Corona-Virus: Erste Hilfe für Unternehmen

Arbeitsrecht

+++UPDATE: Die Regelungen gelten rückwirkend zum 1. März. Dies hat Arbeitsminister Hubertus Heil am16. März beschlossen.+++

Bis vor Kurzem war ein derartiger wirtschaftlicher Einbruch undenkbar. Zur Erinnerung: Der DAX stand vor circa 3 Wochen auf seinem Rekordhoch. Ein Konjunkturrückgang hatte sich dennoch abgezeichnet. In dieser Situation trifft der Corona-Virus die deutsche Wirtschaft mit voller Wucht; in dieser Heftigkeit auch gänzlich unvorbereitet. In dem Moment, in dem Sie diese Zeilen lesen, ist unabsehbar, welche Ausmaße der Virus auf die weltweite Konjunkturlage weiter haben wird. Im manchen Branchen, insbesondere bei kleineren Marktteilnehmern, werden trotz an sich funktionierenden „Business-Cases“ bereits in absehbarer Zeit unweigerlich Liquiditätsengpässe zu spüren sein.

Erhebliche Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld

Der Staat kommt den bedrängten Unternehmen nun sehr rasch zur Hilfe. Der Bundestag hat mit dem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ am 13. März 2020 neben anderen Maßnahmen den Zugang der Unternehmen zum Kurzarbeitergeld (KUG) erheblich erleichtert. Die Geschwindigkeit, mit der das Gesetz verabschiedet wurde, zeigt, mit welchen Auswirkungen jedenfalls die Bundesregierung rechnet. Das KUG war schließlich bereits während der Finanzkrise 2008/9 für viele Unternehmen die Rettung. Bundesarbeitsminister Heil hatte bereits seinen Draghi-Moment und verkündete: das KUG wird reichen!

Kurzarbeit ist die vorübergehende (in der Regel maximal bis zu 12 Monate) Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit zur wirtschaftlichen Entlastung des Betriebs durch Senkung der Personalkosten. Der Arbeitnehmer wird von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit, verliert in dieser Höhe aber auch seinen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Der Verdienstausfall des Arbeitnehmers wird durch KUG seitens der Agentur für Arbeit (AfA) ausgeglichen. Durch die neuen ab dem 1. April 2020 geltenden Regelungen ist die Feuerkraft des KUGs nochmals verstärkt worden:

  • Zukünftig erhalten Unternehmen bereits KUG, wenn nur zehn Prozent der Arbeitnehmer eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind. Vorher war ein Arbeitsausfall für 30 Prozent der Belegschaft erforderlich.
  • Unternehmen müssen künftig keine Sozialversicherungsbeiträge mehr auf das KUG zahlen
  • Es ist nicht mehr erforderlich, den Arbeitsausfall vor der Beantragung von KUG durch Abbau von Plusstunden auf einem Arbeitszeitkonto zu kompensieren.
  • Auch Zeitarbeitsunternehmen steht der Zugang zum KUG nun offen.

Wie können Unternehmen nun kurzfristig vom neuen KUG profitieren und damit die dringend benötigte Entlastung erhalten?

Unverzüglich (arbeits-)rechtliche Grundlage für KUG schaffen

Das Unternehmen darf nicht einfach einseitig Kurzarbeit anordnen, sondern muss dies entweder mit dem Betriebsrat oder jeweils mit allen Arbeitnehmern vereinbaren. Diese Vereinbarung muss beim Antrag auf KUG der AfA vorgelegt werden. Sofern in den Arbeitsverträgen nicht ohnehin schon eine „Kurzarbeiterklausel“ enthalten ist, sollte dies jetzt schnellstmöglich durch entsprechende Vereinbarungen erfolgen. Sofern ein Betriebsrat besteht, unterliegt die Einführung von Kurzarbeit auch zwingend seiner Mitbestimmung. In diesem Fall kann anstelle einer arbeitsvertraglichen Regelung auch eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, was den administrativen Aufwand deutlich reduziert.

Engmaschig Arbeitsvolumen monitoren

Voraussetzung für die Bewilligung von KUG ist ein erheblicher Arbeits- und Entgeltausfall, der entweder auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen kann. Gründe für Kurzarbeit können daher unter anderem Absatzrückgang, Rohstoffmangel, Unterbrechungen der Lieferkette oder ähnliches sein, sofern diese unvermeidbar sind. Die Corona-bedingten betrieblichen Einschränkungen können daher einen Anspruch auf KUG begründen. Sinn und Zweck des KUG ist, Entlassungen zu vermeiden. KUG wird daher nur gewährt, wenn der Arbeitsausfall aus einer ex-ante Perspektive vorübergehend ist. Mit anderen Worten: KUG darf nicht zur Vorbereitung eines Personalabbaus genutzt werden. Insofern ist das KUG in einer Zeit, in der die Krise auf den anhaltenden Fachkräftemangel trifft, auch das geeignete Mittel. Denn so ist gewährleistet, dass im nach der Krise zu erwartenden Aufschwung die in unserer „Wissenswirtschaft“ so dringend benötigten Fachkräfte verfügbar sind.

Ziel des Monitorings ist es, im Fall der Fälle nicht juristische Feinfragen zu klären, sondern unverzüglich KUG beantragen zu können.Daher sollte die betriebliche Situation spätestens jetzt intensiv gemonitort werden. Für KUG ist übrigens nicht Arbeitsausfall im ganzen Unternehmen erforderlich. Auch wenn einzelne Bereiche noch unter Volllast fahren, kann für die vom Ausfall betroffenen Betriebsteile isoliert KUG beantragt werden. Ebenso kann der Bezug von KUG ohne weiteres unterbrochen werden, sofern die Auftragslage wieder anzieht.

Arbeitsausfall frühzeitig anzeigen

KUG wird erst ab dem Monat gewährt, in dem der Arbeitsausfall bei der AfA schriftlich angezeigt wurde. Diese Anzeige sollte daher bereits frühzeitig vorgenommen werden. In der Anzeige muss der Arbeitgeber zunächst die Ursachen für den Arbeitsausfall begründen. Daraufhin erlässt die AfA in der Regel sehr kurzfristig einen Anerkennungsbescheid, mit dem KUG bei Vorliegen der Voraussetzungen anerkannt wird. In einem zweiten Schritt muss das Unternehmen das KUG für jeden einzelnen von dem Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer errechnen und mittels eines Formulars der AfA beantragen. Hierfür gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten beginnend mit dem Monat, für den erstmalig KUG beantragt wurde. Die AfA erstattet den Unternehmen dann das von ihm verauslagte KUG.

Was gilt jetzt?

Das KUG in seiner nochmals erleichterten Form ist ein wirksames Tool, den durch die Corona-Krise verursachten Arbeitsausfall aufzufangen. Auch Produktivitätsbeeinträchtigung in Folge von „Corona-Homeoffice“ können durch KUG gelindert werden. Wichtig ist, dass die Unternehmen den Bezug von KUG jetzt vorbereiten, um dann, wenn Liquidität kurzfristig benötigt wird, ohne Umwege zur Tat schreiten zu können.

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Johannes Simon, Partner, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Arbeitsrecht, Taylor Wessing Düsseldorf

Johannes Simon

TaylorWessing
Johannes Simon, LL.M. (Durham) ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Taylor Wessing in Düsseldorf. Er berät nationale und internationale Unternehmen insbesondere in den Bereichen Personalflexibilisierung, innerbetriebliches Outsourcing und Fremdpersonal-Compliance.
Jan-Patrick Vogel, Taylor Wessing

Jan-Patrick Vogel

TaylorWessing
Jan-Patrick Vogel, LL.M. (Stellenbosch), Salary Partner, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Taylor Wessing in Frankfurt. Er berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen sowie leitende Angestellte und Organe zu allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Jan-Patrick Vogel hat sich auf das Arbeitsstrafrecht/ HR-Compliance spezialisiert. Er berät umfassend zur Implementierung und Weiterentwicklung einer HR-Compliance Organisation sowie zur repressiven Verteidigung von Unternehmen bei unternehmensinternen Straftaten.

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