Kompetenzmatrix: Talente identifizieren und fördern

Recruiting

Talente müssen nicht alles wissen, aber in der Lage sein auch in offenen Problem- und Entscheidungssituationen selbstständig zu handeln. Um genau solche Situationen meistern zu können, bedarf es Kompetenzen. Die Kompetenzmatrix hilft dabei, sich einen Überblick über das Kompetenzprofil von potenziellen Talenten zu verschaffen und diese durch gezielte Kompetenzentwicklung nachhaltig zu fördern.

In einer von Fach- und Führungskräftemangel geprägten Arbeitswelt ist es nicht mehr so einfach sich die benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten über qualifiziertes Personal in das Unternehmen zu holen. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt, die Konkurrenz unter den Arbeitgebern ist groß und die Ansprüche der ungebundenen oder zumindest wechselwilligen Arbeitnehmer sind hoch. Das Recruiting wird zu einer zeitaufwendigen und teuren Herausforderung.

In ihrer Not tun viele Unternehmen das, was sie eigentlich schon immer tun sollten: Sie blicken nach innen und versuchen, potenzielle Talente zu identifizieren, die bisher mehr oder weniger unter dem Radar blieben. Im „War of Talents“ ist es viel einfacher solche überdurchschnittlich begabten Nachwuchskräfte aus dem internen Personalpool herauszufischen als aus dem Haifischbecken des freien Arbeitsmarktes.

Grundlage der Talentförderung ist die Kompetenzentwicklung

Die im Recruiting eingesparten Kosten können in die Förderung und Entwicklung dieser Talente investiert werden. Die interne Talentförderung macht sich auch deshalb bezahlt, weil die betroffenen Arbeitnehmer sich wertgeschätzt fühlen. Sie spüren nicht nur gebraucht zu werden, sondern ihnen werden auch neue Karriereperspektiven eröffnet. Das steigert die Motivation und vor allem die Loyalität. Denn Mitarbeiterbindung ist in der heutigen Zeit mindestens genauso wichtig wie die Mitarbeitergewinnung.

Im Fokus der Talentförderung muss das stehen, was die Zukunft erschließt. Die Zukunft in einer sich ständig wandelnden, von Dynamik, Agilität und Komplexität geprägten Arbeitswelt besteht aus unvorhersehbaren, unbekannten und unüberschaubaren Problem- und Entscheidungssituationen. In genau diesen Situationen, die immer mehr zum Arbeitsalltag gehören, statt Ausnahmen darstellen, kommt es weniger auf Wissen, als vielmehr auf Kompetenzen an.

Kompetenzen ermächtigen zu aktivem Handeln in offenen Situationen

Kompetenzen beinhalten zwar Wissen, Fertigkeiten und Qualifikationen, lassen sich aber nicht darauf reduzieren. Sie befähigen den Menschen sich in neuen, offenen und zuweilen chaotischen Situationen voller Dynamik selbstständig zurechtzufinden, selbstorganisiert zu handeln und diese Situationen schließlich selbstwirksam zu bewältigen.

Als talentiert gilt folglich heute nicht mehr unbedingt derjenige, der besonders gut darin ist Wissen anzuhäufen. Talentierte Führungskräfte von morgen sind jene, die eine gewisse Kompetenzbasis mitbringen, ihre Kompetenzen einschätzen können und vor allem bereit sind diese kontinuierlich weiterzuentwickeln. Denn Kompetenzen kann man nicht lernen, so wie man Vokabeln (auswendig) lernt. Kompetenzen werden von Werten fundiert und von Erfahrungen konsolidiert. Werte müssen verinnerlicht, Erfahrungen gemacht werden. Kompetenzen lassen sich somit in Trainingssituationen entwickeln, die der Arbeitgeber schaffen und zulassen muss.

Aufgaben und Ziele der Kompetenzmatrix

Die Kompetenzmatrix ist ein wichtiges Instrument der systematischen Personalentwicklung und das Herzstück der Talentidentifikation und -förderung. Die Erstellung einer Kompetenzmatrix verfolgt gleich mehrere Ziele:

  • Ermittlung und Dokumentation der relevanten Kompetenzen für eine Stelle, Abteilung beziehungsweise ein Team oder eine Organisation
  • Abgleich der Kompetenzanforderungen (Soll-Kompetenzen) mit den vorhandenen Kompetenzen (Ist-Kompetenzen) um Kompetenzlücken zu identifizieren
  • Ableitung von geeigneten Maßnahmen zur Schließung der Kompetenzlücken durch Kompetenzentwicklung
  • Regelmäßige Bewertung der Entwicklungsmaßnahmen und Kompetenzanalyse zwecks Anpassung an die gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen und Gegebenheiten
  • Visualisierung von Kompetenzverlusten bei Personalabwanderung beziehungsweise Personalfreisetzung

Die Ausarbeitung einer Kompetenzmatrix erfolgt in mehreren Schritten. Die erstmalige Erstellung ist mit einem gewissen Aufwand verbunden, der sich jedoch langfristig auszahlt. Denn die Kompetenzmatrix ist im Idealfall ein Werkzeug, mit dem im Rahmen der Personalentwicklung und Talentförderung fortlaufend gearbeitet wird.

Ein externer Berater kann bei der erstmaligen Durchführung der einzelnen Schritte behilflich sein, indem er für Klarheit und Transparenz sorgt und damit die Akzeptanz der Kompetenzdiagnostik unter den Mitarbeitern fördert. Außerdem bringt er wichtige Erfahrungswerte aus anderen, vielleicht sogar wettbewerbsrelevanten Unternehmen mit. Zudem behält er die Fokussierung der qualitativen Kompetenzauswahl im Fokus und beugt einer quantitativen Überschätzung vor.

Erstellung der Kompetenzmatrix in 5 Schritten

Bei der Erstellung der Kompetenzmatrix müssen im Wesentlichen die folgenden fünf Schritte bewältigt werden:

1. Identifikation von Kompetenzen

Im ersten Schritt steht die Frage im Mittelpunkt, welche Kompetenzen für den jeweiligen Stelleninhaber notwendig sind, damit dieser seinen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten kann. Dabei sollten auch zukünftige Herausforderungen, wie zum Beispiel die Digitalisierung oder die Erschließung neuer Märkte, berücksichtigt werden.

Erste Kompetenzen können in der Regel aus vorhandenen Dokumenten wie beispielsweise der Stellenbeschreibung und Prozessbeschreibungen sowie Strategiepapieren und Jahresplanungen abgeleitet werden. Im Idealfall werden jedoch die Vorgesetzten und Angestellten direkt in den Prozess der Kompetenzidentifikation einbezogen. Das kann zum Beispiel in Form eines moderierten Workshops erfolgen, in dem jeder die Gelegenheit hat aus seiner Sicht Kompetenzen zu benennen, die für seine tägliche Arbeit unverzichtbar sind. Auch das schafft hierarchieübergreifend Akzeptanz für das ausgearbeitete Kompetenzprofil.

2. Kompetenzen definieren und objektivieren

Damit alle Beteiligten das gleiche Verständnis von den einzelnen Kompetenzen haben und später Maßnahmen gezielt geplant und organisiert werden können, sollte sich die Mühe gemacht werden die identifizierten Kompetenzen kurz zu definieren und zu objektivieren. Was genau bedeuten Teamfähigkeit oder Marktorientierung? Wie grenzen sich einzelne Kompetenzen voneinander ab?

3. Soll-Werte festlegen

Nicht jede Kompetenz muss gleichstark ausgeprägt sein. Basierend auf den Zielen und der Zielgruppe werden deshalb Soll-Werte, zum Beispiel auf einer Skala von eins bis neun, festgelegt. Dabei ist es wichtig den einzelnen Werten klare Bewertungsmaßstäbe zugrunde zu legen.

4. Ist-Analyse durchführen

Jeder Stelleninhaber schätzt selbst ein, wie ausgeprägt die für die erfolgreiche Durchführung seiner Arbeit notwendigen Kompetenzen bei ihm sind. Zusätzlich kann eine Fremdeinschätzung durch den Vorgesetzten (theoretisch auch durch die Kollegen) erfolgen, um Diskrepanzen in der Einschätzung festzustellen.

5. Maßnahmen ableiten und entwickeln

Auf Basis des Soll/Ist-Vergleichs werden individuelle Maßnahmen abgeleitet, die das Ziel haben die Ist-Werte mit den Soll-Werten in Einklang zu bringen. Die Größe der Differenz ist ausschlaggebend für die organisatorische Ausgestaltung der Entwicklungsmaßnahmen.

Kompetente Mitarbeiter sichern die Zukunft des Unternehmens

Die einmal erstellte Kompetenzmatrix dient gleichzeitig der Erfolgskontrolle. Sie spiegelt bei rhythmischer Aktualisierung wider, ob die ergriffenen Maßnahmen Wirkung gezeigt haben. Außerdem dient die Matrix als fundierte Grundlage für die jährlichen Mitarbeitergespräche, in denen Fragen der Personalentwicklung aus den anfänglich geschilderten Gründen wichtiger denn je sind.

Da talentierte Mitarbeiter unabhängig von konjunkturellen Rahmenbedingungen immer gefragt sein werden, sollten Arbeitgeber sich frühzeitig damit befassen, wie sie ungeschliffene Rohdiamanten identifizieren und entwickeln können. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mithilfe der Kompetenzmatrix systematisch entwickeln, verschaffen sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und sichern ihren langfristigen Unternehmenserfolg. Denn kompetente Köpfe sind in Zukunft wichtiger denn je.

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Julian Hessler, People Excellence Consulting

Julian Hessler

Julian Hessler entwickelt leidenschaftlich gerne die verbogenen Talente von Menschen. Als Geschäftsführer von People Excellence Consulting hilft er seinen Kunden, das volle Potenzial ihrer Mitarbeiter zu entfalten und zu nutzen. Über verschiedenste Projekte innerhalb der letzten zehn Jahre ist er zum Experten für das Design und die Umsetzung von Programmen für die Talent- und Führungskräfteentwicklung geworden.

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