Homeoffice und Steuern: New Work – New Tax?

Arbeitsrecht

Viele Arbeitnehmer haben in der Corona-Krise von heute auf morgen ihre tägliche Arbeit remote und virtuell von zu Hause aufgenommen. Technisch konnten sich Unternehmen und auch Arbeitnehmer schnell auf die veränderte Arbeitssituation einstellen. Wie sieht es aber mit den steuerlichen Aspekten des Homeworkings aus? Was beim Homeworking in Deutschland und über die Grenze hinweg wichtig und zu beachten ist, beschreibt dieser Artikel anhand eines Beispielfalls.

Frau A arbeitet als Mathematikerin für einen Versicherungskonzern in München. Sie lebt im Münchener Umland. Für den Hin- und Rückweg zur Arbeit war sie bislang täglich zwei Stunden unterwegs. Seit März dieses Jahres erledigt Frau A ihre Arbeit vom heimischen Wohnzimmertisch aus. Hieraus ergeben sich zahlreiche Konsequenzen.

Dienstwagen

Frau A nutzte bisher für ihren Weg zur Arbeit ihren Dienstwagen. Diesen darf sie auch für private Zwecke nutzen. Der geldwerte Vorteil für die Überlassung des Dienstwagens für private Zwecke (die sogenannte Ein-Prozent-Regel) ist weiterhin zu versteuern. Solange Frau A auch weiterhin ihre erste Tätigkeitsstätte am Unternehmenssitz ihres Arbeitgebers hat, sind auch die Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte (sogenannte 0,03%-Regelung) zu versteuern. Gegenteilige Verlautbarungen der Finanzverwaltung, dass ihr Arbeitgeber „Corona-bedingt“ davon Abstand nehmen kann, liegen nicht vor. Frau A kann aber bei Abgabe ihrer persönlichen Einkommensteuererklärungen darlegen, an welchen Tagen sie tatsächlich zu ihrem Büro in die Münchner Innenstand gefahren ist (sogenannte 0,002%-Regelung bei Einzelbewertung) und im Veranlagungsverfahren eine Änderung der vom Arbeitgeber vorgenommenen Besteuerung beantragen. Die Pendlerpauschale darf an Homeoffice-Tagen nicht angesetzt werden.

Häusliches Arbeitszimmer

Im März 2020 hatte der Arbeitgeber von Frau A Corona-bedingt Homeworking angeordnet. Frau A hatte seitdem von zu Hause aus gearbeitet. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit für den Abzug von Werbungskosten. Hier gibt es aber klare gesetzliche Anforderungen. Sofern das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellt, kommt ein unbegrenzter Abzug in Betracht (sonst bis maximal 1.250 Euro). Auch ist es erforderlich, dass ein abgeschlossener Arbeitsraum zur Verfügung steht. Eine Nische oder ein Durchgangsraum reichen nach derzeitigen Regeln nicht aus. Da im Beispielfall Frau A kein geschlossener, ausschließlich für die Berufstätigkeit genutzter Raum in ihrer Wohnung zur Verfügung steht, scheidet ein Werbungskostenabzug aus. Der Arbeitgeber kann tatsächliche Kosten für Arbeitsmittel wie etwa Telefon und Internet erstatten. Frau A kann darüber hinaus eigene Aufwendungen für Arbeitsmittel wie zum Beispiel Büromöbel und Büromaterial als Werbungskosten im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung absetzen.

Hinweis: Derzeit werden seitens der Politik Überlegungen angestellt, eine Pauschale für ein Arbeitszimmer einzuführen. Derzeit gibt es einen Vorschlag für 5 Euro pro Arbeitstag im Homeoffice angedacht, maximal 600 Euro pro Jahr. Wie sich die gesetzliche Regelung in diesem Bereich gestaltet, bleibt allerdings abzuwarten.

Corona-Sonderzahlung

Frau A erhält von ihrem Arbeitgeber eine Sonderzahlung, um die Mehrbelastung durch Coronakrise und Homeworking finanziell auszugleichen. Bis zum 31. Dezember 2020 können Geld- oder auch Sachbezüge zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn bis zu 1.500 Euro an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Diese Zahlung erhält Frau A steuerfrei.

Homeworking über die Grenze

Am gleichen Tag meldet sich Frau B bei der Personalabteilung. Frau B ist ebenfalls Angestellte des Münchner Versicherungskonzerns und ist als Informatikern in der IT-Abteilung beschäftigt. Frau B ist Französin. Sie ist zu Beginn der Corona Krise zu ihrem Lebenspartner nach Paris gezogen und arbeitet seitdem von ihrem dortigen Arbeitszimmer aus. Sie plant dauerhaft von Frankreich aus für ihren Münchner Arbeitgeber zu arbeiten.

Während der Corona-Krise

Deutschland hat sowohl mit Frankreich als auch mit weiteren Nachbarstaaten wie Luxemburg, Niederlande, Belgien, Österreich und der Schweiz sogenannte Verständigungsvereinbarungen für Homeworking während der Corona-Krise geschlossen. Die Verständigungsvereinbarungen sollen die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen ergänzen und beinhalten im Falle von Frankreich eine Tätigkeitsfiktion für Rückkehrtage im Sinne der Grenzgängerregelung sowie ein Wahlrecht in Bezug auf die Zuweisung des Besteuerungsrechts für Arbeitstage, die nicht unter die Grenzgängerregelung fallen. Die Arbeitstage im französischen Homeoffice gelten (fiktiv) als im bisherigen Tätigkeitsstaat (Deutschland) erbracht, es sei denn es handelt sich um Arbeitstage, für die auch vor Beginn der Krise ein Homeoffice-Vereinbarung bestand. Aufgrund der deutsch-französischen Verständigungsvereinigung kann die Versteuerung im Beispielsfall somit weiterhin in Deutschland erfolgen, obwohl die Tätigkeit faktisch in Frankreich ausgeübt wurde. Dazu muss Frau B über die tatsächlich in Frankreich ausgeübten Arbeitstage Aufzeichnungen führen und es bedarf einer ergänzenden Arbeitgeberbescheinigung.

Hinweis: Die Überschreibung der „realen Tatsachen“ (physische Arbeitsausübung in Frankreich) durch die „Tatsachenfiktion“ (es wird so getan, als wäre die Arbeit in Deutschland ausgeübt worden) mittels Gestaltung und Mitwirkung durch den Arbeitnehmer kann in der Praxis im Rahmen von Steuerveranlagungen möglicherweise zu Streitpotential führen. Dann ist fraglich, welche Bindungswirkung die Verständigungsvereinbarung als Überschreibung der Doppelbesteuerungsabkommen haben.

Die Richtlinie der OECD hat zudem erläutert, dass während der Coronakrise die Gefahr einer Betriebstättengründung durch den Arbeitnehmer im Homeoffice eher gering ist. Die deutsche Finanzverwaltung hat sich noch nicht konkret zu der OECD Auffassung geäußert. Es wird davon ausgegangen, dass die Situation des Homeworking nicht dauerhaft ist und der Arbeitgeber auch keine Verfügungsmacht am Heimarbeitsplatz des Arbeitnehmers hat. Aber: Auch hier empfiehlt sich der Abgleich mit lokalem ausländischem Recht, um die jeweiligen Kriterien zu prüfen, die zu einer Betriebstätte führen können.

Zukünftige Regelungen

Die Verständigungsvereinbarungen können monatlich von den beteiligten Staaten gekündigt beziehungsweise nicht verlängert werden. Das heißt, dass Frau B bei Wegfall der deutsch-französischen Verständigungsvereinbarung mit ihren Gehaltseinkünften von ihrem deutschen Arbeitgeber der Versteuerung in Frankreich unterliegt. Frau B und ihr deutscher Arbeitgeber müssen dann klären, ob mit Frau Bs dauerhafter Homeworking-Tätigkeit des Arbeitnehmers in Frankreich auch die Verpflichtung zum Lohnsteuereinbehalt und zur Abführung von Sozialversicherungsabgaben einhergeht. Zudem ist es sehr wichtig zu klären, ob der Mitarbeiter durch seine Tätigkeit im Homeoffice eine Betriebstätte für seinen deutschen Arbeitgeber im Ausland begründet, wenn Frau B beispielsweise nach der Pandemie-Situation dauerhaft weiterhin im Homeoffice arbeitet. Die wäre insbesondere in Fallkonstellationen zu prüfen, in denen ein Homeoffice als solches eine Betriebsstätte begründet oder wenn Mitarbeiter in Leitungsfunktionen tätig sind und/oder sie Vollmachten besitzen, die sie regelmäßig ausüben.

Fazit

Um als Arbeitgeber den Bedürfnissen von Homeworking innerhalb Deutschlands und auch über die innereuropäischen Grenzen nachzukommen, bedarf es einer Überprüfung der steuerlichen Situation. Ob sich Mitarbeiter für ihren deutschen Arbeitgeber über die Grenze bewegen oder gerade nicht bewegen, sondern aus dem Homeoffice im Ausland heraus längerfristig agieren, ist gleichermaßen komplex. Insbesondere für die grenzüberschreitenden Sachverhalte empfiehlt sich ein interdisziplinärer Ansatz aus Personal, Steuern, Arbeitsrecht und Datenschutz. Auch ist ein Blick aus Sicht der Sozialversicherung erforderlich, um sicherzustellen, dass hier keine Überraschungen und eine ungewollte Verlagerung auftreten.

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Anne Burgard, Senior Manager und Steuerberaterin bei der KPMG

Anne Burgard

Anne Burgard ist Senior Manager und Steuerberaterin im Bereich Global Mobility Services bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt in der Konzeptionierung von „Work anywhere, together“-Programmen.
Ingo Todesco, Partner bei der KPMG

Ingo Todesco

Ingo Todesco ist Partner im Bereich Tax und COO Global Mobility Services bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung ist sein Beratungsschwerpunkt die laufende Beratung und Optimierung von Mobility-Programmen mit Schwerpunkt auf Prozess, Policy, Technologie und Compliance.

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