Die Menschen im Zentrum

Personalmanagement

Ein motivierendes und gesundes Performance Management zu etablieren, ist in vielen Unternehmen eine große Herausforderung. Gleichzeitig muss es immer wieder den veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden. Sechs Thesen

Über Performance Management und die Etablierung einer Performance-Kultur ist bislang viel geschrieben worden. Wenn ich mir allerdings die Praxis und das Leben im Unternehmen anschaue, scheint es mit den bisherigen Bemühungen nicht ausreichend gelungen zu sein, die Rahmenbedingungen für gutes und richtiges Performance Management zu etablieren und die entsprechenden Instrumente bereitzustellen, die Akzeptanz finden.

Zu oft gibt es Kritik seitens des Managements und „der Linie“ in Richtung der HR-Abteilungen. Prozesse scheinen zu administrativ, nicht am Alltag und der Normalität der Menschen orientiert, oft mechanistisch und viel zu formalisiert. Nicht selten ist Performance Management für Führungskräfte eine Pflichterfüllung, die sie für HR-Abteilungen erledigen. Dann bleibt es jedoch oft ohne nachhaltige Wirkung.

Deshalb folgen an dieser Stelle ein paar grundsätzliche Gedanken zur Weiterentwicklung von Performance Management.

1) Performance Management ist Grundlage für Steuerung

Performance Management hat zwei Facetten: zum einen die unternehmerische Perspektive im Sinne der Steuerung aller operativen Aktivitäten hinsichtlich Budget und Zielerreichung – hoffentlich immer im Sinne der Kunden. Zum anderen geht es um eine individuelle Perspektive, nämlich die Leistung aller Mitarbeitenden im „what and how“ eben genau auf diese Ziele hin zu fokussieren. Performance Management findet demzufolge in sehr unterschiedlichen Kontexten statt.

2) Performance-Beurteilungen sind die Grundlage für nachgelagerte Entscheidungen

Performance Management ist die Grundlage für weitere Entscheidungen, die zu treffen sind. Erst dann wird die Wirkung eines guten Performance Managements entfaltet. Solche nachgelagerten Entscheidungen umfassen die Entwicklung der Menschen, grundsätzliche Gehaltsfragen, nicht-finanzielle Anerkennungen und variable Bonusanteile, Beförderungen, neue Aufgaben. Werden Entscheidungen dieser Art nicht im Kontext eines Performance Managements getroffen, entwickeln sich alle Aktivitäten zur Farce.

3) Der klassische Jahresprozess sollte aufgelöst werden

Es stellt sich die Frage, ob wir in der heutigen, schnelllebigen und dynamischen Zeit noch in den Jahresprozess-Strukturen von „Zielvereinbarungen – Feedback geben – Beurteilung“ denken und agieren können. Oder, ob eben diese schnelllebige, dynamische Zeit dazu führt, insbesondere Zielvereinbarungen und Feedback völlig flexibel im Jahreskontext zu ermöglichen. In einem kontinuierlichen Feedback-Dialog zu Leistung und Verhalten zu sein, erscheint heute sowieso ein normaler Anspruch wirksamer Führung. Zielvereinbarungen folgen nicht mehr einer Jahresscheibe, sind am 31. Dezember fertig und beginnen am 1. Januar neu. So wäre es eventuell hilfreich, Ziele immer dann zu vereinbaren, wenn neue Aufgabengebiete oder Anforderungen entstehen und dann zu beurteilen, wenn sie abgeschlossen sind – unabhängig von Datum und Phase im Jahr. Einmal im Jahr findet dann ein Beurteilungsgespräch statt, in dem über die erbrachten Resultate und das Verhalten der letzten 365 Tage sowie über zukünftige Schwerpunkte und damit verbundene Anforderungen gesprochen wird. All das erscheint in einer unternehmerischen Realität einfach zu verwirklichen und wäre viel näher an den Bedürfnissen von Mitarbeitenden und Führungskräften.

4) Sachziele und Verhalten sind gleichwertig

Viele Unternehmen gehen bereits heute dazu über, Verhaltensaspekte gleichrangig wie die Erreichung von Sachzielen zu beurteilen und ihnen einen gleichwertigen Anteil in der Gesamtleistung einer Person zuzuordnen. Grundlage hierfür ist die Erkenntnis, dass insbesondere die Fähigkeit mit anderen Menschen zusammen zu arbeiten, von den Ergebnissen anderer zu profitieren oder die Zielerreichung der Teamkollegen zu unterstützen maßgeblich für den Erfolg des Unternehmens ist. Die mittlerweile hohe Bedeutung von Teamzielen oder die stärkere Verknüpfung der variablen Gehaltsanteile an ein kollektives Unternehmensergebnis belegen das. Ein einzelner Mensch ist heute selten dazu in der Lage, wirklich alleine eine besondere Leistung zu erbringen. Zu verzahnt und voneinander abhängig sind die einzelnen Prozesse im Unternehmen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

5) Die Beurteilung darf nicht nur vom Vorgesetzten abhängig sein

Wenn die Zusammenarbeit im Team und die internen Abhängigkeiten von Prozessen zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist es auch nicht mehr zulänglich, die Beurteilung der Leistung eines Mitarbeitenden alleine vom Vorgesetzten abhängig zu machen. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, sowohl Mitte des Jahres als auch am Ende des Jahres im Management-Team über die Leistungen aller Mitarbeitenden zu reden und damit die Einschätzungen zu kalibrieren. Das erfolgt in jedem Management-Team. Das führt unter anderem dazu, dass Anspruchslevel und Anforderungen an Ziele miteinander abgestimmt und gleiche Maßstäbe in der Beurteilung angewendet werden. Die Mitarbeitenden betrachten dieses Vorgehen als äußerst fair.

Wie im Projektalltag normal, wäre es zudem hilfreich, vorgängig zur Beurteilung der Leistung am Ende eines Jahres verbindlich die Einschätzung von anderen Kollegen zur Leistung des Mitarbeitenden einzuholen. Dies kann informell oder formalisiert über entsprechende Prozesse und Tools abgebildet werden.

6) Entwicklungsthemen und Leistungsbeurteilung müssen entkoppelt werden

Viel zu häufig wird in das Jahresgespräch zur Beurteilung alles integriert, was irgendwie miteinander zu tun haben könnte. Wenngleich im Nachgang zur Beurteilung einige Entscheidungen zu treffen sind, heißt das nicht, alles in einem Prozessschritt erledigen zu müssen. Ich empfehle, Entwicklungsthemen von der Leistungsbeurteilung zu trennen. Dies unter anderem aus dem Grund, dass neben der Leistung eines Mitarbeitenden vor allem die Frage nach den vorhandenen Potenzialen für zukünftige Entwicklungsschritte relevant ist und diesen ausreichend Raum gegeben werden muss. Die Überlappung von Leistungsbeurteilungen und Potenzialeinschätzungen sollte deshalb vermieden werden. Somit wird einmal im Jahr über Leistung gesprochen und ein anderes Mal im Jahr über die Entwicklung. Mitarbeiter schätzen dies sehr.

Keine Patentrezepte

Am Ende des Tages müssen in jedem Unternehmen solche Lösungen gefunden werden, die zur Kultur passen und stimmig sind. Patentrezepte und die mechanistische Anwendung von Modellen funktionieren selten. Allerdings ist immer eine weitere Dimension zu berücksichtigen, die bislang noch wenig Beachtung gefunden hat. Gutes und wirksames Performance Management sowie das Arbeiten in einer Performance-Kultur dürfen nie zu übermäßigem Druck und zur Überforderung führen. Es gilt immer die Frage zu beantworten, wie eine motivierende und deswegen gesunde Kultur etabliert werden kann. Leistungsorientierung führt keineswegs zwangsläufig zu Stress, wenn sie in einem guten Rahmen „gelebt“ wird. Letztlich geht es immer nur darum, dass Performance Management und die Verantwortung der Führung dazu führen, dass Mitarbeitende ihre Potenziale entfalten können und für die richtigen Dinge im Unternehmen eingesetzt werden.

Führungskräfte haben dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das HR-Management ist dafür verantwortlich, die richtigen Instrumente und Prozesse zu etablieren und sich entsprechend einzubringen. Wenn all das geschieht, leisten Mitarbeitende viel, sogar sehr viel; und sie sind gesund, motiviert und zufrieden.

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Boris Billing

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