HR tut sich schwer bei der Suche nach Innovatoren

Leadership

Innovation gehört zu den wichtigsten Themen für das Management der Zukunft. Doch viel zu viele Unternehmen konzentrieren sich darauf, Prozesse und Tools zu etablieren. Das Wichtigste, was Innovation vorantreibt, wird häufig vergessen: der Mensch.

Wie findet man eigentlich einen Innovator? Durch ein abgeschlossenes Studium im Bereich Innovationsmanagement? Durch gute Abschlussnoten in der Schule und ein Einser-Abitur? Oder durch besonders kreativ gestaltete Bewerbungsunterlagen? Leider nein. Beim Thema Innovation versagen die üblichen Methoden der Personalauswahl und -förderung. Innovative Mitarbeiter lassen sich in kein Schema pressen: Jung ist nicht automatisch besser als alt, Mann nicht besser als Frau, Absolvent nicht besser als Studienabbrecher, analytische Denker nicht besser als intuitive, Erfolgreiche nicht besser als Gescheiterte. Genau hier beginnt das Dilemma: Fünfhundert Bewerbungen lassen sich zwar standardisiert nach Schlüsseln wie Abschlüssen, Noten und Fachkenntnissen sortieren, doch Innovatoren in dieser Masse zu finden gleicht der Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Möglicherweise ist die branchenfremde Bewerberin mit abgebrochenem Studium für die Innovationsaufgabe deutlich besser geeignet als der Branchenexperte mit den guten Zeugnissen. Schließlich geht es ja nicht darum, dass Bestehende fortzuführen, sondern das Neue zu erfinden und umzusetzen.

Wonach suchen Sie eigentlich?

Ich habe im Laufe der letzten zehn Jahre so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt, die Innovationsprojekte vorangetrieben haben, dass es beinahe unmöglich ist, ein einheitliches Profil zu erstellen. Trotzdem lassen sich einige gemeinsame Merkmale finden. Innovatoren haben ein Gespür für Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten. Sie legen den Finger dort in die Wunde, wo sich andere mit dem Status quo bereits abgefunden haben. Sie stellen das Bestehende gerne infrage, es ist fast ein Hobby. In einer unserer Studien beschrieb es mir ein Teilnehmer so: „Ich kann gar nicht anders. Ich sehe überall Verbesserungspotenzial.“ Nun werden Sie möglicherweise sagen: „Von diesen Meckerern haben wir schon genug.“ Genau hier unterscheiden sich Innovatoren. Sie entwickeln Ideen, um Probleme zu lösen. Sie kapitulieren nicht vor dem Bestehenden, sie wollen die besseren Lösungen erfinden. Mehr noch: Konzepte genügen ihnen nicht. Sie wollen das Neue entwickeln, ausprobieren und es schließlich umsetzen. Sie fangen häufig Projekte aus eigenem Antrieb heraus an. Motto: Lieber um Verzeihung bitten als um Genehmigung. Dabei laufen sie Gefahr zu scheitern. Für Innovatoren ist dies kein Hindernis, sondern Ansporn.

Was so leicht daher gesagt klingt, ist in der Praxis schwer umzusetzen. Wer scheitert schon gerne? Vor allem in einer Unternehmenskultur, die möglicherweise nur den Erfolg belohnt. Und noch etwas unterscheidet Innovatoren an dieser Stelle: Sie verfügen über eine überdurchschnittliche Frustrationstoleranz. Sie geben nicht auf, nur weil die Dinge nicht beim ersten Mal funktionieren. Sie nehmen einen neuen Anlauf, versuchen es anders, entwickeln Ideen um Hindernisse zu überwinden, sind zwischendurch am Boden zerstört und machen am nächsten Tag trotzdem weiter. Bei Vorträgen und Veranstaltungen werde ich häufig gefragt: „Können unsere Mitarbeiter Innovatoren sein?“ Meine Antwort: „Haben Sie in der Vergangenheit nach diesem Profil gesucht?“ Wenn nicht, haben Sie es ungleich schwerer als Unternehmen, die diese Menschen gesucht haben.

Benötigt wird ein innovationsfreundliches Umfeld

Selbst wenn Sie in der Vergangenheit Menschen eingestellt haben, die diesem Profil entsprechen – haben Sie in Ihrem Unternehmen das richtige Umfeld, damit sie sich entfalten können? Ich habe Unternehmen kennengelernt, in denen die kreativsten Köpfe einen schlechten Stand hatten, weil sie als unzuverlässig im Tagesgeschäft galten. Sie hielten vorgeschriebene Prozesse und Abläufe nicht ein, brachten Projektpläne durcheinander, weil sie noch auf der Suche nach der optimalen Lösung waren und sie „störten“ immer wieder durch neue Ideen.

Letztlich ist das die Kehrseite der eingangs beschriebenen Innovatoren-Eigenschaften. Wer ständig Ideen hat, schafft es selten, den Kopf an der vermeintlich „richtigen“ Stelle abzuschalten. Und wer bestehende Strukturen gerne infrage stellt, hat naturgemäß größere Schwierigkeiten damit, vorgegebene Abläufe zu akzeptieren. Unternehmen, die Innovation nicht nur als wohlklingenden Begriff auf ihrer Webseite stehen haben, sondern wirklich Neues entwickeln und erfolgreich umsetzen wollen, müssen sich verstärkt mit dem Faktor Mensch und dem System, in dem diese Menschen arbeiten, auseinandersetzen.

HR als Innovationstreiber im Unternehmen

Was hat die Personalabteilung mit Innovation zu tun? In vielen Unternehmen fast gar nichts. Für Innovation gibt es Verantwortliche und eigene Abteilungen, festgelegte Prozesse und Tools. Dass Human Resources im klassischen Innovationsmanagement schlichtweg „vergessen“ wird, ist erschreckend. Es gibt kein innovatives Unternehmen ohne innovative Mitarbeiter. Diese Mitarbeiter müssen rekrutiert, ausgewählt und eingestellt werden, ihre innovative Tätigkeit muss genauso angesehen und belohnt werden wie die von operativen Einheiten, die deutlich schneller Gewinn abwerfen. Innovationstätigkeit muss selbst dann noch belohnt werden, wenn sie zu vermeintlichen „Fehlschlägen“ geführt hat.

Innovative Mitarbeiter müssen ihre Fähigkeiten kontinuierlich ausbauen und entwickeln. Nicht in klassischen Seminaren, sondern in innovativen Formaten wie „Innovation Bootcamps“, internen Ideenwettbewerben oder Veranstaltungen mit Innovatoren aus anderen Branchen. Innovatoren brauchen Führungskräfte, die ihr Potenzial erkennen, sie entsprechend einsetzen und führen, die ihre „Schwächen“ im operativen Geschäft nicht als Makel ansehen, den es zu bekämpfen gilt, sondern als Teil eines komplexen Charakterprofils, der kompensierbar ist. So kann einem hochkreativen Mitarbeiter, der dafür berüchtigt ist, Deadlines zu verpassen, ein pragmatischer Projektmanager an die Seite gestellt werden.

Für all diese wichtigen Fragen gibt es im Unternehmen eine Abteilung: Human Resources. Die Rolle der Personalabteilung wird in Bezug auf Innovation in den kommenden Jahren deutlich wichtiger werden. Durch die Auswahl der richtigen Menschen kann HR zum Innovationstreiber im Unternehmen werden.

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Jens-Uwe Meyer

Gründer und Geschäftsführer
Die Ideeologen

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