Die Macht der Empfehlung

Employer Branding

Bewerber und Mitarbeiter reden mit Freunden über ihre Erfahrungen, die sie mit dem Arbeitgeber gemacht haben. Personaler sollten das nicht unterschätzen.

Es ist nicht so, dass Unternehmen nicht wüssten, dass die eigenen Mitarbeiter im Rahmen des Employer Brandings und des Recruitings zunehmend wichtiger werden.

Viele haben mittlerweile Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programme eingeführt. Dennoch kann man noch viel mehr Multiplikatoren aus dem Firmenumfeld zu Arbeitgeber-Markenbotschaftern machen.

Auch nicht übernommene Absolventen und Auszubildende, in Rente verabschiedete Mitarbeiter und Bewerber, die nicht hundertprozentig gepasst haben, kennen das Unternehmen und reden mit Freunden und Verwandten darüber. Sie alle machen es bekannter. Ob im positiven oder negativen Sinne ist eine Frage guter Führung und eines guten Personalmanagements.

Bewerbungsprozesse nutzen

Heute ist die Bewerbungserfahrung wichtiger geworden. Das sollten sich die Unternehmen zunutze machen. Oft brauchen Personaler viel zu lang. Eine schnelle Bearbeitung und eine zeitnahe Antwort an den Bewerber drücken Wertschätzung aus, selbst wenn ihm abgesagt werden soll. Beim Bewerbungsgespräch hingegen möchte auch der Kandidat das Unternehmen und seine künftigen Kollegen kennenlernen. Da ist ein reines Interview mit einem Personaler und einer Führungskraft wenig zielführend.

Besser wäre ein ganzer Bewerbertag, an dem der Kandidat das Unternehmen und einige Kollegen richtig kennenlernen darf. So geht der Bewerber mit viel Wissen und einem positiven Eindruck aus dem Unternehmen, von dem er ehemaligen Kommilitonen, vernetzten Fachexperten oder aktuellen Kollegen berichten kann. Selbst abgelehnte Bewerber werden so zu Markenbotschaftern.

Fachkräften direkt weiterhelfen

Leider werden Bewerbungen heute noch archiviert, um bei späteren Personalbedarfen darin zu suchen. Nur ist die Fachkraft dann längst woanders gebunden. Auch das Erstellen von Bewerberdatenbanken, sogenannten Talentpools, unternehmensintern oder -übergreifend, wird immer wieder versucht, anstatt den Kandidaten sofort zu helfen. Viele Personaler betreiben hier hohen Aufwand, obwohl es mit den sozialen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn bereits entsprechende Datenbanken gibt, die mit Referenzen und Empfehlungen gepflegt werden. Bewerberpools bergen dabei noch die Gefahr, dass ein darin gefundener Mitarbeiter gleich wieder vom nächsten Arbeitgeber, der auch diesen Pool nutzt, abgeworben wird. Anders sieht es bei regionalen und branchenspezifischen Empfehlungs-Communities aus, die guten Kandidaten direkt einen Empfehlungscode für die nächste Bewerbung bei Partnern geben. Aus Absageschreiben werden so Empfehlungen zwischen Branchenkennern ganz ohne Provision und Abwerbung. Tue Gutes und rede darüber – Unternehmen werben damit auf ihren Webseiten: „Wir geben guten Bewerbern eine zweite Chance bei unseren Partnern.“

Moderne Ausbildung für moderne Personaler

Selbst an den Hochschulen wird künftigen HR-Mitarbeitern noch immer ein falscher Personal-Marketing-Mix beigebracht. Bereits 1997 wurde laut der Studie „Sources of Hire“ des CareerXroads das Ende von Printanzeigen in der Personalgewinnung eingeläutet. Trotzdem lehrt man Studenten die altmodischen Prinzipien der Printanzeigenerstellung, statt ihnen das R-AIDA-Prinzip für Online-Medien beizubringen. R steht hier für Relevanz, denn ohne Suchmaschinenoptimierung (SEO) gehen Anzeigen in langen Suchergebnislisten völlig unter.

Soziale Netzwerke werden den Studierenden zwar auch als Recruitingkanal für das Direct Sourcing vorgestellt, deren Wichtigkeit für den Aufbau einer Arbeitgebermarke wird dabei aber oft unterschlagen. Heute sind es Likes und Kommentare, die sich viral im Netz verteilen und damit eine Marke aufbauen und stärken.

Arbeit muss Talentmagnet sein

Oft wird beim Bewerber mit den Zusatzleistungen im Unternehmen geworben. Aber Feelgood Management mit Nackenmassagen ist nicht das, was eine Firma interessant macht. Sicher ist es wichtig, dass sich Bewerber und Mitarbeiter wohl fühlen, aber Talentmagnet sollte die Arbeit an sich sein. Was genau sind die spannenden Projekte oder auf welchen gesellschaftlichen Beitrag meiner Arbeit kann ich stolz sein?

Personaler und Führungskräfte müssen es schaffen, dass die Fachkräfte so etwas als Botschafter rüber bringen. Denn sie werden nicht über die frischen Äpfel am Arbeitsplatz reden, sondern über die interessanten Projekte, die man umsetzen darf. Die Mitarbeiter selbst müssen dabei gar nichts anderes machen als bisher, sondern einfach gute Arbeit verrichten. Nur müssen sie auch darüber reden – auf Konferenzen, Messen oder in sozialen Medien. Wem das nicht so leicht fällt, dem kann man mit einem Interview und Textaufbereitung unter die Arme greifen.

Im regelmäßigen Austausch

Ich höre oft Aussagen wie „Das Personal, das wir suchen, sucht nicht im Internet nach neuen Jobs“. Manche haben es einfach nicht nötig zu suchen. Man darf jedoch deren Online-Austauschfreudigkeit nicht unterschätzen. Fachkräfte kennen sich untereinander durch gemeinsame Ausbildung, Werdegänge, Freundeskreise. Im Zeitalter von sozialen Medien, Fachtagungen, Barcamps, et cetera verbreiten sich deren Meinungen und Erfahrungen viel schneller und weitläufiger. Das können und sollten Unternehmen für sich nutzen. Nicht zu unterschätzen sind dabei Online-Plattformen zu Arbeitgeberbewertungen. Zwar sind die Fachkräfte nicht naiv und glauben, dass man wirklich einen Blick hinter die Kulissen bekommt, aber etwas zur Firmenkultur kann man schon ableiten. Reagiert das Management auf schlechte oder gute Kommentare?

Man sieht sich zwei Mal im Leben

Achtzig Prozent der Bewerber und Mitarbeiter reden über ihre Bewerber- oder Mitarbeitererfahrung mit Freunden. Ein Unternehmen bewirbt sich nicht nur bei einer Fachkraft – es bewirbt sich bei deren gesamten Freundeskreis. Dieser ist heute dank sozialer und mobiler Vernetzung größer und kommunikativer. Davon profitieren insbesondere kleine und mittlere oder ballungsraumferne Unternehmen, die keiner kennt, über die man sonst nie redet.

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Jörg Klukas

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