Der Königsweg aus der „Teilzeitfalle“?

Arbeitsrecht

Mit ihrem Referentenentwurf will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles als Teil einer umfassenderen Reform des Arbeitszeitrechts ein Recht auf befristete Teilzeit im TzBfG verankern. Damit soll für Teilzeitbeschäftigte – in der Mehrheit der Fälle Frauen – der Weg zurück in eine Vollzeitstelle geebnet werden.

Bereits im Jahr 2001 wurde mit dem Teilzeit-und Befristungsgesetz (TzBfG) ein Anspruch von Arbeitnehmern auf – unbefristete – Reduzierung ihrer Arbeitszeit eingeführt. Das hatte damals vor allem einen beschäftigungspolitischen Hintergrund: Durch die Steigerung von Teilzeitarbeit sollte Arbeitslosigkeit abgebaut werden. Tatsächlich steigt der Anteil von Teilzeitbeschäftigten insgesamt bis heute kontinuierlich. Der durchschnittliche Umfang der Teilzeit gemessen in Arbeitsstunden pro Woche stagniert demgegenüber seit Jahren. Die durchschnittliche Arbeitszeit von teilzeitbeschäftigten Frauen, die Kinder erziehen, ist sogar leicht rückläufig.

Insgesamt liegt der Frauenanteil an Teilzeitlern nach wie vor bei über 80 Prozent. Kein Wunder also, dass die durchschnittlichen Rentenansprüche von Frauen auch heute noch bei weniger als der Hälfte der Ansprüche von Männern liegen. Eine Rückkehr zur Aufstockung der Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigter Frauen wäre deshalb auch unter diesem Aspekt mehr als wünschenswert.

Frau Nahles greift das bereits im Koalitionsvertrag verankerte Ziel der Koalition, die Rückkehr in die Vollzeit durch Anspruch auf befristete Teilzeit zu fördern, daher nun kurz vor der Bundestagswahl unter dem Titel „Gleichstellung der Frau“ auf. Sie will mit einem Anspruch auf Befristung von Teilzeit dafür sorgen, dass der Wechsel in die Teilzeit keine Einbahnstraße mehr ist. Raus aus der „Teilzeitfalle“ – wer nicht dauerhaft in Teilzeit bleiben möchte, dem soll der Wechsel zurück in die Vollzeit erleichtert werden.

Der Referentenentwurf in Kürze

Bisher konnte der Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach dem TzBfG nur unbefristet geltend gemacht werden. Mit Inkrafttreten der beabsichtigten gesetzlichen Änderungen sollen Arbeitnehmer künftig auch jenseits der bereits geregelten Fälle von Elternzeit, Schwerbehinderung und Pflege verlangen können, dass ihre Arbeitszeit nur für einen imVoraus bestimmten Zeitraum reduziert wird. Ihre ursprüngliche Arbeitszeit soll im Anschluss wieder aufleben. Wie bisher soll der (befristete) Teilzeitanspruch nur bestehen, wenn das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten andauert und der Arbeitnehmer die Verringerung mindestens drei Monate zuvor beantragt. Stehen dem Teilzeitwunsch betriebliche Erfordernisse entgegen, kann der Antrag abgelehnt werden. Arbeitgeber, die nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen, bleiben von der Regelung ausgenommen. Auch sie sollen aber künftig zumindest verpflichtet sein, mit ihren Mitarbeitern einen Veränderungswunsch hinsichtlich Dauer und/oder Lage ihrer individuellen Arbeitszeit zu erörtern.

Wer sich in unbefristeter Teilzeit befindet, hat zwar kein „Rückkehrrecht“ zur bisherigen Arbeits- oder Vollzeit – es bleibt dabei, dass Teilzeitbeschäftigte lediglich bei der Besetzung von entsprechenden freien Arbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen sind. Auch für sie ändert sich aber etwas: Während bisher der Teilzeitbeschäftigte beweisen musste, dass es eine freie Vollzeitstelle beim Arbeitgeber gibt für die er geeignet ist, soll die Beweislast nun auf den Arbeitgeber verlagert werden.

Rückkehrrecht zur Vollzeit oder Förderung von Teilzeit zur Verbesserung der „Work-Life-Balance“?

Für Arbeitgeber führt der Referentenentwurf, so er denn noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird, voraussichtlich zu zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Rein quantitativ wird die Zahl der Anträge auf befristete Teilzeit zunehmen, damit verbunden sind aus Arbeitgebersicht Fristenkontrollen, das Prüfen von einem befristeten Teilzeitbegehren entgegenstehenden betrieblichen Gründen sowie vermehrter Aufwand bei der Personalplanung. Hierzu gehört etwa die befristete Einstellung von Ersatzkräften mit nur dreimonatigem Vorlauf, die in höher qualifizierten Arbeitsbereichen schwierig zu finden sind, ebenso, wie der Umgang mit etwaigen Personalüberhängen bei Rückkehr des befristeten Teilzeitmitarbeiters in die Vollzeit.

Ob das gewählte Mittel aber überhaupt dazu führen wird, eine Rückkehr gerade von Frauen in die Vollzeit zu fördern, ist fraglich. Für die große Mehrzahl der Teilzeitler – Eltern, meist nach wie vor Frauen – gibt es schon heute einen entsprechenden gesetzlichen Mechanismus. Das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) bestimmt ausdrücklich, dass Elternteilzeit das Recht, zu der vorher vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren, unberührt lässt. Das nun beabsichtigte neue Rückkehrrecht zur bisherigen Arbeitzeit beziehungsweise Vollzeit wird deshalb tatsächlich nur für Fälle außerhalb dieses großen Anwendungsbereichs Elternteilzeit von Frauen greifen.

Ob aus Teilzeit nach Ablauf der Elternzeit durch die geplante Regelung dann wirklich vermehrt Vollzeit von Frauen wird, dürfte ebenfalls fraglich sein: Wenn Eltern nach der Elternzeit nicht zurück in eine Vollzeitbeschäftigung wechseln, sind die wesentlichen Gründe hierfür eher an anderer Stelle zu suchen: Noch immer fehlt es an ausreichenden Kinderbetreuungsangeboten, die Voraussetzung für eine Vereinbarkeit von Familie und (Vollzeit) Berufstätigkeit sind. Hier hilft der Referentenentwurf nicht.

Zudem zeigt sich in der Praxis, dass Arbeitgeber einer Aufstockung der Arbeitszeit auf Vollzeit schon wegen der damit verbundenen größeren Verfügbarkeit und Flexibilität der Mitarbeiter in den meisten Fällen aufgeschlossen gegenüber stehen. In Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels sind gerade sie daran interessiert, qualifizierte Mitarbeiter(innen) – auch sukzessive – wieder in Vollzeit zu bringen. Der praktische Bedarf für ein statisches Wiederaufleben der urspünglichen Arbeitszeit ist deshalb in diesen Fällen gar nicht vorhanden. Dies geschieht einvernehmlich und unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und der betrieblichen Interessen.

Somit bleibt abzuwarten, welchen Anwendungsbereich die Gesetzesänderung praktisch haben wird. Die Entwurfsbegründung nennt hier quasi nebenbei als weiteres Anwendungsbeispiel noch den Mitarbeiter, der befristet in die Teilzeit geht, um Zeit für die Wahrnehmung eines Ehrenamts zu haben oder ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben zu erreichen.

Fazit

Das ohnehin schon sperrige Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBFG) wird mit dem Referentenentwurf um eine Variante – Anspruch auf Befristung von Teilzeit ohne Darlegung spezieller Begründungen wie Kindererziehung oder Pflege naher Angehöriger – erweitert. Für den großen Anwendungsfall von Teilzeit wegen Kindererziehung ist im BEEG ein vergleichbarer Mechanismus bereits verankert. In der Praxis stehen Arbeitgeber Aufstockungswünschen von teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern aufgeschlossen gegenüber.

Der Anwendungsbereich der künftigen Normen wird sich damit im Wesentlichen wohl auf Fälle beschränken, in denen ein Mitarbeiter aus privaten Gründen der Lebens- und Freizeitgestaltung Teilzeit arbeiten möchte. Dies betrifft bisher statistisch eine eher kleinere Gruppe von Mitarbeitern. Ob sich diese Gruppe vergrößern wird, wenn die Teilzeit nun auch ausserhalb des BEEG befristet in Anspruch genommen werden kann, bleibt abzuwarten. Im Ergebnis dürfte in diesem Fall allerdings nicht vornehmlich die Rückkehr von Frauen in die Vollzeit, sondern die Inanspruchnahme von Teilzeit aus Gründen der „Work-Life-Balance“ gefördert werden. Mit „Teilzeitfalle“ hat das bei näherem Hinsehen wenig zu tun.

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