Auch Leiharbeitsstellen intern ausschreiben

Arbeitsrecht

Arbeitgeber sind auch dann dazu verpflichtet, Stellen intern auszuschreiben, wenn diese nur „vorübergehend“ mit Leiharbeitern besetzt werden sollen. Verzichtbar ist das nur, wenn eine interne Besetzung „offenkundig“ ausscheidet.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 15.Oktober 2013 (1 ABR 25/12) entschieden, dass ein Arbeitgeber bereits gesetzlich verpflichtet ist, auch solche Arbeitsplätze innerbetrieblich auszuschreiben, die nur vorübergehend mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen.

In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt bestand im Betrieb des Arbeitgebers eine Betriebsvereinbarung „Stellenausschreibung“, worin eine Ausschreibungspflicht für alle intern zu besetzenden Arbeitsplätze vereinbart war, sowie eine Betriebsvereinbarung „Auswahlrichtlinien“, die eine vorrangige Besetzung der Arbeitsplätze für bereits im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer vorsah. Der Arbeitgeber stellte im Jahr 2012 in mehreren Wellen Leiharbeitnehmer ein; zur gleichen Zeit endeten zahlreiche befristete Arbeitsverträge im Betrieb, die vom Arbeitgeber nicht verlängert wurden. Der Betriebsrat beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht dem Arbeitgeber zu untersagen, Leiharbeitnehmer einzustellen, bevor nicht zuvor eine innerbetriebliche Stellenausschreibung durchgeführt worden ist.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Betriebsrat Recht. Es führte aus, dass der Arbeitgeber bereits gesetzlich verpflichtet ist, auch solche Arbeitsplätze innerbetrieblich auszuschreiben, die nur vorübergehend mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen, wobei das BAG eine Einsatzzeit, die voraussichtlich vier Wochen übersteigt, als „vorübergehend“ definierte. Diese arbeitgeberseitige Verpflichtung begründete das Bundesarbeitsgericht mit dem systematischen Zusammenhang des § 93 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) (Stellenausschreibung) und des § 99 BetrVG (Einstellung), denn nach § 99 BetrVG bestünde ein Zustimmungsverweigerungsgrund auch bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern, wenn eine Ausschreibung unterblieben sei.

Da die freie Entscheidung des Arbeitgebers bei der Besetzung von Arbeitsplätzen hinsichtlich besonders geschützter Arbeitnehmergruppen – beispielsweise schwerbehinderte Arbeitnehmer und ihnen Gleichgestellten (§ 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB XI) – eingeschränkt sei, müsse bereits auch aus diesem Grund eine innerbetriebliche Stellenausschreibung stattfinden; gleiches gelte aufgrund der Rücksichtnahmepflicht bezüglich leistungsgeminderten Beschäftigten. Im streitigen Sachverhalt bestand zudem aufgrund einer Betriebsvereinbarung die Verpflichtung, interne Bewerber bei gleicher Qualifikation vorrangig zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber nur dann von einer Ausschreibung absehen, wenn mit innerbetrieblichen Bewerbungen auf die in Frage kommenden Arbeitsplätze offenkundig nicht zu rechnen ist.

In Zeiten der höchstrichterlichen Überprüfung von Leiharbeit stärkt auch diese Entscheidung die Rechte der im Betrieb bereits Beschäftigten. Wenig hilfreich ist die Entscheidung allerdings vor dem Gesichtspunkt, wann eine Ausschreibung unterbleiben kann, weil eine innerbetriebliche Besetzung des Arbeitsplatzes „offenkundig“ ausscheidet. Hierbei lässt das Bundesarbeitsgericht offen, ob dies bereits dann erfüllt ist, wenn es keine Beschäftigungsgruppen im Betrieb gibt, die bereits einen gesetzlichen Anspruch auf den Arbeitsplatz haben oder ob es hierfür weiterer Voraussetzungen bedarf. Selbst wenn innerbetriebliche Vereinbarungen zur Stellenausschreibung nicht bestehen, ist daher zunächst der Praxis weiterhin zu empfehlen, in allen derartigen Fällen interne Ausschreibungen vorzunehmen.

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Dr. Sarah Reinhardt-Kasperek, Foto: Privat

Sarah Reinhardt-Kasperek

Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Dr. Sarah Reinhardt-Kasperek ist Partnerin, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in München.

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