3 Fehler bei der Nachbesetzung von Mitarbeitern

Recruiting

Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, lauern bei der Nachbesetzung so einige Fallen. Doch es tut sich auch die Chance auf, neue Wege zu gehen.

Mitarbeiter gehen, wenn sie die emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber verlieren und sich ihnen andere Möglichkeiten bieten. Oder, noch schlimmer: Sie bleiben, haben aber innerlich gekündigt. Wie lässt sich das verhindern?

Seit mehr als 16 Jahren veröffentlicht das Gallup-Ins­titut seinen sogenannten Engagement-Index. Und damit einher geht in jedem Jahr ein Aufschrei: Mitarbeiter sind emotional nicht an ihre Unternehmen gebunden! Noch schlimmer, einige arbeiten sogar aktiv gegen ihre Unternehmen! Und in jedem Jahr wird der Schwarze Peter den Führungskräften zugeschoben. Wenn das alles mal so einfach wäre.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich wirkt sich mangelhafte Führung – was auch immer man darunter verstehen mag – auf die Motivation der Mitarbeiter aus. Allerdings gibt es zu diesem Thema schon einen ganzen Haufen wirklich gute Fachliteratur. Dazu braucht es diesen Artikel nicht.

Die Frage, die sich kaum eine Führungskraft oder ein Arbeitnehmer stellt, ist: Wären meine Probleme von Anfang an vermeidbar gewesen? Und sehr häufig lautet die Antwort: Ja. Viele unserer Probleme rund um unsere Arbeit sind hausgemacht. Sie basieren auf einer Kette von, sagen wir mal, unglücklichen Entscheidungen. Sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite.

Fehler eins: die Eins-zu-eins-Ausschreibung

Schauen wir uns zunächst die Arbeitgeberseite an. Wie suchen wir normalerweise nach einem neuen Mitarbeiter? Und vor allem: Warum? Fall Nummer eins: Eine Stelle wird frei, weil ein Mitarbeiter wechselt, aufsteigt oder in Rente geht. Die Stelle muss neu besetzt werden! Oder? Das ist grundsätzlich die erste Frage, die sich Führungskräfte stellen sollten: Muss diese Stelle genauso weiterexistieren? Dabei geht es auf keinen Fall darum, Kosten zu sparen und eine Position heimlich unter den Tisch fallen zu lassen. Es geht darum, den Umbruch als Chance zu begreifen.

Haben Sie in einer solchen Situation schon einmal darüber nachgedacht, mit allen Mitarbeitern gemeinsam zu überlegen, ob die Stelle neu besetzt werden sollte und wenn ja von wem? Oder ob die insgesamt anfallende Arbeit neu aufgeteilt werden könnte und stattdessen eine ganz andere Stelle geschaffen wird? Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter in Ihrer Abteilung hätte auf einen Teilbereich der Aufgaben richtig Bock und würde dafür gerne andere Aufgaben abgeben, die ihm nicht so gut von der Hand gehen. Diese könnten dann in die freie Stelle integriert werden.

Jede Position, die frei wird, ist eine Chance, Ihre bestehende Mannschaft neu aufzustellen. Und zwar so, dass alle – oder zumindest wieder ein paar mehr – in ihre Stärken kommen. Wenn Sie das getan haben, dann schauen Sie sich das neue Anforderungsprofil an. Ich wette mit Ihnen, dass Sie jetzt eine ganz andere Stellenausschreibung schreiben müssten. Das Gute daran ist, dass Sie damit die Möglichkeit haben, einen neuen Menschen in seine Stärke zu bringen.

Fehler zwei: die Ähnlichkeitsfalle

Der zweite Fehler, den Unternehmen in dem genannten Szenario machen, ist, die Person durch jemanden zu ersetzen, der ihr ähnlich ist. Wenn Sie Ihr Team so strukturiert haben, dass alle Mitarbeiter sehr gut ihre Posten besetzen, ist es wahrscheinlich, dass Sie in die „So wie früher“-Falle tappen. Grundsätzlich neigen wir Menschen dazu, in gewohnten Mustern zu denken. Wenn Sie wirklich wollen, dass alles so bleibt, wie es war, dann nur zu. Es ist aber ratsam, sich einen Moment Zeit zu nehmen und bewusst zu schauen, was mit dem Mitarbeiter davor nicht so gut geklappt hat – vor allem, wenn dieser gekündigt hat. Menschen gehen nicht, weil alles super war. Bekommen Sie heraus, warum jemand geht. Menschen verlassen Menschen, in diesem Fall Sie oder Ihre Mannschaft. Wenn Sie erneut nach dem gleichen Typ Mitarbeiter suchen, wird das eine Besetzung auf absehbare Zeit.

Fehler drei: der Alleingang

Dass das Team bei Neueinstellungen kein Mitspracherecht hat, ist der Kardinalsfehler überhaupt und leider so verbreitet wie ein ordinärer Schnupfen. Der neue Mitarbeiter muss aber ins Team passen! Er arbeitet zu 99 Prozent mit den anderen zusammen. Wer kann also entscheiden, ob jemand ins Team passt oder nicht? Es tut mir leid, aber das sind nicht Sie. Ihr Job ist es, das ideale Team zusammenzustellen und dann dafür zu sorgen, dass es die Arbeitsbedingungen hat, die es braucht, um die volle Leistung zu bringen.

Motivation sticht Fachkompetenz

Und noch ein Wort zur Fachkompetenz: Ja, sie ist wichtig, keine Frage. Trotzdem ist Motivation wichtiger, denn Wissen kann man sich immer aneignen. Beispielsweise ist es wirklich nicht bedeutend, ob jemand aus der Branche kommt, in die er sich hineinbewirbt. Die wenigsten Felder sind so kompliziert, dass sich ein intelligenter, motivierter Mensch nicht einarbeiten könnte. Außerdem bringt so ein Quereinsteiger auch noch neue Sichtweisen und Ideen aus einer anderen Branche mit – super!

Menschen bewerben sich in der Regel auf Stellen, die interessant klingen. Und sie entscheiden sich für einen Job, wenn das Gehalt stimmt, der Arbeitsweg passabel ist und das Unternehmen einen guten Eindruck macht. Menschen verlassen Unternehmen, weil sie einen Job machen, der keinen Sinn und keinen Spaß macht – also nicht ihren Stärken entspricht –, und weil der Chef unfähig und die Kollegen unsympathisch sind. Stellen wir uns mal vor, Unternehmen würden Mitarbeiter für Stellen suchen, für die sie die entsprechenden Stärken mitbringen, und schauen, ob Chef, Team und Bewerber gut zusammenpassen. Und stellen wir uns weiter vor, Menschen würden sich ihren neuen Job danach aussuchen, ob die Aufgabe Spaß macht und sinnvoll für sie ist. Außerdem würden sie darauf achten, ob sie den Chef gut finden und die Kollegen eine coole Truppe sind. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kündigungsquoten signifikant sinken würden.

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Anja Niekerken, Managementtrainerin

Anja Niekerken

Anja Niekerken ist Managementtrainerin und ehemalige Geschäftsführerin im Krisenmanagement der Finanzdienstleistung. Die Autorin und Vortragsrednerin befasst sich schwerpunktmäßig mit den Themen Führung und Selbstführung. 2018 ist ihr Buch „Montags muss ich immer kotzen. Erste Hilfe gegen Arbeitsübelkeit“ erschienen.

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