Hohe Hürden bei krankheitsbedingter Kündigung

Arbeitsrecht

Außerordentliche Kündigungen bei häufigen Kurzerkrankungen müssen arbeitsrechtlich hohen Prüfungsmaßstäben standhalten, um wirksam zu sein. Beispielsweise können die Erkrankungen Auswirkungen auf die Ausschlussfrist haben.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin – aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ordentlich unkündbar – war seit dem Jahr 2000 wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom 28. März 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Mit ihrer Klage rügte die Klägerin die Einhaltung der Ausschlussfrist von zwei Wochen für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung und das Vorliegen eines wichtigen Grundes.

Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 23. Januar 2014 (2 AZR 582/13) statt. Zwar sei die Zwei-Wochen-Frist gewahrt worden, es fehle aber an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung. Bei einem Dauertatbestand, der auch bei häufigen Kurzerkrankungen gegeben sein könne, beginne die Zwei-Wochen-Frist nicht einmalig, sondern vielmehr fortlaufend neu. Der Kündigungsgrund sei aber nicht die Erkrankung als solche, sondern die negative Prognose und eine daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Entscheidend sei daher nicht, ob der Arbeitnehmer bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war. Eine außerordentliche Kündigung aufgrund von Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit käme aber nur in begrenzten Fällen in Betracht, da dem Arbeitgeber grundsätzlich die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten sei.

Fazit:
Aufgrund der Entscheidung des BAG steht fest, dass der Prüfungsmaßstab bei einer außerordentlichen Kündigung erheblich strenger ist, als der – ohnehin schon strenge – Prüfungsmaßstab bei einer ordentlichen Kündigung aufgrund von häufigen Kurzerkrankungen. Die Prüfung der Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wird dabei auf drei Stufen vorgenommen. Zunächst müssen objektive Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Werden die Krankheitszeiten in der Vergangenheit zugrunde gelegt, bedarf es regelmäßig eines Betrachtungszeitraums von drei Jahren. Daneben müssen die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Darüber hinaus ist im Rahmen der Interessenabwägung zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Da das BAG festlegt, dass sowohl die erste als auch die zweite bei einer außerordentlichen Kündigung deutlich über das Maß bei einer ordentlichen Kündigung hinausgehen müssen, dürfte eine außerordentliche Kündigung nur selten wirksam sein.

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Joachim Huber, Foto: Privat

Joachim Huber

Dr. Joachim Huber ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Dr. Huber Dr. Olsen in München.

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