Aus Frust wird Lust am eigenen Erfolg

Personalmanagement

Das Theaterprojekt „Selbstbewusst auf dem Weg zum Ausbildungsplatz“ will nicht unterhalten. Es will Schüler, die keine guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt haben, aufrütteln.

Ibo sitzt auf einem Tisch und lässt die Beine baumeln, krummer Rücken, trauriges Gesicht, Jogginghose. Ausbildungsplatz: Fehlanzeige. Perspektive: keine. Frust: groß. Ibo ist zwar nur eine Figur auf der Bühne in einer Theaterszene der Theaterpädagogin Friderike Wilckens-von Hein, doch Ibo hat viel gemeinsam mit den Schülern im Publikum. So viel, dass sie ihn unterstützen, beraten, sogar verändern wollen. Sie treten zu dem Schauspieler auf die Bühne und reden ihm gut zu. Das Theaterprojekt „Selbstbewusst auf dem Weg zum Ausbildungsplatz“ fördert Jugendliche aus sozialen Brennpunkten, die noch zur Schule gehen, aber die Zukunft für sich eigentlich schon abgeschrieben haben. Nicht so, wenn es auf der Bühne um Ibo geht: Endlich hat sich die Hauptfigur um ein Praktikum beworben, hat es geschafft, eine Bewerbung abzuschicken – aber erhält eine Absage. Es droht sich Frust breit zu machen. „Das ist meistens der Punkt, an dem sich das Publikum einschaltet, weil sie alle diese Situation so gut kennen“, erzählt Wilckens-von Hein, „aber hier erkennen sie, dass Ibo nicht aufgeben darf, dass er es weiter versuchen muss.“

So nahe wie kaum ein Erwachsener

Wilckens-von Hein hat mit dem „Forumtheater inszene“ einen Kanal entwickelt, der frustrierten Jugendlichen so nahe kommt wie es sonst kaum ein Erwachsener schafft. Zumal, wenn es um Themen wie die eigene Zukunft, Bewerbungen und die Arbeitswelt geht. „Schauspieler zeigen Gefühle deutlicher als wir es in der Realität erleben“, erklärt Wilckens-von Hein, „und wenn die Zuschauer von den Schauspielern berührt sind, dann mischen sie sich auch ein.“

Einmischen ist das Hauptziel des Theaterprojekts, denn dann sind die Schüler mit ihrem ganzen Eifer dabei und wollen anschließend an sich arbeiten. Besonders leistungsschwache Schüler aus bildungsfernen Haushalten bekommen so neue Perspektiven. Das Projekt, das aus Stiftungsgeldern und Spenden finanziert wird, hat dafür im vergangenen Jahr den Hidden Movers Award der Deloitte Stiftung erhalten.

In mehr als 20 Haupt-, Real- und Förderschulen im Rheinland hat die Pädagogin ihr Mitmach-Theater bereits aufgeführt und ist selbst beeindruckt von dem Erfolg: Im Anschluss an das Projekt, das bis zu drei Wochen in einer Klasse mit Workshops begleitet werden kann, sollen sich die Schüler um ein Praktikum bewerben. „95 Prozent der Schüler bekommen tatsächlich einen Praktikumsplatz“, berichtet Wilckens-von Hein, „das liegt auch an unserem Training.“

Ausgangspunkt ist eine zwölfminütige Aufführung mit drei Schauspielern, an die sich weitere improvisierte Theaterszenen anschließen. Wichtig ist dafür die Recherche vorab: Für die Entwicklung des Ausbildungs-Theaters hat Wilckens-von Hein mit betroffenen Jugendlichen und Lehrern gesprochen und Situationen aufgeschrieben, die die Schüler jeden Tag erleben. Auch die Schauspieler beschäftigen sich vorher intensiv mit dem Charakter, den sie darstellen wollen. „Am Ende entstehen daraus die Figuren und Szenen, die wir vor der Aufführung schon einmal einigen Schülern zeigen. Ihre Rückmeldungen nehmen wir ebenfalls auf“, sagt die Theaterpädagogin. Das Theaterstück ist der Kick-off für eine Workshop-Phase. Wilckens-von Hein erarbeitet mit den Schülern, wo die Hürden für den Übergang von der Schule in den Beruf liegen und wie beispielsweise Vorstellungsgespräche gelingen können.

Wirtschaftspaten gesucht

Aktuell sucht die Theatermacherin nach Paten aus der Wirtschaft, die im Anschluss an die Workshops für die Jugendlichen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, um ihnen Hinweise zu geben. „Sonst ist das Feuer später wieder erloschen und die Jugendlichen gleiten in ihr altes Leben zurück.“

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Petra Schäfer

Online Redaktioni

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