HR in Indien folgt anderen Regeln

Recruiting

Bei der Rekrutierung indischer Mitarbeiter sind deutsche Unternehmen immer wieder mit denselben Problemen und Fehlern konfrontiert. Diese ließen sich vermeiden. Wer die besten indischen Arbeitskräfte für sich gewinnen will, muss kulturelle Feinheiten beachten.

Es gibt kaum einen internationalen deutschen Konzern, der sich von der allgegenwärtigen Korruption, den Hindernisse im Umgang mit den Behörden oder der schlechten Infrastruktur in Indien abschrecken lässt. Wer noch nicht auf dem Subkontinent Fuss gefasst hat, plant eine Expansion dorthin. Deutsche Unternehmen haben in Indien bereits rund eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen – täglich werden es mehr. Umgekehrt leben und arbeiten rund 80.000 Personen indischer Herkunft in Deutschland.

Die Marke „Deutschland“ allein genügt heute nicht mehr, damit sich indische Bewerber für Jobs in die Reihe stellen. Als ausländisches Unternehmen ist interkulturelle Kompetenz der Schlüssel bei der Rekrutierung indischer Mitarbeiter. Die kulturellen Unterschiede zu Deutschland sind enorm. Die spezifischen Eigenheiten der Inder und den richtigen Umgang in der Zusammenarbeit mit ihnen zu kennen, sind entscheidende Faktoren für den Gewinn der besten einheimischen Arbeitskräfte. Die Suche nach diesen gestaltet sich immer schwieriger. Das Land kann aus einem riesigen Reservoir an Hochschulabsolventen schöpfen, die es nach ihrem Abschluss ins Ausland zieht. Diejenigen, die bleiben, betrachten heute auch indische Firmen als sehr attraktiv – auch in Bezug auf Saläre.

Wenn Familie und Freund fragen, wo man arbeitet, will man nicht in einer unbekannten Grösse arbeiten. Ein ausländischer Arbeitgeber sollte schon eine gewisse Berühmtheit und vor allem Glanz haben. Ein Unternehmen, das seine Erfolge in Indien, aber auch anderswo kommuniziert und eine gute Corporate Story vorzuweisen hat, ist dabei im Vorteil. Wichtig für das Ansehen einer Firma sind auch eine repräsentierbare Führungsspitze und die Corporate Social Responsability.

Mitarbeiter als Markenbotschafter

Die Reputation eines Unternehmens hängt zu einem Grossteil davon ab, wie es sich an die lokalen Gegebenheiten anpassen kann. Und in Indien gilt genauso wie auch in Deutschland. Die Mitarbeiter eines Unternehmens sind dessen beste Botschafter. Es lohnt sich, die Eigenheiten der indischen Seele zu kennen.

Inder wollen in einer Community arbeiten. Die Brand Reputation muss also auch signalisieren: Arbeitest du bei uns, wirst du Teil der “Firmenfamilie”. Teamarbeit, Teamevents und Teamerfolge sind deshalb sehr wichtig für die Wahrnehmung eines Unternehmens als Arbeitgeber. Unternehmen tun deshalb gut daran, in die Kommunikation zu investieren. Wer geschickt und professionell vorgeht, muss die guten Leute nicht suchen – diese bewerben sich von selbst – und erspart sich teure Stelleninserate einsparen.

Ein weiterer Vorteil eines starken Gemeinschaftsgefühls in der Belegschaft eines Unternehmens: Die bestehenden Mitarbeiter werben jene Leute an, die gut zur Firma passen werden. Mitarbeiter wissen: Wenn Kollegen vermittelt werden, die ihre Leistung nicht erbringen, dürfte dies auf sie selbst zurückfallen. Deshalb werden nur wirklich gute Leute empfohlen. Vorsicht ist hingegen geboten, wenn ein indischer Mitarbeiter einen Verwandten in die Firma holen will. Hier besteht das Risiko, dass er sich dem Familienmitglied in irgendeiner Form verpflichtet fühlt oder von der Familie unter Druck gesetzt wurde und nichts Näheres über Kompetenzen und Erfahrung der Empfehlung weiss.

Inder ziehen es vor in Unternehmen mit klaren Hierarchien zu arbeiten. Der partizipative Führungsstil in Unternehmen irritiert vor allem junge indische Mitarbeiter. Für sie gilt ein Chef, der die Angestellten bei allem mitreden lässt, als führungsschwach: Ein „angeblicher“ Chef, der seine tiefste Entschlossenheit oder seinen Ärger mit einem freundlichen Gesicht zeigt, kann nichts anderes sein als ein einfaches Teammitglied, unerfahren und ohne Autorität.

Der Chef soll den Weg durchs Leben weisen

Wenn man die indischen Mitarbeiter einmal hat, so gilt es, diese zu behalten. Allgemein gilt, dass Deutsche geachtet werden wegen ihrer Pünktlichkeit und Präzision. Ein Deutscher Vorgesetzter hat die Wahl: Entweder markiert er den unerbittlichen Chef, der seinem indischen Untergebenen den Platz zuweist. Er lässt nicht mit sich diskutieren, sondern erwartet die Ausführung seiner Befehle. Weit erfolgreicher ist der Chef, wenn er sich als mitfühlend-väterlicher, jedoch gestrenger Vorgesetzter zeigt. Das Teammitglied vertraut darauf, dass sein Chef – idealerweise eine verheiratete Person und Vater von Kindern – ihm den Weg durch Leben, Arbeit und Karriere weist.

Die grösste Herausforderung für ein Unternehmen ist das Training der indischen Mitarbeiter. Es geht darum, diese in Bezug auf deutsche Qualitätsstandards zu verpflichten – Perfektion und Pünktlichkeit. In einem Land, wo der Mensch von Kindesbeinen an lernt, dass das Ziel seiner Seele es ist, die absolute Harmonie zu erreichen, ist Zeit im Überfluss vorhanden und die Fehlertoleranz gross.

Der beste Business-Plan allein nützt wenig in Indien. Ohne kulturelles Verständnis für die andere Seite sind deutsche Unternehmen trotz bester Absichten bei der Gewinnung indischer Mitarbeiter auf der Verliererseite.

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Waseem Hussain

CEO
Marwas AG

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