Kein Recht zur Arbeitsverweigerung bei Lohnstreit

Arbeitsrecht

Weigert sich ein Arbeitnehmer beharrlich, seine Arbeit auszuführen, weil er denkt, er sei nicht ausreichend vergütet, riskiert er eine fristlose Kündigung. Auch ein Irrtum über die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts schützt ihn nicht. Er trägt insoweit grundsätzlich das Irrtumsrisiko. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 17. Oktober 2013 entschieden (5 Sa 111/13).

Der Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten als Bodenleger beschäftigt. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien einen Akkordlohn für bestimmte Bodenverlegearbeiten je Quadratmeter vereinbart, ansonsten einen Stundenlohn von 12,00 Euro.

Der Kläger sollte bei einem Bauvorhaben in circa 40 nahezu identischen Häusern im Akkord Bodenbelag verlegen. Hierfür berechnete der Kläger seinen Durchschnittsstundenlohn aufgrund der Akkordvorgabe mit 7,86 Euro brutto. Daraufhin forderte er von seinem Arbeitgeber einen adäquaten Stundenlohn für diese Baustellen oder aber einen anderen Einsatzort. Dieser lehnte beides ab und forderte den Kläger mehrfach eindringlich auf, die zugewiesene Arbeit auszuführen. Zuletzt drohte er ihm die fristlose Kündigung an. Weil der Kläger an seiner Verweigerungshaltung fest hielt, wurde das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos gekündigt.

Das Arbeitsgericht Elmshorn gab der Kündigungs-schutzklage statt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hob die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf.

Die Entscheidung
Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber.

Zur Begründung hat das LAG ausgeführt, dass der Kläger die Arbeit nicht verweigern durfte, weil zu Bodenverlegearbeiten unstreitig Zusammenhangsarbeiten gehörten. Dass hierfür keine Vergütung vereinbart wurde, rechtfertige nicht die Zurückbehaltung der Arbeitsleistung. Es gelte die getroffene Vereinbarung, weil geschlossene Verträge zunächst einzuhalten sind. Der Kläger hätte daher die zugewiesene Arbeit nicht zurückhalten dürfen. Nimmt der Arbeitnehmer zu Unrecht die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts an, kann die Verweigerung der Arbeitsleistung einen verhaltensbedingten Grund zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung darstellen.

Den Vergütungsstreit hätte der Kläger gegebenfalls später nach Erhalt der Abrechnung führen müssen. Das Irrtumsrisiko hinsichtlich eines Zurückbehaltungsrechts trage der Arbeitnehmer. Wegen der Beharrlichkeit der Weigerung sei hier die fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen.

Auch ein Anspruch auf Zuweisung einer anderen Baustelle bestehe nicht. Eine möglicherweise unzureichende Vergütungsabrede ändere nichts am dem Arbeitgeber zustehenden Recht kraft seines Direktionsrechts, die im Arbeitsvertrag lediglich allgemein umschriebenen Arbeitsleistungen zu konkretisieren.

Hinweise für die Praxis
Ein Irrtumsrisiko und mithin das Risiko einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung wegen Arbeitsverweigerung besteht für den Arbeitnehmer vor allem regelmäßig bei der Zuweisung anderweitiger Tätigkeiten durch den Arbeitgeber.

Das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an seiner Arbeitsleistung wegen Fragen der Vergütung ist nur gegeben, wenn der Arbeitgeber seine Lohnzahlungspflicht in mehr als nur geringfügigem Umfang nicht erfüllt und der Lohnanspruch auch nicht in anderer Weise gesichert ist. Darüber hinaus darf der Arbeitnehmer nur bei schriftlicher vorheriger Abmahnung unter Fristsetzung zur Zahlung und Ankündigung, nach fruchtlosem Verstreichen der Zahlungsfrist die Arbeitsleistung verweigern. Macht der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht nicht derart geltend und verweigert dennoch beharrlich die Arbeit, ist eine deswegen ausgesprochene, außerordentliche Kündigung grundsätzlich wirksam

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(c) Osborne Clarke

Viktoria Winstel

Rechtsanwältin
Osborne Clarke
Dr. Viktoria Winstel ist Rechtsanwältin bei Osborne Clarke.

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