Geselle, Meister und Bachelor

Personalmanagement

Die Ansprüche ans Handwerk ändern sich. Immer öfter sind neben den praktischen Qualifikationen auch Führungskompetenzen gefragt. Die will ein neuer trialer Studiengang der Hochschule Niederrhein vermitteln. Harald Schoelen ist dort Prodekan im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und erklärt im Interview, wie die Studierenden drei Abschlüsse in fünf Jahren schaffen sollen.

Professor Schoelen, Sie haben gemeinsam mit regionalen Partnern vor kurzem die Absichtserklärung für den neuen trialen Studiengang „Betriebswirtschaft und Handwerksmanagement“ unterzeichnet. Welche Notwendigkeit sehen Sie für solch ein Programm?
Es gibt da zwei Seiten. Zum einen die des Handwerks als Arbeitgeber, das genau wie die gewerbliche Wirtschaft qualifizierte Mitarbeiter braucht. Auch im handwerklichen Bereich gibt es aber in der Unternehmensnachfolge oft Schwierigkeiten. Daher braucht es diesen Studiengang, in dem eine grundständige Berufsausbildung mit der Entwicklung von Führungsqualitäten verbunden wird.
Zum anderen ist es für uns als Fachhochschule ganz wichtig, mit unseren Angeboten hier in der Region verankert zu sein – das heißt, dass Initiativen, mit denen die Wirtschaft auf uns zukommt und aufgrund eines Bedarfes etwas gemeinsam entwickeln möchte, unseren Auftrag treffen. So war es auch jetzt. Die Idee ging vom Handwerk aus, wir haben diese dann gemeinsam aufgegriffen und weiterentwickelt.

Wie weit ist die Entwicklung des Studiengangs aktuell gediehen?
Die ist sehr weit gediehen. Der Letter of Intent war das Resultat sehr intensiver Beratungen aller Partner. Dazu zählen die beiden Kreishandwerkerschaften Mönchengladbach und Niederrhein, die Handwerkskammer Düsseldorf, unsere Hochschule und das Berufskolleg für Technik und Medien in Mönchengladbach. Die Pläne sind schon jetzt so konkret, dass wir bis 2020 genau sagen können, was der Studierende an welchem Tag machen wird, wann er Hochschullehre hat, wann er im Betrieb ist und wann im Berufskolleg.

Wie haben Sie es geschafft, drei verschiedene Abschlüsse in ein Programm von fünf Jahren zu integrieren?
Unser Angebot ist durchaus eine Herausforderung. Denn die Studierenden arbeiten sechs Tage die Woche, fünf Jahre lang. Sie starten im ersten Jahr, parallel zu ihrer betrieblichen Ausbildung, mit einem halben Tag in der Hochschule, danach nehmen sie jeden Freitagnachmittag und Samstag an unserem regulären berufsbegleitenden betriebswirtschaftlichen Studium teil. Nach dem fünften Semester machen sie dann ihre Gesellenprüfung, anschließend sind sie ein Jahr im Unternehmen tätig in Kombination mit dem berufsbegleitenden Studium. Dann folgen, ebenfalls parallel zum Studium, die Meisterschule und nach dem zehnten Semester die Meisterprüfung und der Bachelorabschluss.

Wie gehen Sie bei der Konzeption der konkreten Studieninhalte vor?
Wir haben schon einen berufsbegleitenden Studiengang an unserer Hochschule, daher sind die Studienstrukturen, die auch die Studenten des BA Betriebswirtschaft und Handwerksmanagement absolvieren werden, bereits vorhanden und in der Praxis erprobt. Dadurch können wir den Studierenden mit der Wahl zweier Schwerpunkte eine Vielzahl von Spezialisierungsmöglichkeiten anbieten. Dazu gehört beispielsweise Personal, Controlling oder als volkswirtschaftlichen Schwerpunkt kommunale Wirtschaftsförderung. Des Weiteren erfolgt in Abstimmung mit den Partnern auch die Konzeption eines neuen Schwerpunkts „Handwerksmanagement“, der für die Studierenden obligatorisch ist. Als Resultat dieser Abstimmung werden für das dritte Modul der Meisterprüfung, was ein betriebswirtschaftliches ist, die entsprechenden Inhalte aus dem Studium anerkannt.

Sie haben damit ein ziemlich straffes Programm aufgelegt. Wen wollen Sie damit ansprechen?
Das stimmt, es ist anspruchsvoll. Wobei ich dazu sagen muss, dass vom allerersten Semester an der Freitagvormittag frei sein soll. Da werden wir einen halben Tag freies Lernen ermöglichen. Aber auch durch unsere Erfahrungen mit dualen Studiengängen wissen wir, dass der Bachelor studierbar ist. Das erreichen wir auch dadurch, dass wir gezielt Fachhochschulabsolventen und Abiturienten ansprechen wollen, das ist unser Eingangsniveau. Und zweitens bekommen wir die Studierenden, die sich ja vorab einen Ausbildungsbetrieb suchen müssen, über die Handwerkskammer. Hier ist im Gespräch, eine Art Assessment Center durchzuführen, durch das die anfangs maximal 40 Studierenden ausgewählt werden.

Das heißt die Unternehmen sollen, wenn sie meinen, einen passenden Auszubildenden zu haben, direkt die Werbetrommel für den Studiengang rühren?
Ja, ganz klar. Und sowohl die Handwerkskammer als auch die Kreishandwerkerschaften werden jetzt offensiv mit unserem gemeinsamen Angebot werben.

Wie begegnen Sie Kritikern, die eine Verwässerung der jeweiligen Ausbildungen sehen?
Es wird nichts verwässert. Denn diese Strukturen, vom dritten bis zum zehnten Semester, sind bestehende Strukturen eines erfolgreichen Studienganges. Die Studierenden müssen sich diesen Strukturen und Anforderungen stellen. Es wird definitiv nichts leichter bei uns an der Hochschule. Und es wird auch nichts leichter in der beruflichen Ausbildung. Nur im Rahmen der Meisterprüfung wird ein Modul anerkannt. Es gibt also eine enge Abstimmung untereinander, aber keiner der Partner geht von seinem bisherigen Niveau runter – im Gegenteil. Ich sehe in diesem Zusammenhang für alle Seiten Weiterentwicklungen

Sehen Sie insgesamt einen gesteigerten Bedarf nach solchen Studiengängen?
Wir haben diesen grundlegenden Bedarf der Wirtschaft an hochqualifizierten, sehr praxisnah ausgebildeten Akademikern. Und das Handwerk hat genau den gleichen Fachkräftebedarf wie andere, beispielsweise produzierende Unternehmen, die diesen Bedarf mit Ingenieuren und Kaufleuten gedeckt haben. Man muss als Handwerker heute nicht nur die praktische Arbeit beherrschen, sondern auch kaufmännisch fit sein und ein Unternehmen führen können. Da gibt es eine handfeste Nachfrage nach Qualifikationsmöglichkeiten.

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Kathrin Justen

Kathrin Justen ist Verantwortliche für People and Culture bei der Digitalberatung Digital Dna und arbeitet nebenberuflich als freie Journalistin.

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