Engagiert durch Fragen und Zuhören

Leadership

Die Aufmerksamkeit vieler Organisationen richtet sich nicht mehr ausschließlich auf ihre Kunden. Die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeiter stehen mittlerweile an erster Stelle. Um deren Engagement zu steigern, liegt der entscheidende Aspekt im aktiven Zuhören.

Engagierte Mitarbeiter entwickeln Leidenschaft und Enthusiasmus für ihre Tätigkeit. Sie sind gewillt, ihre Energie für das Unternehmen einzusetzen und ihren Intellekt im Einklang mit den Zielen und Werten des Unternehmens einzubringen. Ihre Arbeit erfüllt sie mit Stolz und deswegen gehen sie auch die extra Meile, die überhaupt erst zum Erfolg eines Unternehmens beiträgt.

Einer Studie zufolge gehört das Thema Employee Engagement zu den Top-Prioritäten (Abb. 1). Unternehmen, denen es gelingt, das Mitarbeiterengagement zu steigern, sind finanziell erfolgreicher, auch weil die Fehlzeiten der Mitarbeiter mit einer hohen Bindung an den Arbeitgeber niedriger ausfallen. Engagierte Mitarbeiter bleiben dem Unternehmen länger treu und empfehlen die Dienste und Produkte der eigenen Organisationen weiter.

Die neue Macht der Mitarbeiter

Der Kampf um die besten Mitarbeiter ist in vollem Gange. Das macht sich auch auf der Seite der Mitarbeiter bemerkbar: Sie schätzen ihre Chance, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, zunehmend besser ein. Immerhin 26 Prozent bewerten in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt als sehr positiv. Zum anderen beabsichtigen
zunehmend weniger Mitarbeiter über einen Zeitraum der nächsten ein bis drei Jahre noch bei ihrem Unternehmen zu bleiben. Ein Indiz für die fehlende emotionale Bindung zum Unternehmen.

Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Engagement der Mitarbeiter und deren Leistung am Arbeitsplatz. Deswegen gilt es, Umgebungen zu schaffen, die eine engagierte und produktive Belegschaft fördern und die das Potenzial aller steigern. Schließlich zeigen Mitarbeiter mit einem positiven Arbeitsplatzerlebnis eine höhere freiwillige Leistungsbereitschaft.

Engagement gezielt fördern – aber wie?

Zuversicht und Inspiration für eine gemeinsame Zukunft

Ein wesentlicher Aspekt ist das Schaffen einer Zukunftsvision der Mitarbeiter. Sie wollen nicht nur heute einen guten Job machen, sondern auch ein gutes Gefühl hinsichtlich der Zukunft ihres Unternehmens haben. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben der Führungskräfte, dieses Gefühl zu vermitteln.

Wertschätzung und Motivation

Der unmittelbare Vorgesetzte hat bedeutenden Einfluss auf das Engagement eines Mitarbeiters. Führungsfiguren repräsentieren die Organisation und entscheiden über kritische Faktoren der täglichen Arbeit, wie den Einsatz von Ressourcen, die angeforderte Unterstützung und den Kommunikationsfluss. Mitarbeiter wünschen sich Anerkennung für ihre geleistete Arbeit. Und sie müssen überhaupt erst einmal in die Lage versetzt werden, einen guten Job machen zu können.

Verantwortung übernehmen

Die Mitarbeiter legen hohen Wert auf die Sinnhaftigkeit der Mission des Unternehmens. Sie arbeiten gerne für Unternehmen, die sich in den Dienst anderer stellen und Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen. Diese Verantwortung muss sich auch in der Unternehmenskultur widerspiegeln. Durch eine gelungene Work-Life-Integration kann die Eigenverantwortung der Mitarbeiter unterstützt werden.

Die vier Elemente des Engagements

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Einblicke in das Engagement der Mitarbeiter zu bekommen und ihr Erlebnis am Arbeitsplatz aktiv zu verbessern. Neben den Beziehungen zu Kollegen, einer sinnvollen Tätigkeit, der Anerkennung der Leistungen und dem Feedback, sollte der Fokus auf die Stimme der Mitarbeiter gelegt werden.

Nachweislich erreichen Unternehmen, die ihre Belegschaft regelmäßig zu Engagement-Themen befragen, ein durchschnittlich bis zu 20 Prozentpunkte höheres Mitarbeiterengagement. Es gibt keine universell anwendbare Methode, wie Employee Engagement gemessen werden kann. Ein möglicher Ansatz, das Mitarbeiterengagement zu messen, ist der Employee Engagement Index (EEI) des Unternehmens IBM. Die Werte des Index werden durch eine gleichgewichtete Kombination aus vier Elementen ermittelt: Stolz, Zufriedenheit, Fürsprache und Treue. Schließlich besteht eine engagierte Belegschaft aus Mitarbeitern, die stolz auf ihr Unternehmen und zufrieden mit ihrem Arbeitsplatz sind. Sie vertreten das Unternehmen aktiv in der Außenwelt und beabsichtigen, dem Unternehmen treu zu bleiben. Die Messung des Engagements basiert auf vier Statements, die anhand einer 5-Punkte-Skala abgefragt werden. Gemessen wird dabei der durchschnittliche Grad der Zustimmung zu den Statements.

Ich teile Menschen in meiner Umgebung mit Stolz mit, dass ich für mein Unternehmen arbeite.

Ich bin sehr zufrieden mit meinem Unternehmen als Arbeitgeber.

Ich würde mein Unternehmen als einen guten Arbeitgeber weiterempfehlen.

Ich denke selten darüber nach, einen neuen Job bei einem anderen Unternehmen anzunehmen.

Mitarbeiter wollen sich Gehör verschaffen. „Employee Listening“ reicht von der Erfassung und Analyse strukturierter Daten wie Engagement Surveys oder Mini Polls bis hin zur Aufnahme unstrukturierter Daten. Das „Zuhören“ ist in dem Fall kein periodisch auftretendes Event mehr, sondern eine kontinuierliche Initiative, die im Unternehmen verankert ist.

Neue Ansätze des Employee Listenings können auch unstrukturierte Daten erfassen und auswerten. Insbesondere sogenannte Jams sowie interne und externe soziale Plattformen bieten Gelegenheit, Informationen zu verschiedenen Themen zu erhalten und zu analysieren.

Smarte Datenerhebung

In virtuellen Räumen haben die Mitarbeiter zum Beispiel bei Jams die Möglichkeit, sich innerhalb eines bestimmten Zeitfensters über Themen auszutauschen. Die Informationen strukturierter und unstrukturierter Daten helfen, neue Einblicke in die Arbeitsweisen und Stimmungen der Mitarbeiter zu bekommen. Die Daten können durch regelmäßige Mini Polls (Umfragen), aber auch mithilfe sogenannter Wearables gewonnen werden. Wearables, die aussehen könnten wie smarte Armbanduhren, nehmen kontinuierlich Daten ihrer Nutzer auf. Diese können für die Auswertung von Verhaltensweisen am Arbeitsplatz genutzt werden und geben so Aufschluss über das Engagement eines Mitarbeiters oder die Belegschaft als Ganzes. Allerdings stoßen solche Formen der Datenerhebung nicht überall auf Akzeptanz. Für die Datenerhebung empfiehlt es sich, verschiedene Methoden zu kombinieren.

Nuanciert zum Erfolg

Kulturelle Unterschiede müssen bei der Planung eines „Employee Listening“ mit einbezogen werden. So mag der eine Mitarbeiter eine offene Stimmenabgabe nicht in Betracht ziehen, während sich der andere bereitwillig äußert. Um das Zuhören effektiv zu etablieren, müssen die Nuancen innerhalb der Belegschaft verstanden werden.

Generationsunterschiede spielen dagegen eine weniger wichtige Rolle. Trotz des Hypes reagieren Millennials nicht positiver auf soziales Zuhören als andere Generationen. Organisationen sollten sich also auf die Ähnlichkeiten zwischen den Generationen konzentrieren, statt immer wieder die Unterschiede zu betonen.

Ein weiterer wichtiger Faktor hinsichtlich der Akzeptanz von und Motivation für Mitarbeiterbefragungen ist der Arbeitsort. Jene Arbeitskräfte, die ortsunabhängig beschäftigt sind und nur wenige Möglichkeiten haben, sich mit ihrem Manager und Team physisch abzustimmen, begrüßen soziale Analysen. Sie sehen die Befragungen als eine Form des Zuhörens, um auf diese Weise Themen adressieren zu können, die andere Kollegen beim direkten informellen Austausch im Büro anbringen können.

Ihre Belegschaft möchte sich äußern! Mitarbeiter haben ein großes Interesse daran, ihre Perspektiven und Meinungen zu teilen. Oftmals fehlt es lediglich an den richtigen Mechanismen, um die Stimmen einzufangen. Employee Listening hebt nachgewiesen das Engagement in der Belegschaft. Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken, nicht nur indem sie ihrem Unternehmen treu bleiben, sondern es auch mit Stolz nach innen und außen vertreten.

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Markus Dahm, Foto: Cornelius Kalk

Markus Dahm

Strategie- und Organisationsberater
IBM Global Business Services
Markus Dahm ist Strategie- und Organisationsberater bei IBM Global Business Services und Honorarprofessor der FOM Hochschule für Ökonomie & Management, Essen/Hamburg.
Benjamin Rolff Foto: privat

Benjamin Rolff

Strategie- und Entwicklungsberater
IBM Global Business Services
Benjamin Rolff ist Strategie- und Entwicklungsberater und war zuvor Strategie- und Changeberater im Inhouse Consulting bei IBM Global Business Services.

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