Die Grenzen der Gestaltung bei Vertragsstrafen

Arbeitsrecht

Um Arbeitnehmer vor vertragsbrüchigem Verhalten abzuschrecken oder die Verletzung von bestimmten Pflichten zu sanktionieren, sehen Arbeitsverträge häufig Vertragsstrafen vor. Dabei sind bei der Vertragsgestaltung nach den Maßstäben der Rechtsprechung strenge Vorgaben zu beachten, anderenfalls droht die Unwirksamkeit der Regelung.

In seiner Entscheidung vom 24.August 2017 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nunmehr die Bedeutung des Transparenzgebots für Vertragsstrafenklauseln. konkretisiert Das Urteil könnte darüber hinaus aufgrund seiner grundsätzlichen Aussagen zur Anwendung des AGB-Rechts auf Arbeitsverträge auch Auswirkungen auf andere arbeitsvertragliche Regelungen haben.

Der Sachverhalt

Der Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers, dessen Bruttomonatsgehalt sich auf 1.650,00 Euro belief, sah für die Dauer der Probezeit von sechs Monaten eine Kündigungsfrist von 28 Tagen vor. Zudem enthielt der Vertrag an mehreren Stellen Vertragsstrafenklauseln für ein und denselben Fall: die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer ohne Beachtung der vereinbarten Kündigungsfrist ohne einen wichtigen Grund. Problematisch war, dass die einzelnen Vertragsstrafenklauseln im Hinblick auf die Höhe der Strafe unterschiedlich formuliert waren und als Strafe zunächst „ein durchschnittliches Bruttogehalt“ und im weiteren Verlauf des Vertrags „während der Probezeit das in der Kündigungsfrist erreichbare Bruttogehalt“ bestimmt war.

An seinem vierten Arbeitstag kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristlos, weshalb der Arbeitgeber von ihm die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.540,00 Euro forderte. Als der Arbeitnehmer diese verweigerte, klagte der Arbeitgeber. Während das Arbeitsgericht seine Klage noch zurückwies, bekam der Arbeitgeber in der Berufungsinstanz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln Recht.

Die Entscheidung

Hiergegen legte der Arbeitnehmer Revision ein und hatte vor dem BAG (Urt. v. 24.Aug. 2017 – 8 AZR 378/16) Erfolg: Nach Auffassung der Bundesarbeitsrichter habe der Arbeitgeber sich nicht auf die Vertragsstrafenklauseln im Arbeitsvertrag berufen können, da diese, nach den Regeln des auf den Arbeitsvertrag anzuwendenden AGB-Rechts, nicht den Maßgaben des Transparenzgebots entsprachen und damit im Ergebnis unwirksam waren.

Das Transparenzgebot des §307Abs.1Satz2 BGB verpflichtet den Arbeitgeber als Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, verständlich und durchschaubar darzustellen. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen deshalb so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt.

Dies war jedoch nach konsequenter Bewertung des BAG dem Arbeitnehmer im vorgelegten Fall gerade nicht möglich, da die Klauseln für ein und denselben Fall (die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer vor Ablauf der Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund) unterschiedliche Regelungen zur Höhe der Vertragsstrafe vorsahen und damit widersprüchlich waren. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender allerdings nicht nur dazu, die einzelnen Klauseln des von ihm vorformulierten Vertrags klar zu formulieren. Diese müssen auch im Kontext mit den übrigen Regelungen des Vertrags verständlich sein. Zusammengehörende Regelungen müssen grundsätzlich im Zusammenhang aufgeführt werden oder der Bezug muss in anderer Weise, etwa durch Bezugnahme auf andere Klauseln, deutlich gemacht werden. Ist das nicht der Fall und hat das zur Folge, dass die Vertragsgestaltung objektiv geeignet ist, den Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Rechtsstellung irrezuführen, ist das Transparenzgebot verletzt. Das gilt insbesondere für widersprüchliche Klauseln.

Hinweise für die Praxis

Arbeitgeber müssen bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen besondere Vorsicht walten lassen. Die strengen Vorgaben des AGB-Rechts zum Schutz von Arbeitnehmern führen regelmäßig dazu, dass nicht hinreichend verständliche Regeln unwirksam sind. Insbesondere sind Widersprüche zu vermeiden und Verträge konsistent zu formulieren. Dies gilt nicht nur für Vertragsstrafenklauseln, sondern auch für alle sonstigen Regelungen in Arbeitsverträgen.

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(c) Osborne Clarke

Mattis Aszmons

Mattis Aszmons berät nationale und internationale Mandanten im Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Sein Schwerpunkt ist die Beratung von M&A-Transaktionen und der von Unternehmen im Umgang mit Compliance-Verstößen und Personalabbaumaßnahmen sowie das Betriebsverfassungsrecht. Er vertritt Mandanten vor Arbeits- und Landesarbeitsgerichten. Mattis Aszmons studierte Rechtswissenschaften in Köln und schloss sein Studium 2012 ab. Während seines Referendariats arbeitete er in Arbeitsrechtsteams anderer internationaler Anwaltskanzleien. Mattis Aszmons arbeitete drei Jahre als Anwalt bei einer anderen großen Kanzlei, bevor er sich Osborne Clarke anschloss.

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