeichnet sich im Wesentlichen durch eine Dreiteilung im personellen Bereich aus: Es gibt den „Product Owner“, den „Scrum-Master“ sowie das Entwicklungsteam.

Der Product-Owner stellt die Anforderungen an das Produkt zusammen, welche sodann in einzelne Aufgabenbereiche („tasks“) mit unterschiedlicher Priorität gegliedert werden (sogenannter „Product Backlog“).

Dem Scrum-Master als Coach des Entwicklungsteams (sogenannte „Squads“) kommt eine moderierende Funktion zu. Weder der Product-Owner noch der Scrum-Master haben ein fachliches Weisungsrecht gegenüber dem Entwicklungsteam. Das Entwicklungsteam setzt sich aus Mitgliedern verschiedener Fachrichtungen zusammen, die über das für das Projekt notwendige Wissen verfügen und sich bei der Umsetzung des Projekts selbst organisieren. Den aktuellen Projektstand erörtern die Beteiligten üblicherweise täglich während gemeinsamer Treffen.

Das Ergebnis eines jeden Arbeitszyklus (sogenannter „Sprint“) wird in einem „Review-Gespräch“ mit dem Product-Owner und gegebenfalls mit dem Kunden diskutiert. Ziel des Review-Gesprächs ist es, Fehler zu identifizieren, um diese dann im nächsten Sprint beheben zu können. Am Ende steht dann das auf den Kunden zugeschnittene Endprodukt.

Der Vorteil von Scrum liegt darin, dass eine langwierige Planungsphase entfällt. Dem Kunden, der zu Projektbeginn noch keine abschließende Vorstellung von dem zu entwickelnden Endprodukt hat, wird es im Rahmen dieses dynamischen Prozesses und aufgrund des Entwicklungsfortschrittes ermöglicht, die Idee des finalen Endprodukts weiter zu konkretisieren.

Folgen für die Arbeitsvertragsgestaltung

Um die Mitarbeiter entsprechend ihren fachlichen Qualifikationen – möglichst in verschiedenen Projekten – flexibel einsetzen zu können, sollten Arbeitgeber bei der Arbeitsvertragsgestaltung darauf achten, dass keine starre Tätigkeitsbeschreibung erfolgt; vielmehr sollte der Tätigkeitsbereich weit gefasst werden, um den Mitarbeiter flexibel einsetzen zu können.

Auswirkungen auf betriebliche Hierarchieebenen und arbeitgeberseitige Weisungsrechte

Agile Arbeitsmethoden führen dazu, dass fachliche Weisungen „von oben nach unten“ wegfallen, klassische Hierarchieebenen werden aufgehoben. Davon unberührt bleibt das disziplinarische Weisungsrecht des Arbeitgebers, welches ihn im Falle von arbeitsvertraglichen Pflichtverstößen der Mitarbeiter dazu berechtigt, arbeitsrechtliche Sanktionen wie etwa Abmahnungen oder Kündigungen auszusprechen.

Praxishinweis zur Erprobung agiler Arbeitsmethoden

Unternehmen sind gut beraten, im Rahmen des Arbeitsvertrags nicht auf ihr arbeitgeberseitiges Weisungsrecht nach § 106 GewO zu verzichten. So sichern sich die Unternehmen als Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Erprobung agiler Arbeitsmethoden wie beispielsweise „Scrum“ einen größtmöglichen Handlungsspielraum, der ihnen die einseitige Strukturierung betrieblicher Arbeitsabläufe sichert. Bei unternehmensübergreifenden Teams sind Arbeitgeber gut beraten, das Risiko einer sogenannten verdeckten Arbeitnehmerüberlassung im Blick zu haben und entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung zu ergreifen.

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Johanna Reiland ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke.

Johanna Reiland

Johanna Reiland ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Osborne Clarke. Sie berät nationale und internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht sowie im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO).

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