Die rechtlichen Spielregeln des Active Sourcing

Arbeitsrecht

Active Sourcing wird für viele Unternehmen zur Nachwuchsgewinnung immer wichtiger. Doch vor allem datenschutzrechtlich ist diese neue Form der Kandidatenrecherche und -ansprache nicht unproblematisch.So einiges sollte beachtet werden.

Kandidatenrecherche
Bei der Kandidatenrecherche stellt bereits die Wahrnehmung von Informationen des Kandidaten auf dem Bildschirm einen datenschutzrechtlich relevanten Vorgang dar. Was datenschutzrechtlich zulässig ist und was nicht, hängt von der Art des Netzwerks ab sowie davon, für wen die Profile einsehbar sind:

Sind Profile in Berufsnetzwerken wie Xing auch ohne Mitgliedschaft in dem Netzwerk öffentlich einsehbar, wird sich die Zulässigkeit der Datenerhebung regelmäßig aus § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ergeben. Hiernach sind unter anderem die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten zulässig, wenn diese allgemein zugänglich sind, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung offensichtlich überwiegt. Wenn Daten ohne Anmeldung beim Netzwerk öffentlich einsehbar sind, liegt eine allgemeine Zugänglichkeit im Sinne des § 28 BDSG vor. Auch kann davon ausgegangen werden, dass keine schutzwürdigen Interessen des Kandidaten entgegenstehen, da dieser selbst den Zugriff auf seine Daten zugelassen hat.

Das gleiche dürfte gelten, wenn das Profil nicht öffentlich zugänglich ist, sondern nur von bei dem Netzwerk angemeldeten Mitgliedern eingesehen werden kann. Denn die Anmeldung in einem Netzwerk stellt keine Hürde dar, sodass auch in diesem Fall die Daten als allgemein zugänglich im Sinne des § 28 BDSG gelten müssen. In beiden Fällen – öffentlich zugängliches und nur für Mitglieder zugängliches Profil – muss das Unternehmen nach § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG die Zwecke, für die die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, konkret festlegen.

Oft sind Profile aber nur bei einer direkten Verknüpfung mit dem Kandidaten einsehbar. Die Daten sind dann nicht allgemein zugänglich, sodass § 28 BDSG nicht zur Zulässigkeit der Recherche verhilft. Hier kommt zwar durch die Vernetzung mit dem Kandidaten eine konkludente Einwilligung nach §§ 4, 4a BDSG in Betracht, problematisch ist aber, dass die Einwilligung grundsätzlich schriftlich erfolgen muss. Ob hiervon wegen besonderer Umstände eine Ausnahme zu machen ist, ist zweifelhaft.

Bei Freizeitnetzwerken wie Facebook sieht die Lage anders aus: Eine Kandidatenrecherche ist in der Regel schon wegen der AGB der Netzwerkbetreiber unzulässig, da diese häufig eine Nutzung des Netzwerks zu geschäftlichen Zwecken untersagen. Auch datenschutzrechtlich ist die Recherche problematisch, denn in der Regel werden mangels beruflichen Bezugs schutzwürdige Interessen des Kandidaten im Sinne des § 28 BDSG der Datenerhebung entgegenstehen. Da der Kandidat nicht mit einer Datenerhebung durch Active Sourcing rechnen wird, kann auch nicht von einer Einwilligung nach §§ 4, 4a BDSG ausgegangen werden.

Kandidatenansprache
Nimmt das Unternehmen Kontakt zu dem Kandidaten auf, stellen sich vor allem wettbewerbsrechtliche Fragen, wobei hier nur die praxisrelevante elektronische Nachricht betrachtet wird.

Die Übersendung einer elektronischen Nachricht ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Kandidaten – die beim Erstkontakt nicht vorliegen kann – ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig und kann zudem eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Kandidaten darstellen. Allein Angaben wie „offen für Angebote“ genügen nicht zur Annahme einer ausdrücklichen Einwilligung, für deren Vorliegen das Unternehmen beweispflichtig wäre.

Liegt in der Kontaktaufnahme zugleich eine Abwerbung, so kann sich zum Beispiel eine Unlauterkeit aus § 4 Nr. 7, 10 UWG ergeben, wenn der Arbeitgeber des Kandidaten durch die Abwerbung herabgesetzt wird.

Fazit
Eine Kandidatenrecherche ist jedenfalls bei öffentlichen und für Mitglieder zugänglichen Profilen in Berufsnetzwerken möglich. Allerdings sind die wettbewerbsrechtlichen Risiken bei der Kandidatenansprache vielfältig. Um diese zu minimieren, sollten keine standardisierten Nachrichten an eine Vielzahl potenzieller Kandidaten verschickt, sondern wenige Kandidaten direkt angeschrieben werden, da dies von den Wenigsten als Belästigung empfunden werden dürfte. Bei Abwerbungen muss verstärkt auf die Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Verstöße geachtet werden.

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Bettina Scharff

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