Die Frauenquote und ihre rechtlichen Grenzen

Arbeitsrecht

Die Bundesregierung hält an den Plänen zu einer gesetzlichen Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten fest. Arbeitsrechtlich ist das problematisch – vor allem mit Blick auf AGG und Mitbestimmungsrecht.

Glaubt man den Medien, wird die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte nur für etwa hundert Unternehmen kommen, die börsennotiert und auf Unternehmensebene mitbestimmt sind. Weitere circa 2.800 Unternehmen, die nur börsennotiert oder mitbestimmt sind, sollen sich selbst eine (freiwillige) Frauenquote setzen und diese einhalten – die sogenannte Flexi-Quote, wobei bei Nichteinhalten Sanktionen drohen. Ob gesetzlich vorgeschrieben oder Flexi-Quote – bei der Umsetzung unterliegen Unternehmen rechtlichen Grenzen. Entscheidend ist unter anderem das Auswahlverfahren, wenn sich zwei gleich qualifizierte Bewerber unterschiedlichen Geschlechts auf eine Position bewerben, die der Frauenquote unterliegt.

Das rechtliche Ausgangsproblem ist Folgendes: Beschäftigte dürfen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unter anderem nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Angehörige des nicht unterrepräsentierten Geschlechts. In einem Unternehmen, in dem zum Beispiel Frauen im Vorstand oder Aufsichtsrat unterrepräsentiert sind, dürfen also auch Männer im Grundsatz nicht benachteiligt werden, wenn sie sich für eines der beiden Gremien bewerben.

Das Gesetz erlaubt aber durchaus, unterrepräsentierte Gruppen unter gewissen Voraussetzungen durch sogenannte positive Maßnahmen zu fördern. Derartige positive Maßnahmen müssen objektiv zur Förderung der benachteiligten Gruppe geeignet und angemessen sein und dürfen in die Belange der von der Begünstigung ausgenommenen Personen nicht übermäßig eingreifen. Eine Maßnahme ist geeignet, wenn sie den fraglichen Nachteil ausgleicht oder wahrscheinlich verhindern kann. Sie ist angemessen, wenn die von ihr bewirkte Zurücksetzung nicht geförderter Personen weder deren völligen Ausschluss von den fraglichen Vergünstigungen bewirkt, noch eine Entscheidungsautomatik zu ihren Lasten enthält. Die Umstände des Einzelfalls müssen auch bei positiven Maßnahmen stets berücksichtigt werden. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen zulässigen Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit und unzulässigen Maßnahmen zur Herstellung von Ergebnisgleichheit.

Für die Umsetzung einer Frauenquote bedeutet das: Auch wenn Frauen im Vorstand oder Aufsichtsrat unterrepräsentiert sind, ist es nicht zulässig, Frauen bei gleicher oder sogar niedriger Qualifikation automatisch und unbedingt vorrangig vor Männern in das betreffende Gremium einzustellen oder zu befördern. Der männliche Kandidat kann sich bei einem solchen Automatismus erfolgreich gegen seine Benachteiligung wehren. Handelt es sich um einen öffentlichen Arbeitgeber, kommt eine arbeitsrechtliche Konkurrentenklage in Betracht. Bei einem privaten Arbeitgeber kann der Übergangene Schadensersatz beziehungsweise Entschädigung wegen Diskriminierung verlangen.

Anders ist die Rechtslage, wenn die Quotenregelung zwar Frauen bei gleicher Qualifikation grundsätzlich bevorzugt, es aber keinen Automatismus zugunsten der Frau, sondern eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung etwaiger Härten gibt. Sieht die Quotenregelung beispielsweise vor, dass kein Automatismus besteht, wenn der männliche Kandidat zum Beispiel eine erheblich höhere Betriebszugehörigkeit aufzuweisen hat als die weibliche Bewerberin, ist die Quotenregelung – eine Unterrepräsentanz von Frauen vorausgesetzt – zulässig. Die Unterrepräsentanz sollte zudem in der Quotenregelung definiert werden, soweit das Gesetz nichts dazu vorschreibt.

Zu beachten ist im Übrigen, dass bei Quotenregelungen regelmäßig der Betriebsrat erzwingbar mitzubestimmen hat, soweit das Gesetz dem Arbeitgeber einen Entscheidungsspielraum bei der Ausgestaltung überlässt. Ein solcher Entscheidungsspielraum verbleibt dem Arbeitgeber jedenfalls bei der Flexi-Quote. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen und Versetzungen der Zustimmung des Betriebsrats. Auswahlrichtlinien im gesetzlichen Sinne sind Grundsätze, die der Entscheidungsfindung bei personellen Einzelmaßnahmen dienen sollen, wenn für diese mehrere Bewerber in Frage kommen. Soweit es um Einstellungen und Versetzungen geht, ist die eine Regelung zur Umsetzung einer Quotenregelung ein solcher Grundsatz. Verstößt eine Quotenregelung gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, sind auch personelle Einzelmaßnahmen, die auf Grundlage einer solchen mitbestimmungswidrigen Quotenregelung erfolgen, unwirksam.

Betroffene Unternehmen sollten diese rechtlichen Grenzen bei der Umsetzung der Frauenquote unbedingt beachten. Denn schon heute muss man kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich zumindest manche dieser Unternehmen mit nicht berücksichtigten männlichen Bewerbern vor den Gerichten auseinandersetzen werden müssen.

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Hund, Daniel, Foto: Privat

Daniel Hund

BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Daniel Hund ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Beiten Burkhardt in München.

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