Eine alte Zunft stirbt aus

Recruiting

Der Wandel im Personalmanagement macht auch vor der Personalberatung nicht halt, einer Profession, die lange vor allem im Recruiting eine gewisse Monopolstellung besaß. Zeit, sich neu zu definieren.

Was ist bloß aus den großen Namen der deutschen Personalberatungsbranche geworden – wie zum Beispiel den Kienbaums und Baumanns dieser Welt? Erinnerungen an die großen Anzeigen in der Süddeutschen Zeitung oder der FAZ werden wach. Und auch an den klassischen Personalberater dieser Zeit, typischerweise männlich, mit Nadelstreifenanzug, leicht grauen Schläfen und dem gewissen „Vertrauen Sie mir“-Blick.

„Das ist doch schon ewig her“, mag manch einer denken. Wirklich? Fünf bis zehn Jahre vergehen manchmal schneller als man denkt. Doch in unserem Zeitalter ist das tatsächlich eine halbe Ewigkeit. Jeder der sich im Personal-Metier tummelt – egal ob Personalberater, Agenturen, Headhunter, Dienstleister oder wie auch immer man sie nennen mag – wird bestätigen, dass sich der Markt in den letzten Jahren komplett verändert hat. Und vermutlich stehen wir erst am Anfang. Denn die alte Zunft der Personalberater wird langfristig aussterben. Ein guter Berater kann sich heute nicht mehr auf seiner Seniorität, seinem Image und seiner Erfahrung ausruhen. Die Ansprüche der Unternehmen werden höher, die vergebenen Aufträge schwieriger und die gesuchten Spezialisten seltener. Der enorme Konkurrenzdruck erledigt den Rest. Der Begriff „Personalberatung“ muss demnach neu definiert werden.

Personalabteilungen drängen in das Hoheitsgebiet der Beratungen vor

An diesem Umbruch in der Branche haben Personalabteilungen einen großen Anteil. Die Verlagerung des Recruitings auf die Online-Kanäle ist eine der gewichtigsten Veränderungen im Markt. Inzwischen veröffentlichen die Personalabteilungen nicht mehr bloß ihre Stellenanzeigen online. Die Unternehmen nutzen vermehrt webbasierte Tools, die den kompletten Recruiting-Prozess – von der Profildefinition über die Ausschreibung auf verschiedenen Jobbörsen bis hin zur Vorauswahl und dem Bewerbermanagement – abdecken können.

Ein Großteil dieser Prozesse läuft bereits vollautomatisch ab und spart somit viel Zeit. Großunternehmen haben für das Recruiting schon lange ihre eigenen Inhouse-Systeme etabliert und sich große Bewerberpools aufgebaut. Darin verwalten sie nicht nur Initiativbewerbungen, sondern lassen von Computern auch eine keyword-basierte Vorauswahl von Kandidaten treffen. Anders lässt sich die Masse an Bewerbungen, die beispielsweise die Automobilhersteller jährlich erhalten, gar nicht bearbeiten.

Parallel fühlen sich die Personalabteilungen in den sozialen Netzwerken schon richtig wohl. Gerade berufliche Netzwerke wie XING oder LinkedIn werden für die aktive Suche genutzt. Passives „Post & Pray“-Recruiting betreiben erfolgreiche Recruiter schon lange nicht mehr. Das Active Sourcing bietet den Personalabteilungen kreative Möglichkeiten, um auch passive Kandidaten abseits der Stellenbörsen für das Unternehmen zu gewinnen. Entscheidend ist dabei der anhaltende, persönliche Kontakt zu den potenziellen Kandidaten.

Ein bewährtes Mittel sind interne und externe Programme zur Mitarbeiterempfehlung. Dabei werden Tipps, die zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters führen, mit attraktiven Boni belohnt. Doch selbst vor der Direktansprache bei der Konkurrenz oder bei Kunden – einst eine Paradedisziplin und ein Alleinstellungsmerkmal der Personalberatungen – schrecken die Unternehmen nicht mehr zurück. Tabus, die im letzten Jahrhundert noch manifestiert waren, sind im Konkurrenzkampf um die besten Talenten verloren gegangen.

Schwarze Schafe schaden auch dem Image der Unternehmen

Ein weitere Personengruppe, die den Markt der Personalberatungen stark verändert hat, sind die „Vermittler“. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensläufe kreuz und quer an Unternehmen in Deutschland zu schicken – mal mit mehr, mal mit weniger Verstand. Abgerechnet wird bei einer erfolgreichen Einstellung. Die Provision liegt in der Regel bei 15 Prozent des Jahresgehalts des neu eingestellten Mitarbeiters.

All das macht den seriösen Personalberatern zu schaffen und drückt auf das Geschäft. Aber seien wir mal ehrlich, diese Branche hat keinerlei Zugangsvoraussetzungen. Jeder darf sich „Personalberater“ nennen. Und so ist es auch kein Wunder, dass einige schwarze Schafe das weitere positive Wachstum der Branche und den Erfolg der rekrutierenden Unternehmen behindern. Denn die Zahl der Fehleinstellungen ist derzeit höher als je zuvor. Parallel werden bestehende, interne Ressourcen falsch genutzt. Das muss besser gehen.

Was muss eine Personalberatung leisten können?

Jedes Problem in einem Unternehmen ist letztlich ein Personalproblem und kostet bares Geld. Denn eine Fehleinstellung kann ein Unternehmen je nach Position zwischen 50.000 Euro bis hin zu über einer Million kosten, von Positionen im Top-Management gar nicht zu sprechen. Es wäre somit doch wünschenswert, einen erfolgreichen Recruiting-Prozess für nachhaltige Einstellungen zu finden und zu fixieren – bei Bedarf auch mit Unterstützung von externen Partnern.

Nachdem die Personalabteilungen immer mehr Aufgaben eigenständig lösen und bei der Auswahl von Beratern sensibler geworden sind, stellt sich nun die berechtigte Frage: Was muss eine ernstzunehmende Personalberatung für seine Kunden eigentlich leisten können?

Folgende Punkte sind ausschlaggebend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit:

  • Sehr gute Kenntnisse über die relevante Branche sowie ein ausgezeichnetes Branchennetzwerk
  • Nachgewiesene Erfahrung und Zugang zu Social Media Portalen (kostenpflichtige Recruiter-Accounts / eigene Gruppen / usw.)
  • Konkrete Konzepte für ein begleitendes Personalmarketing beziehungsweise Unterstützung des bestehenden Personalmarketing-Konzepts
  • Einsatz von Diagnose Tools für die Analyse der Persönlichkeit und des Potenzials der Kandidaten
  • Transparenz bei der Identifikation von potenziellen Kandidaten bei Wettbewerbern
  • Definierte und dokumentierte Prozesse für einen hohen Qualitätsstandard
  • Nachgewiesener Datenschutz

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Renate Schuh-Eder

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