HR im Zentrum

Employer Branding

Die Personalfunktion muss sich als wesentlicher Treiber der Unternehmenskultur präsentieren. Denn Organisationen, die auf Werte setzen, sind nachweislich leistungsfähiger.

Die Commerzbank hat keinen mehr. Siemens auch nicht. Und SAP seit 1. April auch keinen mehr. Die Rede ist von reinen Personalvorständen. Von über 180 Vorstandsmitgliedern in den DAX-30-Unternehmen ist nur einer ausschließlich Personalvorstand. In sieben der Unternehmen ist die Personalverantwortung überhaupt nicht vorstandsfähig. In letzter Zeit hat die HR-Community in Deutschland einige dieser Funktionen eingebüßt. Und damit Wirkung und Bedeutung. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, müssen wir uns fragen, ob alle deutschen Großkonzerne in naher Zukunft ohne HRler im Cockpit fliegen werden.

Das mag ein düsteres Szenario sein. Vor allem von einem, der Personalvorstand und gleichzeitig Arbeitsdirektor bei ThyssenKrupp ist. Allein die Repräsentanz in Vorstandsgremien ersetzt aber noch keine lebendige und starke HR-Funktion.

HR muss Treiber des Business Modells und strategischer Partner sein. Sonst werden wir dauerhaft auf dem Schleudersitz Platz nehmen müssen. Anders formuliert: Wollen wir wirklich, dass die Kapitalressource unserer Finance-Kollegen als einzig wichtige Ressource im Unternehmen wahrgenommen wird? Ich bin überzeugt, dass wir schon im Vorstand eine Balance brauchen, um nachhaltigen Unternehmenserfolg zu erzielen. Wenn wir nach Industrialisierung und Digitalisierung als großen gesellschaftlichen Trend die Humanisierung ausmachen umso mehr.

HR als strategischer Partner

Seit rund eineinhalb Jahren erlebe ich mit meinem Team hautnah, was es heißt, HR in die Rolle eines strategischen Partners zu bringen. Bei ThyssenKrupp hat sich der gesamte Vorstand dazu bekannt, dass HR genau das wieder wird: strategischer Partner und Treiber für eine moderne Unternehmenskultur. Nicht Administrator und Umsetzungswerkzeug für an anderer Stelle Beschlossenes. Dazu gehört, dass HR diese Rolle annimmt und ausfüllt. Sonst wird es nie gelingen, aus dem ständigen Kampf um Anerkennung herauszukommen. Die Folge wäre: Standardisierung und Outsourcing der Funktion. Und das, wo heute alle über Employer Branding, Wert und Sinn von Arbeit oder die Generation Y mit dem Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie statt Dienstwagen als Basis für leistungsfähige Organisationen sprechen. Aus meiner Sicht ist es ein eklatanter Widerspruch, wenn die, die sehr nahe am wichtigsten Potenzial der Unternehmen dran sind, in der Versenkung verschwinden würden.

Der Reihe nach. Warum sollten wir als HR-Community Treiber einer modernen Unternehmenskultur werden? Weil sie unmittelbar auf Leistungsfähigkeit, Flexibilität und damit Resilienz eines Großkonzerns einzahlt. Wo Führungskräfte ein echtes Vorbild sind, erhöht sich die Chance auf einen gelungen Wandel um den Faktor vier. Wer Menschen einbindet und gemeinsam mit ihnen Lösungen findet, erhöht die Chancen auf Erfolg sogar um den Faktor fünf. Unternehmen, die auf Werte setzen, sind durchschnittlich leistungsfähiger. Bei hohem, nachhaltigem Engagement der Mitarbeiter ist das EBIT im Schnitt 10 Prozent höher. Das zeigen viele Studien.

Beeindruckende Zahlen. Wir brauchen nur noch Strategie und Tools, die die Community befähigen, das umzusetzen. Bei ThyssenKrupp befindet sich HR auf genau diesem Weg. Der Konzern erlebt den größten Umbruch seit der Fusion Ende der 90er. HR ist dabei ein Baustein im „Strategic Way Forward“, unserer Route, die markiert, was wir wo tun wollen, um uns zu verändern. Neben Change Management, Leistungsorientierung und dem Fokus auf Kunden und Märkte, bezeichnet „People Success“ hier den Verantwortungsbereich von HR.

Leitbild fürs Unternehmen

Für uns war immer klar: Portfolioumbau, Effizienzsteigerung und Kulturwandel müssen gleichzeitig passieren. Zu Beginn unseres Veränderungsprozesses haben wir uns deshalb gemeinsam mit den Mitarbeitern ein Leitbild gegeben. Es sagt:

• Wir sind ThyssenKrupp – ein Technologiekonzern mit hoher Werkstoffkompetenz.
• Wir lösen gemeinsam mit unseren Kunden die Herausforderungen der Zukunft.
• Wir alle stellen uns höchsten Ansprüchen.
• Wir leben gemeinsame Werte.

Ich glaube: Unternehmen sind nur nachhaltig wettbewerbsfähig, wenn sie auf der Basis gemeinsamer Werte agieren. Das Leitbild bietet Leitplanken, ist zum Teil auch noch Vision. Leistungssteigerung ist dabei ein elementarer, aber nicht der einzige Wert. Wir müssen gegenseitige Wertschätzung, Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Integrität vermitteln. Das ist auch Aufgabe von HR. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen diese Werte bei der Wahl der Ausbildung, auf einer Ingenieursmesse oder beim Gespräch mit Freunden genauso wahrnehmen wie Tag für Tag im Konzern. Und auch, wenn sie nicht mehr für ThyssenKrupp tätig sind. Eine Schieflage, was diese Werte angeht, dürfen wir nicht akzeptieren.

In der HR-Community bei ThyssenKrupp setzen wir das unter dem Namen „HR Global 2020“ um. Für HR ist dabei entscheidend, dass wir neben Leitbild und fester Verankerung unserer globalen Ziele in der Konzernstrategie die Fähigkeit entwickeln, HR-Trends aufzunehmen und selbst Trendsetter zu werden. Zum Beispiel mit KPIs, die nicht mehr nur Krankenstand, Abwesenheit und Fluktuation messen, sondern die mit „time to hire“ oder „Talentpotenzial in Märkten“ vorwärts gewandt sind. Oder mit einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung in der wir Feedback von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfordern, um festzustellen, ob der Kulturwandel überall ankommt.

Die richtigen Menschen finden

Am Ende dieser Strategie steht eine mündige HR-Community. Eine Community, die dafür sorgt, dass nicht nur die besten, sondern auch die richtigen Menschen für ThyssenKrupp arbeiten und dass sie dem Konzern lange verbunden bleiben. Und dass wir heute schon wissen, welche Menschen morgen die richtigen für uns sind.

Wenn das gelingt, haben wir die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Ausgestattet mit einer funktionierenden Abteilung wollen wir der „Hub for People and Culture“ werden. Wenn wir es ernst meinen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheidend für den Unternehmenserfolg sind, muss HR als Kulturtreiber im Vorstand repräsentiert sein. Peter Drucker hat einmal gesagt „Culture eats Strategy for breakfast“. Ich meine, wir sollten alle gemeinsam am Frühstückstisch sitzen.

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Oliver Burkhard

Mitglied des Vorstands und Arbeitsdirektor
ThyssenKrupp AG

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