Weiterbildung 4.0 und Datenschutz

Arbeitsrecht

Berufliche Weiterbildung ist ein Kernthema im Kontext der Digitalisierung der Arbeitswelt. Für Unternehmen besteht die Chance, ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen. Dabei gilt es vor allem, datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten.

Lebenslanges Arbeiten und Lernen prägen einschlägige berufspolitische Diskussionen. Die Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten und Weiterbildungsformaten ist entsprechend groß. Aus Arbeitnehmersicht sind die betrieblichen Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten signifikante Entscheidungskriterien bei der Wahl des Arbeitgebers.

Eine exakte juristische Definition des Begriffs „Weiterbildung“ existiert jedoch nicht; gleichwohl kann man hierunter jegliche Maßnahmen verstehen, die vorhandene berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse vertiefen und erweitern. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind berufliche Weiterbildungsmaßnahmen von großem Interesse. Umgekehrt ist der Bedarf an fachfremden Bildungsangeboten (zum Beispiel der Chinesischkurs für Mitarbeiter des Controllings) in der Regel von geringer praktischer Relevanz.

Es heißt, Arbeitnehmer der jüngeren Generation fokussierten sich weniger auf eine (in finanzieller Hinsicht) erfolgreiche Karriere, sondern eher auf maximale Identifikation mit der eigenen Tätigkeit. In der Praxis kommt es daher immer häufiger vor, dass Arbeitnehmer konkret nach Weiterbildungsangeboten fragen oder diese sogar einfordern.

Pflicht zur Weiterbildung?

Zweifelsohne können Arbeitnehmer dies erfolgreich geltend machen, sofern ein Anspruch aus dem Arbeitsvertrag oder, was häufiger vorkommen dürfte, aus einer betrieblichen oder tariflichen Regelung resultiert. Sofern die dort niedergelegten Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers zu befriedigen. Soweit kein formeller Anspruch besteht, haben Arbeitnehmer derzeit wohl schlechte Karten, eine bestimmte, wenn auch beruflich einschlägige, Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich zu beanspruchen. Denkbar ist es, einen entsprechenden Anspruch aus den auch für den Arbeitgeber geltenden Nebenpflichten zu konstruieren; soweit ersichtlich, ist diese Diskussion – sofern sie überhaupt vertieft geführt wird – aber noch in den Anfängen.

Umgekehrt stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verpflichtet werden können, an bestimmten Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Sie sind nämlich dann verpflichtet teilzunehmen, wenn Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich sind, damit der Arbeitnehmer weiterhin seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen kann. Solche Fortbildungen kann der Arbeitgeber im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts grundsätzlich einseitig zuweisen. Nehmen Arbeitnehmer dann weisungswidrig nicht an solchen Veranstaltungen teil, riskieren sie arbeitsrechtliche „Sanktionen“, wie eine Abmahnung.

Besonderheiten beim E-Learning

In Zeiten von Arbeiten 4.0 und der digitalisierten Arbeitswelt treten klassische Präsenzschulungen in den Hintergrund – umgekehrt nimmt das Angebot an Online-Schulungen stetig zu. Der Vorteil dieser Schulungsart besteht darin, dass Arbeitnehmer hierfür nicht ihren Arbeitsplatz verlassen müssen, sondern die Schulung in der gewohnten betrieblichen Umgebung absolvieren können. Das erspart den Arbeitnehmern unnötige Reisezeit und den Unternehmen zusätzlich anfallende Reisekosten. Sofern man nun aber jegliche bisher physisch angebotenen Schulungen online anbietet, müssen Unternehmen bestimmte zusätzliche rechtliche Parameter beachten. Vor allem dann, wenn es einen Betriebsrat gibt, drehen sich viele Streitfragen seit Verabschiedung der DSGVO um datenschutzrechtliche Aspekte. Das Thema Datenschutz ist in der Vergangenheit eher „stiefmütterlich“ behandelt worden.

Unternehmen wussten eigentlich immer schon, dass der Datenschutz zu beachten sei; ein Verstoß hatte in der Regel aber keine empfindlichen Sanktionen zur Folge. Bekanntlich ändert sich das mit Inkrafttreten der neuen datenschutzrechtlichen Regelungen. Um insoweit keine unnötigen finanziellen Risiken einzugehen, sollten Arbeitgeber bei der Einführung und Ausgestaltung von Online-Weiterbildungstools auf bestimmte datenschutzrechtliche Mindeststandards achten.

Schließlich kommt kein Weiterbildungstool ohne die Verarbeitung personenbezogener Daten aus. Wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden, gelten auch die Datenschutzgesetze. Da diese anwendbar sind, muss der Arbeitnehmer darüber informiert werden, wozu und in welchem Umfang seine Daten in dem Tool und bei etwaigen Tests verarbeitet werden. Die Information muss erfolgen, bevor die Daten des Arbeitnehmers verarbeitet werden, das heißt, bevor sich der Arbeitnehmer in dem Weiterbildungstool registriert. Bei der Registrierung müssen im Idealfall diese Datenschutzhinweise eingebunden werden.

Verarbeitung personenbezogener Daten

Um personenbezogene Daten verarbeiten zu dürfen, bedarf es zudem einer Rechtsgrundlage. Rechtsgrundlagen können Einwilligungen der Arbeitnehmer sein. Erfolgt die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten auf der Grundlage einer Einwilligung, muss diese freiwillig abgegeben werden. Das ist im Rahmen eines Beschäftigtenverhältnisses ein grundsätzliches Problem, da der Angestellte vom Arbeitgeber abhängig ist. Das ab Mai 2018 geltende Bundesdatenschutzgesetz regelt, dass eine Freiwilligkeit zum Beispiel dann vorliegt, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleich gelagerte Interessen verfolgen. Ob das bei einer Weiterbildung und/oder einem Test der Fall ist, mag fraglich sein; sofern ein Arbeitnehmer eine Weiterbildung konkret beansprucht, wird das Erlangen einer Einwilligung keine praktischen Probleme hervorrufen.

Soll ein Arbeitnehmer aber zu einer Maßnahme verpflichtet werden, wird er mitunter geneigt sein, seine Einwilligung nicht zu erteilen. Eine Rechtsgrundlage kann in solchen Fällen dann darin bestehen, dass ein Test / eine Weiterbildung zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Sofern das der Fall ist, wird sich der Arbeitgeber in den meisten Fällen auf diese gesetzliche Rechtsgrundlage berufen können. Wichtig ist, dass sich der Arbeitgeber über die Rechtsgrundlage im Vorfeld der Datenerhebung im Klaren ist und dies entsprechend des unternehmensinternen Datenschutzmanagements dokumentieren muss.

Datensparsamkeit

Im Datenschutz gilt weiterhin der Grundsatz der Datensparsamkeit. Das bedeutet für jedes Weiterbildungstool, dass nur so viel an personenbezogenen Daten verarbeitet werden darf, wie notwendig ist, um die Weiterbildung durchzuführen. Das Tool muss so voreingestellt sein, dass nur die nötigsten personenbezogenen Daten gespeichert werden. Es müssen sich daher in jedem Einzelfall die Fragen gestellt werden, wer welche Daten sehen darf und was überhaupt gespeichert werden darf. Problematisch kann sein, ob einzelne Antworten oder die gesamte Dauer der Teilnahme gespeichert werden dürfen. Eine Lösung könnte beispielsweise darin bestehen, die Antworten und den Zeitpunkt, wann der Test absolviert wurde, zwar zu Nachweiszwecken zu speichern; das Berechtigungsmanagement kann aber vorsehen, dass nur bestimmte Personen Zugriff auf die Daten haben. So kann beispielsweise der Vorgesetzte lediglich über das Bestehen eines Tests oder über die Teilnahme an der Weiterbildung informiert werden, nicht aber über die detaillierten Ergebnisse zu den einzelnen Antworten.

All das verdeutlicht, welche Vorteile, aber auch Umstände die Digitalisierung der Arbeitswelt mit sich bringen kann; gleichwohl muss bei der Planung entsprechender Angebote/Maßnahmen frühzeitig notwendiger Regelungsbedarf individualisiert werden, um „compliant“ zu sein. Ein kluges und vorausschauendes Projektmanagement hilft, unnötige Risiken insoweit zu verhindern.

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(c) SKW Schwarz Rechtsanwälte

Alexander Möller

Alexander Möller ist seit 2011 als Rechtsanwalt zugelassen und ist als Counsel im Bereich Arbeitsrecht bei SKW Schwarz in Frankfurt tätig. Er berät deutsche und internationale Unternehmen in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.
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Yvonne Schäfer

Rechtsanwältin, Counsel im Bereich Datenschutz bei SKW Schwarz Rechtsanwälte
Yvonne Schäfer ist seit 2012 als Rechtsanwältin zugelassen und ist als Counsel im Bereich Datenschutz und gewerblicher Rechtsschutz bei SKW Schwarz in Frankfurt tätig. Sie berät deutsche und internationale Unternehmen zu datenschutzrechtlichen Angelegenheiten sowie zu Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes.

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