Equal Pay auch im Ausland

Arbeitsrecht

Findet nach den Regeln des Internationalen Privatrechts auf das Arbeitsverhältnis eines Leiharbeitnehmers deutsches Arbeitsrecht Anwendung, schuldet der Verleiher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) auch für Auslandseinsätze gleiche Bezahlung. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 28. Mai 2014 (5 AZR 422/12) entschieden.

Der Sachverhalt
Der Kläger war bei dem beklagten Personaldienstleistungsunternehmen als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte setzte den Kläger bei einem niederländischen Entleihbetrieb gegen einen Stundenlohn von 7,35 Euro brutto ein.

Mit der Klage begehrt der Kläger Differenzvergütung für die erbrachte Arbeitsleistung. Der Kläger trägt vor, dass die vergleichbaren Stammkräfte des Entleihers einen Stundenlohn von 12,00 Euro brutto erhalten. Zum Nachweis legt der Kläger eine Lohnabrechnung einer Stammkraft vor. Die Beklagte bestreitet eine entsprechende Vergütung der Stammarbeitskräfte des Entleihers. Die vorgelegte Lohnabrechnung sei zudem nur eine Momentaufnahme und daher als Nachweis unsubstantiiert.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) mit Urteil vom 29. Februar 2012 (Az. 3 Sa 859/11) teilweise stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Die Entscheidung
In seinem Urteil vom 28. Mai 2014 hat das BAG die Revision der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Ansicht des BAG fand auf das Arbeitsverhältnis infolge einer entsprechenden Rechtswahl deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Diese Rechtswahl müsse dabei nicht ausdrücklich erfolgen, sondern könne auch konkludent durch eine Orientierung maßgeblicher arbeitsvertraglicher Regelungen am deutschen Recht erfolgen. Vorliegend leitet das BAG aus der mehrfachen Inbezugnahme von Vorschriften des AÜG und des Tarifvertragsgesetzes (TVG) sowie der Tarifverträge derTarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PersonalService-Agenturen (CGZP) eine konkludente Rechtswahl ab. Weiterhin stellt das BAG fest, dass das AÜG grundsätzlich ausschließlich im Geltungsbereich des Grundgesetzes gelte. Allerdings verpflichte es aber in diesem räumlichen Geltungsbereich ansässige Verleihunternehmer zur Gewährung von Equal Pay, wenn auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung finde.

Weiterhin konnte das LAG Hamm nach Ansicht des BAG die vorgelegte Lohnabrechnung wirksam seinem Urteil zugrunde legen, da dieser Vortrag den Erkenntnismöglichkeiten des Klägers entsprach. Der Kläger hat gegen den Entleiher keinen durchsetzbaren Anspruch auf Auskunft gemäß § 13 AÜG, da der im Ausland ansässige Entleiher nach Ansicht des BAG nicht dem AÜG unterliegt. Diesen Rechtsnachteil des Klägers habe die Beklagte durch den von ihr veranlassten Auslandseinsatz verursacht. Deshalb sei es geboten, die Anforderungen an die Substantiierung der Klagebegründung herabzusetzen.

Hinweise für die Praxis
Haben Verleiher und Entleiher ihren Sitz in verschiedenen Staaten, so treten kollisionsrechtliche Probleme auf den Gebieten des Arbeits- und Dienstleistungsrechts, des Sozialversicherungsrechts sowie des Gewerberechts auf.

In solchen Konstellationen ist zunächst das anwendbare Recht nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts für die einzelnen Rechtsverhältnisse zwischen Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer zu bestimmen.

Das AÜG findet dabei auch in den Fällen einer Arbeitnehmerüberlassung ins Ausland Anwendung, sei es wie in der vorliegenden Entscheidung infolge einer entsprechenden Rechtswahl, als sachnächstes Recht oder als zwingende Bestimmungen im Sinne von Art.34 des Einführungsgesetzes des Bürgerlichen Gesetzbuches (EGBGB) beziehungsweise Art.9 Abs.1 RomI-VO. Unter zwingenden Bestimmungen sind dabei Vorschriften zu verstehen, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrnehmung seines öffentlichen Interesses angesehen wird, dass sie ungeachtet des anwendbaren Rechts auf alle einschlägigen Sachverhalte anzuwenden sind. Nach überwiegender Ansicht sind jedenfalls die §§ 1 bis 10 AÜG solche zwingende Bestimmungen.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass das AÜG mit den Regelungen zur Erlaubnispflicht in §1 AÜG auch gewerberechtliche und damit öffentlich-rechtliche Vorschriften enthält. Der internationale Geltungsbereich öffentlich-rechtlicher Vorschriften bestimmt sich nach dem Territorialitätsprinzip. Folglich sind gewerberechtliche Vorschriften dann anwendbar, wenn der Sachverhalt einen Bezug zum jeweiligen Staatsgebiet aufweist. Für die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung bedeutet dies, dass die gewerberechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen beider betroffener Staaten erfüllt sein müssen.

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Karoline Kettenberger

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